Die Paragraphen des BGB und des StGB sind zunächst als Schlüssel zur Regelung der ganz normalen Alltagswelt geschaffen. Den Normalfall hat das Gesetz zum Gegenstand, nicht den pathogenen Exoten. Dieser falsche Schein rührt wahrscheinlich daher, dass zwar Jahr für Jahr in Deutschland zwischen 2 und 3 Millionen ganz normale Gerichtsentscheidungen gefällt werden, aber nur die Exoten veröffentlicht werden. Deshalb denkt der Jura-Anfänger, die ganze Jurawelt bestehe aus Exoten. Problemfälle – und das sind Exoten – bringen immer die Abweichung von der Normalität, weshalb Sie zunächst die Normalität lernen und beherrschen müssen, bevor Sie mit Aussicht auf motivierenden Erfolg Problemfälle angehen können. Man muss am Normalfall lernen, dann löst man den „Exoten“ ganz von selbst!

Nur wer den Normalfall beherrscht, kann Abweichungen als Problemfälle selbständig erkennen, die er dann mit den Mitteln der klassischen Dogmatik löst. Jura sollte gerade zu Beginn des Studiums die Widerspiegelung des Lebens im Normalfall sein und nicht die Widerspiegelung artistischer, juristischer Zirkusnummern. Es scheint am Anfang des Studiums tatsächlich manchmal so, als sei das Leben eine nur zu dem Zweck geschaffene höchst komplizierte Veranstaltung, darauf zu warten, unter Paragraphen und Rechtsbegriffe subsumiert zu werden – aber es scheint eben nur so. (➞ Lernen des juristischen Lernens)