In allen Fällen des Insichgeschäfts handeln als Erklärende auf beiden Seiten der jeweiligen Rechtsgeschäfte dieselben Personen: 

 

Beispiele:   

  1. Jupp beauftragt und bevollmächtigt seinen Freund Michael, den Pkw des Jupp zu veräußern, „egal an wen“. Michael, der technisch versiert ist, untersucht das Fahrzeug, findet es gut und verkauft und übereignet es anschließend zu einem angemessenen Preis an sich selbst. Kann Jupp Kaufpreiszahlung von Michael an sich verlangen?

 

  1. Wie ist im Falle a. zu entscheiden, wenn Michael den Pkw im Namen von Jupp an Dieter verkauft, wobei Michael auch als Vertreter des unwissenden Dieter handelt?

 

  1. Jupp hat Dieter für zwei Monate ein Video-Gerät geliehen. Da Jupp plötzlich Geld braucht, verkauft er das Gerät an Michael. Über die Übereignung wird nicht gesprochen. Anschließend verreist Jupp, den die Ausbildung an der Hochschule erheblich mitgenommen hat, für längere Zeit und erteilt Michael für die Zeit seiner Abwesenheit Generalvollmacht. Als Dieter das Gerät zurückbringt, nimmt Michael es in Empfang und erklärt, er sei nun der Eigentümer. Nach der Rückkehr von Jupp entzweien sich Jupp und Michael. Jupp verlangt Herausgabe des Video-Gerätes. Zu Recht?

 

  1. Die Eltern wollen ihrem 5-jährigen Sohn Lars ein Grundstück schenken. Sie erklären vor dem Notar, dass sie ihm dieses Grundstück schenken und auflassen und erklären zugleich, dass sie diese Erklärungen im Namen ihres Sohnes Lars annehmen. Sind die Verträge wirksam?

 

Man sollte sich zunächst den hochkomplexen § 181 BGB nach der Seziertechnik einmal aufschließen, indem man aus ihm mehrere Paragraphen macht: 

 

 

Grundsatz

Sowohl das Selbstkontrahieren als auch die Mehrfachvertretung sind gem. § 181 BGB wegen des vorliegenden Interessenkonflikts ausgeschlossen. Niemand kann „zwei Herren gleichzeitig dienen“. Wenn nun aber ein solcher Interessenkonflikt gar nicht eintreten kann, lässt das Gesetz Ausnahmen zu.

 

Gesetzlich vorgesehene Ausnahmetatbestände vom Selbstkontrahierungsverbot: 

 

Dementsprechend könnte in den Eingangsfällen der jeweils abgeschlossene Kaufvertrag wirksam sein. Dies trifft für den 1. Fall auch zu. Für den 2. Fall  muss jedoch berücksichtigt werden, dass Michael hier Jupp und Dieter vertritt, also ein Fall der Mehrfachvertretung vorliegt. Bei Mehrfachvertretung kann von einer entsprechenden Erlaubnis der Geschäftsherren i.S. von § 181 1. Alt. BGB nur dann gesprochen werden, wenn beide Vertragsparteien mit der Mehrfachvertretung einverstanden waren. Dementsprechend ist ein Vertrag zwischen Jupp und Dieter nicht zustande gekommen, da Dieter mit der Mehrfachvertretung nicht einverstanden war. Der Vertrag ist vielmehr schwebend unwirksam, § 177 Abs. 1 BGB analog; Jupp hat gegen Dieter nur dann einen Anspruch, wenn dieser die Vertretung durch Michael genehmigt.

Bei Übertragung dieser Grundsätze auf den 3. Eingangsfall ergibt sich Folgendes:

Ein Anspruch von Jupp gegen Michael auf Rückgabe des Videorekorders aus § 985 BGB setzt voraus, dass Jupp Eigentümer des Gerätes ist. Er könnte jedoch sein Eigentum gem. § 929 BGB an Michael verloren haben. Die dazu erforderliche Einigung über den Eigentumsübergang hat Jupp nicht selbst erklärt, vielmehr ist eine entsprechende Erklärung des Michael im Wege des Selbstkontrahierens erfolgt. Da diesem Generalvollmacht eingeräumt worden war, würde diese Erklärung gegen Jupp wirken, wenn nicht die Vertretungsmacht des Michael durch § 181 BGB eingeschränkt ist. Dieser hat hier zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gehandelt, denn zwischen Jupp und Michael ist wirksam ein Kaufvertrag über den Videorekorder zustande gekommen, aus dem Jupp nach § 433 Abs. 1 BGB zur Übergabe und Übereignung des Gerätes verpflichtet war. Die Einigung über den Eigentumsübergang wirkt daher nach §§ 164, 181 BGB gegen Jupp. Da Michael auch den unmittelbaren Besitz an der Sache erhalten hat, ist er nach § 929 S. 2 BGB Eigentümer geworden, so dass ein Herausgabeanspruch aus § 985 BGB zugunsten des Jupp nicht besteht.

Wenn Sie jetzt den Eingangsfall 4. betrachten, so stellen Sie zunächst fest, dass die beiden Rechtsgeschäfte „Schenkungsvertrag“ gem. § 516 BGB und „Übereignung“ gem. §§ 873 Abs. 1, 925 BGB wegen der Geschäftsunfähigkeit des Lars gem. §§ 104 Nr. 1, 105 Abs. 1 BGB nichtig sind. Treten die Eltern nun auf beiden Seiten der Rechtsgeschäfte auf, einmal im eigenen Namen, zum anderen als Vertreter im Namen des Lars über §§ 164 Abs. 1, Abs. 3, 1626 Abs. 1, 1629 Abs. 1 BGB, so müsste die gesetzliche Vertretung scheitern: § 181 BGB berührt hier bereits die Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts, nämlich des Schenkungsvertrages, da über §§ 1795 Abs. 2, 1629 Abs. 2 S. 1 BGB die Vorschrift des § 181 BGB auch für die gesetzliche Vertretung der Eltern gilt, also nicht nur für die rechtsgeschäftliche Vertretung. Allein mit Hilfe der gerade vorgestellten Einschränkungen „Erfüllung einer Verbindlichkeit“ oder „Gestattung“ kommt man auch nicht zu einer Wirksamkeit, da zum einen bereits die Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts betroffen ist, zum anderen der 5-jährige Lars rechtlich wirksam nichts gestatten kann.

Dieses Ergebnis erscheint jedoch unbillig. Wenn man sich an den gesetzgeberischen Zweck der Vorschrift zurückerinnert, wollte der Gesetzgeber mögliche Interessenkollisionen ausschließen. Kann nun eine solche Interessenkollision bei generell-abstrakter Beurteilung, also einer solchen Prüfung, die für alle denkbaren Fälle gilt, überhaupt nicht eintreten, so rechtfertigt dies, solche Fälle aus dem Anwendungsbereich des § 181 BGB herauszunehmen.

Um zur Lösung dieses Problems zu kommen, müssen wir uns noch einmal vergegenwärtigen, worin der Interessenkonflikt zu sehen ist, der den Anlass zur Schaffung des § 181 BGB gegeben hat. Tritt jemand zugleich in eigenem und in fremdem Namen auf, so ist die Versuchung groß, sich selbst auf Kosten des Vertretenen Vorteile zu verschaffen. Ließe man ein solches Vorgehen zu, könnten also rechtliche oder wirtschaftliche Nachteile für den Geschäftsherrn die Folge sein. Einer Anwendung des § 181 BGB bedarf es daher in solchen Fällen nicht, in denen Nachteile für den Vertretenen ausgeschlossen sind. Ist das vom Vertreter (Eltern) im Wege des Selbstkontrahierens vorgenommene Geschäft für den Vertretenen (Lars) rechtlich lediglich vorteilhaft, so ist eine Kollision der Interessen des Geschäftsherrn (Lars) auf der einen und des Vertreters auf der anderen Seite ausgeschlossen. Wird also durch das abgeschlossene Geschäft nur ein rechtlicher Vorteil für den Geschäftsherrn begründet, so bedarf dieser des Schutzes des § 181 BGB nicht mehr. Solche Fälle können und müssen daher aus dem Anwendungsbereich dieser Vorschrift ausgenommen werden. Methodisch handelt es sich um einen Fall einer teleologischen Reduktion. Der Fall ist zwar vom Wortlaut der Norm gedeckt (keine Vertretung), aber vom Normzweck nicht erfasst. So liegt es hier: Das rechtlich lediglich vorteilhafte Rechtsgeschäft ist zwar vom Verbot des § 181 BGB erfasst (da keine Ausnahme greift), aber vom Normzweck (Schutz vor Interessenkollisionen) nicht erfasst. (So auch „§ 181 c 3. Alt. BGB“ unserer Sezierliste. Seziertechnik)

 

Nach diesen Vorüberlegungen können wir Beispiel 4. lösen. Durch den Schenkungsvertrag wird auf der schuldrechtlichen Ebene des (Verpflichtungs-)Geschäfts lediglich die Berechtigung von Lars aus § 516 BGB begründet. Irgendwelche Verpflichtungen für den Beschenkten sind damit nicht verbunden, das Geschäft ist also für ihn rechtlich lediglich vorteilhaft. Da die Eltern als gesetzliche Vertreter (§§ 1626, 1629 BGB) Lars wirksam vertreten konnten und §§ 1795 Abs. 2, 181 BGB aus den vorstehenden Gründen keine Anwendung finden, ist zwischen Lars und seinen Eltern ein wirksamer Schenkungsvertrag über das Grundstück zustande gekommen.

Gleiches gilt für die nach §§ 873 Abs. 1, 925 Abs. 1 BGB erklärte Auflassung des Grundstückes. Auch mit der Auflassung und der ihr nachfolgenden Eintragung ist für den Empfänger des Eigentums nur ein rechtlicher Vorteil, nämlich das Eigentum, verbunden. Auch hier konnten die Eltern daher, da § 181 BGB die nach §§ 1626, 1629 BGB bestehende gesetzliche Vertretungsmacht der Eltern nicht beschränkt, die Auflassung gegenüber sich selbst als Vertreter von Lars erklären und die entsprechende Erklärung auch annehmen. Auch die Auflassung ist daher wirksam.

Dieses Ergebnis ließe sich im Übrigen auch durch eine direkte Anwendung des § 181 BGB erreichen. Denn bei Wirksamkeit des Schenkungsvertrages erfolgt die Auflassung als Verfügung nur zum Zwecke der Erfüllung einer bestehenden – wirksamen – Verbindlichkeit des wirksamen Schenkungsvertrages, also „§ 181 c 2. Alt.“ des Diagramms.