ist ein streitiges Verfahren vor staatlichen Gerichten zur Feststellung, Durchsetzung und vorläufigen Sicherung (sog. einstweiliger Rechtsschutz) privater Rechte eines Bürgers.

 

Beispiel: Max hat Moritz für 500 € ein Fahrrad verkauft und ihm nach einer Anzahlung von 100 € das Fahrrad auch übereignet. Nunmehr weigert sich Moritz die Restforderung von 400 € zu begleichen und beruft sich auf eine angebliche Mangelhaftigkeit. Max ist empört und glaubt, es handele sich bei der Behauptung des Moritz um bloße Ausflüchte. Er fragt, was er tun soll.

 

Max hat nach seinem Vorbringen einen Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB auf Zahlung von 400 € gegen Moritz. Hier hat es dann in einer BGB-Vorlesung meist sein Bewenden. Den neugierigen Studenten interessiert aber vielleicht auch der Fortgang des Verfahrens, nämlich wie wird der Anspruch festgestellt und notfalls vollstreckungsrechtlich durchgesetzt.

Das alles regelt die Zivilprozessordnung (ZPO). Hier wird unterschieden zwischen dem Erkenntnisverfahren (Ablauf des Prozesses von der Klage bis zum Urteil) und dem Vollstreckungsverfahren (Durchsetzung des Urteils oder sonstigen Titels).

 

  1. Das Erkenntnisverfahren

Dieses Verfahren wird nach der ZPO entscheidend geprägt durch seine speziellen Verfahrensgrundsätze:

 

Der Verfügungsgrundsatz oder die Dispositionsmaxime besagt, dass Max und Moritz als die Parteien die Herren des Verfahrens sind und dass daher sie es sind, die den Streitgegenstand bestimmen und über ihn verfügen können. Es liegt also in der Hand der Parteien, ob überhaupt ein Zivilprozess in Gang kommt und welchen Umfang er hat. Gemäß §§ 495, 308 Abs. 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist, was insbesondere für Zinsen und andere Nebenforderungen gilt. Auch während des Zivilprozesses haben die Parteien die Verfügungsberechtigung über den Streitgegenstand. Das zeigt sich daran, dass die Parteien die Möglichkeit haben:

Das Gegenstück zum Verfügungsgrundsatz oder zur Dispositionsmaxime bildet die sogenannte „Offizialmaxime“, das heißt die Einleitung des Verfahrens und die Bestimmung des Verfahrensgegenstandes von Amts wegen. Sie gilt u.a. in den Angelegenheiten der ➞ freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 26 FamFG) und gemäß §§ 160, 244 Abs. 2 StPO in Strafprozessen. (➞ Strafverfahren)

 

Der Beibringungsgrundsatz oder die Verhandlungsmaxime besagt, dass der vom Gericht seiner Entscheidung zugrunde zu legende Tatsachenstoff nur von Max und Moritz als den Parteien beizubringen ist und nur von ihnen beigebracht werden kann. Dies bedeutet, dass

 

Eine wichtige Vorschrift ist in diesem Zusammenhang der § 138 ZPO. § 138 Abs. 1 ZPO normiert die prozessuale Wahrheitspflicht, denn nach ihm haben die Parteien ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit entsprechend abzugeben. Eine Verletzung der prozessualen Wahrheitspflicht kann einen sogenannten „Prozessbetrug“ gemäß § 263 StGB darstellen und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen (➞ Betrug). § 138 Abs. 2 ZPO normiert die prozessuale Erklärungspflicht; nach ihm hat sich jede Partei über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. Ein Verstoß gegen die Erklärungspflicht – also auch ein bloßes Nichtbestreiten – hat gemäß § 138 Abs. 3 ZPO zur Folge, dass die vom Gegner behauptete Tatsache als zugestanden anzusehen ist.

 

Beispiel: Der Kläger trägt in einem Schadenersatzprozess wegen eines Straßenverkehrsunfalls vor, seine Ampel habe Grün-licht gezeigt, während die Ampel des Beklagten Rotlicht gezeigt habe. Erklärt sich der Beklagte hierzu nicht, schweigt er hierzu also, so geht das Gericht gemäß § 138 Abs. 3 ZPO ohne Weiteres von der vorgetragenen Tatsache aus, berücksichtigt sie also in seinem Urteil so wie vorgetragen.

 

Das Gegenstück zum Beibringungsgrundsatz oder zur Verhandlungsmaxime bildet der sogenannte „Untersuchungsgrundsatz“ oder die „Inquisitionsmaxime“, nach dem das Gericht von sich aus die Wahrheit zu erforschen hat, also auch ohne diesbezüglichen Sachvortrag der Parteien. Er gilt – wie die Offizialmaxime – u.a. in den Angelegenheiten der ➞ freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 26 FamFG) und gemäß §§ 160, 244 Abs. 2 StPO in Strafprozessen. (➞ Strafverfahren)

 

Ziel des Beschleunigungsgrundsatzes oder der Konzentrationsmaxime ist es, den Prozess möglichst zügig in einem einzigen umfassend vorbereiteten Verhandlungstermin abzuschließen. Diesem Ziel dienen:

 

Der Grundsatz der Mündlichkeit besagt, dass die Parteien ihre Anträge und ihren Tatsachenvortrag in der mündlichen Verhandlung vorbringen müssen und dass nur der Tatsachenstoff, der in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden ist, Grundlage der Entscheidung sein kann (vgl. § 128 Abs. 1 ZPO). Die mündliche Verhandlung wird gemäß § 137 Abs. 1 ZPO dadurch eingeleitet, dass die Parteien ihre (Sach)Anträge stellen, also der Kläger den auf Verurteilung und der Beklagte den auf Abweisung der Klage. Gemäß § 137 Abs. 2 ZPO sind die Vorträge der Parteien in freier Rede zu halten. Allerdings wird in der Praxis in der mündlichen Verhandlung weitgehend auf Schriftsätze Bezug genommen, was unter den Voraussetzungen des § 137 Abs. 3 ZPO zulässig ist. Es gilt der Grundsatz der sogenannten „Einheit der mündlichen Verhandlung“. Finden in einem Prozess mehrere Verhandlungstermine statt, so bilden alle zusammen die „einheitliche mündliche Verhandlung“. Grundlage der Entscheidung wird dann der gesamte – sich aus den mehreren Verhandlungsterminen ergebende – Tatsachenstoff.

 

Der Grundsatz der Unmittelbarkeit besagt, dass die mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Gericht stattzufinden hat und dass nur Richter, die an dieser Verhandlung teilgenommen haben, an dem Urteil mitwirken dürfen (vgl. § 309 ZPO). Grundsätzlich muss gemäß § 355 Abs. 1 ZPO auch die Beweisaufnahme vor dem erkennenden Gericht stattfinden. Die Beweisaufnahme kann aber unter bestimmten Voraussetzungen einem beauftragten Richter oder einem ersuchten Richter übertragen werden, insbesondere bei der Vernehmung von Zeugen, vgl. § 375 ZPO.

 

  1. Der Ablauf einer mündlichen Verhandlung im Zivilprozess

 

Der „Verhandlungs-Fahrplan“ des Gerichts stellt sich in der Regel wie folgt dar:

 

Vor diesem Haupttermin mit dem vorbezeichneten Ablauf soll das Gericht nach § 278 Abs. 1 ZPO „in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein“. Zu diesem Zweck schickt § 278 Abs. 2 S. 1 ZPO jeder mündlichen Verhandlung eine Güteverhandlung voraus; das ist die gesetzliche Regel. Sie hat zwei Ausnahmen: entweder hat bereits ein – erfolgloser – Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Stelle stattgefunden, oder die Güteverhandlung erscheint aussichtslos. Zur Güteverhandlung sollen die Parteien selbst geladen werden (§ 278 Abs. 3 mit § 141 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, Abs. 3 ZPO). Schwänzen beide Parteien diese Verhandlung, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen (§ 278 Abs. 4 ZPO). Drückt sich nur eine Partei, ist mündlich zu verhandeln (§ 279 ZPO).

 

Das Erkenntnisverfahren, in welchem der ursprüngliche Gläubiger Max zum Kläger und der ursprüngliche Schuldner Moritz zum Beklagten mutierten, endet entweder durch gerichtlichen Vergleich (Einigung) oder durch Urteil. Wird das Urteil rechtskräftig (➞ Rechtskraft), gibt es für den obsiegenden Max und den unterlegenen Moritz zwei Möglichkeiten: Entweder Moritz zahlt die 400 € nebst Nebenkosten freiwillig oder Max muss im Verweigerungsfall gegen Moritz in die Zwangsvollstreckung gehen.

 

3. Das Vollstreckungsverfahren

Die Art der Zwangsvollstreckung ist gesetzlich unterschiedlich geregelt, je nach Art des Titels und der Art des zu verwertenden Objekts.

 

 

Geht es dagegen um einen Titel auf Herausgabe einer bestimmten beweglichen Sache, erfolgt die Vollstreckung durch Wegnahme seitens des GV (§ 883 ZPO).

 

 

Die Zwangsvollstreckung endet mit der vollständigen Befriedigung des vollstreckbaren Anspruchs des Gläubigers.