Gewiss gibt es keine absoluten Alleinstellungskriterien, um die Eignung für ein Jurastudium exakt beurteilen zu können. Aber es gibt einige Indizien:

Hier zunächst die von Professoren empfohlenen Eignungsvoraussetzungen und Fähigkeiten für ein Studium im Fach Jura. (Quelle: Professor(inn)enbefragung im Rahmen des CHE Rankings 2014/2015.)

Kommunikatinsfähigkeit – Sprachkompetenz – Ausdrucksfähigkeit – Argumentations- und Diskussionsfähigkeit – Lese- und Schreibkompetenz – Textverständnis – Freude am Lesen – abstraktes, logisches, analytisches Denkvermögen – selbstständiges, (selbst)organisiertes und -diszipliniertes Lernen und Arbeiten – Selbstmanagement – Bereitschaft zum Selbststudium – Lernbereitschaft – Einsatz- und Leistungsbereitschaft – Belastbarkeit – Ausdauer – Durchhaltevermögen – gute Deutsch- und Fremdsprachenkenntnisse – gute Allgemeinbildung. Frage: Welches Studium kann man mit dieser Rundum-Palette von abstrakten Eigenschaften eigentlich nicht studieren? – Und was ist daran typisch für ein Jurastudium? – Wir machen es jetzt genauer!

In einer einschlägigen Studie des Landesjustizprüfungsamtes München wurde vor Jahren einmal versucht, die Zusammenhänge zwischen bestimmten Abiturnoten und Examensergebnissen des ersten juristischen Staatsexamens aufzuzeigen. Prämisse war die Annahme, dass spezielle Noten in bestimmten Fächern für ein juristisches Studium besonders bedeutsam sind, dass es also schulische Noten-Markierungen auf dem Weg zum Juristen gibt. Die Fächer sind: Mathematik, Deutsch, Fremdsprachen.

Was liegt dieser Annahme zugrunde?

Die Fähigkeit, Gedanken aus der eigenen Sprache zutreffend und unzweideutig in eine andere Sprache zu übertragen – und umgekehrt -, erfordert sprachliches Einfühlungsvermögen und Phantasie, Fähigkeiten, über die ein Jurist ebenfalls verfügen muss. Die Umsetzung der Gesetzessprache in die Alltagssprache und der Alltagssprache in juristische Relationen, Gutachten, Hausarbeiten, Referate, später in Urteile und Anklagen, ist in der Tat ein mit der Fremdsprachentechnik vergleichbarer Vorgang (Fremdsprachen).

Die Ergebnisse der Studie waren verblüffend: Je schlechter die Abiturnote in den er-wähnten Fächern war, desto länger war die Studiendauer und um so höher war die Misserfolgsquote (die Abbruchquote wurde zwar nicht untersucht, würde die Prämisse aber mit Sicherheit ebenfalls bestätigen). Natürlich wäre es Unsinn, wenn Sie jetzt Ihr Abiturzeugnis zur Hand nähmen und die entsprechenden Noten aufaddierten, um sich anschließend als hoffnungslosen oder hoffnungsvollen Fall einzustufen. Man sollte aber die Tendenz ernst nehmen. Die Korrelation von guten mathematischen und herausragenden juristischen Leistungen ist sicher nicht von der Hand zu weisen. Auch die sprachliche rhetorische Ausdrucksfähigkeit, Grammatik, Orthographie, Darstellungskunst, Diktion, der Stil und die Form nehmen einen immer höheren Stellenwert bei der Beurteilung juristischer Arbeiten ein. Sprache ist und bleibt nun einmal das Medium jedes Juristen.

 

Gibt es eine juraspezifische Intelligenz, die mit der allgemeinen Intelligenz korrespondiert? 

Einer der umstrittensten Begriffe in der Psychologie, Didaktik und Pädagogik ist „Intelligenz“, und ebenso umstritten ist die Brauchbarkeit von Intelligenztests. Intelligenz lässt sich allgemein als die „Fähigkeit zum Problemlösen“ definieren. Etwas salopp: Ein intelligenter Mensch ist ein Mensch, der (schnell) sieht, was Sache ist, und dem (schnell) einfällt, was jetzt zu tun ist – und dabei meist Erfolg hat. 

Übertragen auf einen Jurastudenten: Ein intelligenter Jurastudent ist ein Mensch, der (schnell) sieht, wo das Problem im Fall steckt und dem (schnell) einfällt, wie das Problem juristisch zu lösen ist – und dabei meist gute Noten schreibt.

Als Fremdwort bedeutet Intelligenz ganz allgemein: rasche Auffassungsgabe, Klugheit, geistige Begabung, Verstandeskraft und leitet sich ab von lat.: intelligentia, d.h. Einsicht, Verständnis. Soweit besteht Einigkeit in der Fachwelt. Streit besteht allerdings darüber, wie Intelligenz zu definieren ist und ob und wenn ja, mit welchen Verfahren man diese Eigenschaft des Menschen zu messen in der Lage ist. In der modernen Zeit, in der der Lebenserfolg des Menschen in seiner Kultur überwiegend von gedanklichen Leistungen abhängt und weniger von der Entfaltung physischer Kräfte und spezieller Überlebensfähigkeiten, nimmt die Intelligenz eine außergewöhnliche Stellung ein. Deshalb will man sie testen und jeder will sie besitzen. Dies auch deshalb, weil sich beim Zusammenwirken mehrerer Menschen physische Kräfte bloß addieren können, während sich Wissen und Intelligenz in begehrenswerter Weise gruppendynamisch miteinander multiplizieren und kombinieren (Stichwort: Team). 

Die sehr große Anzahl vorliegender abstrakter Definitionen der Intelligenz sollte nicht hindern, dem Begriff für die Juristerei eine mehr pragmatische Zuschreibung zu geben. Juristische Intelligenz ist nicht nur Voraussetzung für das Studium, sondern mehr dessen Ergebnis. Die juristische Intelligenz ist kein stabiles Merkmal (Macht der Gene). 

Sie lässt sich vielmehr steigern durch die kumulative Wirkung von juristischer Lernerfahrung, durch die Entwicklung effektiver Lernstrategien und durch die richtige Abfolge der juristischen Lerninhalte, kurz: die juristische Intelligenz ist von Lernprozessen abhängig (Macht des Lernens). Die innerhalb der juristischen Ausbildung Erfolgreichen verfügen jedenfalls über ganz bestimmte gemeinsame Begabungen:

 

 

Dieses Strukturbild umschreibt die Tatsache, dass mit juristischer Intelligenz eine Größe gemeint ist, die in den Ablauf des juristischen Denkens eingeht. Juristische Intelligenz ist somit die Summe spezifischer juristischer Denkakte ( Denkableitungen beim Jurastudium). Und anders als bei der allgemeinen Intelligenz ist die juristische Intelligenz auch klar messbar: durch die Noten im Examen! Und das kann fast jeder Abiturient schaffen, denn es geschieht (fast) ausschließlich durch Training. Überprüfen Sie immer wieder die Passung zwischen Ihren Interessen, Motiven und diesen vier im Jurastudium geforderten Fertigkeiten zur fundierten Überprüfung Ihrer Studienwahlentscheidung.

 

  1.   Bestimmte Interessen und Vorlieben

 

  1. Ausgeprägte Persönlichkeitsmerkmale 

Wie jemand studiert, wird auch durch seine Persönlichkeit bestimmt. Studieren findet immer im Rahmen der Persönlichkeit des Jurastudenten statt. Den Rahmen bildet die Art seines Wahrnehmens, Denkens, Fühlens, Wollens und Handelns, seine Kommunikationsfähigkeit und insbesondere seine Sekundärtugendsteuerung. Gesucht ist daher eher der lebhafte Sanguiniker als der träge Phlegmatiker oder trübsinnige Melancholiker, eher der auf die Außenwelt gerichtete Extrovertierte als der scheue, zurückgezogene Introvertierte, mehr der Gewissenhafte als der leichtsinnig Sorglose und ganz besonders der offene, breit interessierte, wissbegierige und neugierige, geistreiche, einfallsreiche, erfinderische Jurastudent statt des ängstlichen, verschlossenen, einseitig interessierten, verzagten, sich häufig selbst bemitleidenden Studenten. Ein gewisser Erlebnishunger nach Neuem und Neuartigem sollte ihm ebenso zu Eigen sein wie eine Empfänglichkeit für Lern- und Studienerfolge, ein entsprechendes hohes Durchhaltevermögen und eine starke Resistenz dieser Eigenschaften gegen eine Löschung durch Misserfolge, gegen ein Aufgeben, wenn sich der Erfolg nicht einstellt. Ganz entscheidend für das Jurastudium ist aber ein Hang zu den Sekundärtugenden: Fleiß, Ordnung und vor allem Disziplin. Viele Jurastudenten sind sich nicht im Klaren, dass eine Sekundärtugendresistenz weit verheerendere Folgen hat als mangelnde Intelligenz. Sekundärtugendgesteuerte Jurastudenten sind erfolgreicher als die nur intelligenten. Ohne Selbstdisziplin und Selbstinstruktion, Fleiß und Geduld 

geht nichts im Jurastudium ( Studienalltag).

 

  1. Handwerkliche Fertigkeiten   Handwerk

 

  1. Lust am Argumentieren  Argumentation

 

Laufen Sie deshalb nicht gleich weg! Es gibt Tausende von exzellenten Juristen, die am Anfang genauso verzweifelt waren, wie manch einer der Jurabeginner. Das nur zum Trost! Auch kann niemand einen mittelmäßigen Schüler hindern, als exzellenter Jurastudent sein Lernverhalten zu ändern. Der Nachteil dessen, dass man aus der Schule nichts für Jura mitbringt, ist umgekehrt ein großer Vorteil: Alle stehen am Start unter den gleichen Bedingungen! Selbstdisziplin, Selbstschulung, Ausdauer, Ehrgeiz und konzentriertes Training sind für den Erfolg im Jurastudium bedeutsamer als die (vermeintlich?) angeborenen Eigenschaften oder Geeignetheiten, Intelligenz oder Nichtintelligenz. Wie gesagt: Juristische Intelligenz kann man trainieren! Sie ist nicht stabil! Dem genialen Jurastudenten setzt der Normalstudent den diszipliniert arbeitenden Studenten gegenüber, der bald mit den erlernten juristischen handwerklichen Techniken und juristischen Denk- und Arbeitsmethoden ein perfektes Wissen und Können aufgebaut haben wird, das ihn befähigt, jeden juristischen Gedankenweg mitgehen und handwerklich ( Handwerk) arbeiten zu können. Und: Intelligenz ist nicht stabil, sie wächst (s.o.)! Und jeder Jurastudent kann von Beginn an aus dem noch mehr machen, was Umwelt, Erziehung und Schule schon aus ihm gemacht haben, jenseits aller Verdrängungen und Verklemmungen.

Wann und wie stellt man seine „Ungeeignetheit“ fest? – Im 1., spätestens 2. Semester stellt man sie anhand seiner Selbstkritik und Reflexion hoffentlich noch selbst fest. Im 4. Semester bei der Zwischenprüfung bekommt man sie festgestellt. Im Examen ist es jedenfalls zu spät.  Eignung zum Jurastudium    Schlüsselqualifikationen

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