Schuldformen

Aus Jura Base Camp
Version vom 20. November 2017, 19:50 Uhr von Admin (Diskussion | Beiträge) (Die LinkTitles-Erweiterung hat automatisch Links zu anderen Seiten hinzugefügt (<a rel="nofollow" class="external free" href="https://github.com/bovender/LinkTitles">https://github.com/bovender/LinkTitles</a>).)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu: Navigation, Suche

Jedes Delikt ist entweder ein Vorsatz- oder ein Fahrlässigkeitsdelikt. Ein drittes gibt es nicht. (Vorsatz Fahrlässigkeit) Ein- und dasselbe Verhalten kann nicht zugleich vorsätzlich und fahrlässig sein, es kann nur vorsätzlich oder fahrlässig sein. Das Vorsatzdelikt ist der Normalfall; soweit das Gesetz schweigt, ist nur vorsätzliches Handeln strafbar. Die Strafbarkeit fahrlässigen Handelns muss immer ausdrücklich gesetzlich angeordnet sein. So § 15 StGB! Die klassischen Beispiele für fahrlässige Taten sind §§ 229, 222 StGB. Archaische Frühformen des germanischen Strafrechts stellten nur auf die Verursachung von Erfolgen ab. „Die Tat tötet den Mann.“ Wissen und Wollen des Täters spielten überhaupt keine Rolle für die Bestrafung, es galt ein reines Erfolgsstrafrecht. Die jüngeren Germanen bemühten sich, einen besseren Indikator für die Strafbarkeit als bloß die Verursachung des Erfolges herauszuarbeiten und unterschieden für die Strafe zwischen „Ungefährwerk“ und „Willenswerk“. Den Durchbruch brachten wieder einmal die Römer mit der Schaffung des Vorsatzbegriffs. Sie nannten den Vorsatz „dolus“. Von der Schuldform Vorsatz muss man die im Straftatbestand ausdrücklich genannten „Absichten“ unterscheiden (z.B.: Zueignungsabsicht in § 242 StGB, Täuschungsabsicht in § 267 StGB, Bereicherungsabsicht in § 263 StGB). Hierbei handelt es sich um subjektive gesetzliche Tatbestandsmerkmale, die dementsprechend auch von den „Kausalisten“ (Handlung) im Tatbestand zu prüfen sind. Das Gesetz definiert leider weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit. Lediglich die Kehrseite des Vorsatzes ist in § 16 StGB geregelt, der sog. Tatbestandsirrtum.

Beispiel: Wenn der Jäger Franz zum Training auf eine Vogelscheuche schießt und diese sich als Mensch entpuppt, so hat Franz zwar den Tatbestand des Totschlags gem. § 212 StGB rechtswidrig verwirklicht, aber nicht schuldhaft gehandelt, weil ihm der Vorsatz fehlt.

Franz hat nicht gewusst, dass die Vogelscheuche ein Mensch ist, mithin Umstände nicht gekannt, die zum gesetzlichen Tatbestand des Totschlags gehören, nämlich „Mensch“ und „töten“. Er irrte sich also über ein Tatbestandsmerkmal und handelte gem. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB nicht vorsätzlich. Da der Irrtum auf Fahrlässigkeit beruht und auch die fahrlässige Begehungsweise der Tötung in § 222 StGB unter Strafe gestellt ist, kommt gem. § 16 Abs. 1 S. 2 StGB allerdings eine Bestrafung aus dem Fahrlässigkeitsdelikt in Betracht. (Irrtumslehre im Strafrecht)

Das BGB macht den Schuldner in den §§ 276 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB für Vorsatz und Fahrlässigkeit haftbar. Das sind die beiden Schuldformen des Zivilrechts, die gleichrangig nebeneinander stehen. Der Grad des Verschuldens wird erst bei der Schadensabwägung nach § 254 BGB berücksichtigt.