Professor

Aus Jura Base Camp
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Sie haben schon den Hochschulbetrieb mit seinen Professoren kennengelernt. Dem Professor, der auf seinem Manuskript wie auf einer Orgel spielt, der alle didaktischen Register zieht, werden Sie genauso begegnet sein wie professoralen Gestalten mit Gesichtern, die eher in die Tragödie statt in die Lehre gehören. Mit einem Gesicht wie ein korrigiertes Skript hört niemand einem zu. Manch ein Professor ruiniert in seinen Vorlesungen den besten juristischen Inhalt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass das Gros der Dozenten, mit welchem akademischen Grad auch immer ausgerüstet, das juristische Lehren selbst nie richtig gelernt hat. Wie soll er lehren, wenn er zwar das „Was“, nicht aber das „Wie“ gelernt hat? Er müsste zunächst selbst lernen, wie man lehrt, bevor er selbst lehren kann. Die juristischen Hörsäle leiden manchmal nach anfänglichem Strohfeuer an ihrer feh-lenden Attraktivität. Dass die Lehre der Ge- setze sich auch im modernen Verständnis einer jungen, von Fernsehinfotainment und Internet geprägten Generation bricht, erkennt so manch ein Professor nicht - statt dessen wundert er sich über die Attraktivität der Repetitoren. Natürlich ist die Vorlesung keine Plauderei, aber auch kein Grabgesang. Auch ist es eine Fehlannahme anzunehmen, dass Gedanken um so gescheiter sind, je umständlicher sie formuliert sind.

Nicht der Charakter einzelner Professoren, sondern das ganze Gefüge der juristischen Lehre bedürfte der Verbesserung: die didaktische Vorbereitung auf die Lehre, die Auswahl der Kandidaten auch nach dafür maßgeblichen didaktischen Kriterien, eine mindestens dreijährige Berufserfahrung außerhalb der Hochschule, ein gescheites anreizsetzendes Beförderungssystem, die Aufhebung der Anstellung auf Lebenszeit, eine die Lehre ständig begleitende externe und interne Evaluation, die Abwahlmöglichkeit einzelner Dozenten, eine optimalere Hinführung der Studenten zur Materie der Juristerei am Beispiel der Repetitoren und die nüchterne Einsicht, dass nicht jeder Jurastudent Juraprofessor werden will.

Nur so könnte es gelingen, die Attraktivität der juristischen Fakultäten endlich wieder zu steigern. Gute Qualität der Lehre ist selten. Leider macht sich heute kein Professor mit exzellenter Lehre einen guten Namen: Forschung und deren Veröffentlichung in Fachzeitschriften und Publikationen, Fruchtbarkeit als Autor, Häufigkeit des Zitiertwerdens, Zahl der Doktoranden, Auftritte als Redner und gut dotierte Gutachtertätigkeit heißen die Bezugsgrößen für professorale Karrieren. Das müsste sich ändern! Warum schildern Studenten oft ihr Gefühl, im ersten Semester die Uni gewonnen zu haben, im vierten Semester, ihr entronnen zu sein? Erst beim Repetitor habe man die „Juristerei“ gelernt. Woran liegt es? Das allzu schnelle Abstempeln der Studenten als „studierunfähig“, das allzu leichte Delegieren vieler Professoren einer Begutachtung der Folgen ihres Lehrens auf Korrekturassistenten für Klausuren und Hausarbeiten, die allzu durchsichtige Schuldzuweisung auf die Gymnasien helfen in keiner Weise weiter. Die Nomologie, die harte Arbeit am „nomos“, gr.: dem Gesetz, und die juristische Methodik müssten viel stärker in den Vordergrund treten! Die Vorlesung als Spielwiese ausgefallener und exotischer Steckenpferde müsste längst ausgedient haben. Der Studentenspruch „Der Professor redet für sich und von sich und vor sich hin - und sinnlos an den Studenten vorbei“ darf keine neue Nahrung erhalten. Wenn Studenten nach den ersten beiden Semestern den systematischen Aufbau der Gesetze mit ihrer Logik, aber auch die spezifische Methodik und juristische Denk- und Arbeitsweise, den „gefürchteten“ Gutachten-stil und die Subsumtionstechnik noch immer nicht durchschauen und das Klausuren-schreiben nicht beherrschen, dann muss man doch überlegen dürfen, ob nicht vielleicht weniger mit den Studenten, sondern vielleicht mehr mit den Professoren etwas nicht stimmt. Der Anspruch vieler Professoren ist es, alles Juristische abstrakt sehen zu wollen, entfernt von der Realität. Aber so etwas wie abstraktes Recht gibt es eigentlich gar nicht. Recht ist immer konkret: am konkreten Fall entstanden, am konkreten Fall evaluiert im Gesetzgebungsverfahren, am konkreten Fall gelebt und praktisch angewendet. Gerade als „vorlesender“ Professor bräuchte man ein Gefühl für einprägsame, spannende Fälle und lebendige Sprache. Das Alles steht der Seriosität keinesfalls entgegen. Man müsste auf den Hochschulen mehr Bereitschaft zeigen, die Professorenschaft aufzuteilen. Es wird immer medienattraktive Professoren geben, die entsprechende Fähigkeiten haben, Leute zu fesseln und Inhalte spannend zu vermitteln. Aber bei Leibe nicht alle: Mut wäre gefragt, anzuerkennen, dass es große mediale juristische Lehrer, große juristische Forscher und juristisch gute Mentoren und Tutoren gibt. Doch fast alle Professoren meinen, Alleskönner zu sein. Ein großer Irrtum in maßloser Selbstüberschätzung. „Das bisschen Lehre mache ich nebenbei!“ „Nein! Tun Sie es nicht!“ Wer darüber befinden sollte? Ausschließlich die Betroffenen: die Jurastudenten. (Prüf den Prof)