Weil der Gesetzgeber und alle Juristen immer über eine ganz spezielle Sprache in Kontakt mit der Welt treten. Meist im geschriebenen Wort: in Gesetz, Urteil, Beschluss, Klageschrift und Lehrbuch, aber auch im gesprochenen Wort, in Beratung, Verhandlung, Plädoyer und Vorlesung. Und Sie als Student eben auch über Ihre Schriftwerke in Klausuren und Hausarbeiten und mündlich in seminaristischen Referaten und Kurzvorträgen im Examen. Deshalb müssen Sie die Rechtssprache beherrschen.
Die Macht unseres demokratischen Rechtsstaates ist Rechtsmacht. Die Rechtsmacht aber ist nichts anderes als Macht gewordene Sprache in den Gesetzen und Urteilen. Das Wort des Gesetzes und der Richter ist das Medium, durch das unsere Demokratie die Herrschaft über sich freiwillig beugende Rechtsgenossen – uns Bürger – übernimmt. Der Rechtsstaat ist die Herrschaft der geschriebenen Gesetze – nicht der Menschen. Das ist seine Legitimationsidee.
Aber ganz so einfach geht es eben doch nicht! Die Verbalisierung des Staates in den Worten der Gesetze und seiner Urteile hat nämlich auch ihren Preis! Der Verbalismus des Gesetzes ist nun eben einmal abstrakt, blutarm, papieren. Das Gesetz spricht in Wörtern und Worten, die der Rechtsunkundige nur schwer versteht – das bildliche Symbol, blumenreiche Metaphern, das Lehrhafte, das Beispiel, das Gefühl sind verschwunden. Die oft von Studenten angeprangerten sprachlichen Schwächen eines Gesetzes haben häufig in diesem Zwang und Hang des Gesetzgebers zur größtmöglichen Abstraktheit und Generalisierung und der Ausschaltung des rein Individuellen, Emotionalen, Lehrhaften und Konkreten ihren Grund. Das Gesetz muss dadurch notwendig an Transparenz und Anschaulichkeit verlieren.
Man kann Ihnen nur raten, sich möglichst schnell an Stil und Ausdruck der Rechtssprache zu gewöhnen, indem Sie sämtliche Gesetze, mit denen Sie am Anfang umgehen, immer wieder laut nachlesen und sich so in ihrer Diktion trainieren. Man kann nun einmal von einem hochmodernen Gesetzgeber in einer hochkomplexen Gesellschaft keine volkstümliche, jedermann verständliche, warmherzige, gefühlige Sprache mehr erwarten. Eine gemeinsame Ebene, auf der sich der juristische Ausdruck mit dem Ausdruck des Volkes treffen würde, hat es nie gegeben und wird es nie geben! Man tröste sich mit dem alten französischen Dichter Mirabeau, der gesagt haben soll: „Stilgebung und Mehrheitsbeschlüsse sind zwei Begriffe, die brüllen, wenn sie sich begegnen.“ Er hatte Recht! Sarkastisch könnte man formulieren: „Lies das Gesetz! Man ist betroffen – die meisten Fragen bleiben offen.“
Obwohl unsere Sprache über einen bewundernswerten Wortreichtum verfügt, kann es trotzdem sein, dass der Jurist Spezialwörter benutzen muss, die nicht jedermann versteht. Ein bestimmtes Fachwort sagt manchmal über einen Begriff eine feine Spur mehr aus oder gibt eine besondere Färbung mehr dazu als das entsprechende Alltagswort, entwickelt erst die besondere Note des Begriffs. Man sollte sich allerdings entgegen einem nicht selten zu beobachtenden Anfängerimpuls zur „Fremd- und Spezialwörterausschweifung“ vornehmen, Ausdrücke zu vermeiden, die nur in der bestimmten Menschenklasse „Juristen“ verstanden werden, vielmehr solche zu gebrauchen, die allgemein üblich sind. Es ist ziemlich gewiss, dass es in der Juristerei schlechthin nichts gibt, was mit Ausdrücken der Volkssprache nicht deutlich gemacht werden kann. Auf der anderen Seite: Es ist überall selbstverständlich, dass im Zuge einer sich geradezu überstürzenden technischen Entwicklung und einer unaufhaltsamen Erweiterung aller Wissensgebiete in unserer Zeit und in der Zukunft der Fachmann einen Anspruch auf ein Sonderwortgut hat, um sich schnell und präzise über Sachverhalte verständigen zu können. Wie jede andere Wissenschaft hat auch die Jurisprudenz diesen Anspruch mit ihrer eigenen griechisch-lateinisch-abstrakten Sprachenwelt. Der juristische Fachausdruck verdichtet sehr häufig einen bestimmten Gedanken zur handlichen Formel. Man sollte sich aber nicht zu oft in dieser Welt aufhalten.
Ein Beispiel dafür soll das Fremdwort „Fiktion“ bilden.
Von einer gesetzlichen Fiktion (lat.: fictio, u.a. Erdichtung)spricht der Jurist bei einer Gleichsetzung zweier gänzlich verschiedener Tatsachen. Es ist eine bewusst gesetzte widerspruchsvolle oder falsche Annahme eines Sachverhalts. Die Formulierung lautet: „Gilt als“.
· Nach § 1923 Abs. 1 BGB kann nur Erbe sein, wer zur Zeit des Erbfall lebt. Nach § 1923 Abs. 2 BGB „gilt“ als vor dem Erbfall geboren (obwohl er noch nicht lebt), wer zur Zeit des Erbfalls (Tod) bereits gezeugt war.
· Nach § 892 Abs. 1 S. 1 BGB „gilt“ der Inhalt des Grundbuchs grundsätzlich als richtig, selbst wenn er falsch sein sollte.
· Nach § 894 ZPO „gilt“ eine Willenserklärung als abgegeben mit Rechtskraft des Urteils, obwohl sie nie abgegeben worden ist.
Während bei einer Vermutung die vermutete Tatsache wahr, aber auch unwahr sein kann (§ 1006 Abs. 1 S. 1 BGB vermutet, dass der Besitzer einer Sache auch ihr Eigentümer ist), kann das, was fingiert wird, niemals der Wahrheit entsprechen. Deshalb ist eine Fiktion unwiderleglich, eine Vermutung grundsätzlich durch Gegenbeweis widerlegbar.
In der Alltagssprache ist das anders als in der Rechtssprache. Beispiel: „Sabine gilt als hervorragende Tennisspielerin“. Die Alltagssprache bejaht die Aussage als Realität, während die Rechtssprache sie als „real“ verneint und nur so tut, „als ob“ sie real sei. „Gilt als“ ist in der Rechtssprache eine unwiderlegbare Unterstellung, ein „Wir tuen mal so, als ob es so ist.“ Die Alltagssprache drückt das Gegenteil aus: „Es ist so …“.
Ich möchte Ihnen dringend raten, alle Fachausdrücke im Fremdwörterbuch und im etymologischen Lexikon (Etymologie: griech.: étyos, wahrhaft, Lehre von der Herkunft der Wörter) nachzuschlagen – zwei Anschaffungen, die dringend zu empfehlen sind, gerade für den angehenden Juristen, der sich bald in der Sprache bewegen muss wie der Fisch im Wasser oder der Vogel im Flug – ganz in seinem Element.
Besonders der Gebrauch von Fremdwörtern hat für Juristen entscheidende Vorteile, aber auch Nachteile. Sie sind manchmal unersetzlich in der Juristerei: ein „Problem“ ist eben keine Aufgabe oder Frage, sondern ein Problem; ein „Individualrechtsgut“ ist unübersetzbar; das BGB gibt es nicht ohne „Abstraktionsprinzip“, die Falllösung nicht ohne „Methoden“. Auch sorgen sie für Abwechslung in der langweiligen Juristensprache, da man mit ihrer Hilfe den Ausdruck wechseln kann und nicht immer subsumieren, sondern auch einfach „unterordnen“ könnte, statt zitieren auch einmal „anführen“ sollte.Sie wirken allerdings oft farblos und steril, so als kämen sie gerade aus dem Desinfektionsbad. Sie sind schwer verständlich, gerade für Sie als Studienbeginner rätselhaft, deshalb für Professoren ja so verführerisch, weil geheimnisvoll. Der zentrale Nachteil ist aber gerade für Juristen ihre Ungenauigkeit, ihre Unschärfe (oder vielleicht doch ein Vorteil?): systematisch, methodisch, didaktisch, abstrakt, konkret, objektiv, subjektiv, formell, substanziell, materiell … „Materiell“? – Was ist gemeint? Dinghaft, dinglich, gegenständlich, greifbar, konkret körperhaft, stofflich, real, finanziell, geldlich, wirtschaftlich, materialistisch, sinnlich, physisch? – Verwirrend!
Zum juristischen Fremd- und Fachsprachgut gehören viele nur der Juristerei eigene Begriffspaare, die sich auf verschiedene Rechtsinhalte an den unterschiedlichsten Stellen als Allzweckwaffen anwenden lassen. Ihr Rückzug auf „heimisch-schulische“ Begriffe klappt bei ihnen nicht, würde Sie der Lächerlichkeit aussetzen. Sie tauchen immer wieder auf und finden als Versatzstücke in der juristischen Sprache Verwendung. Sie erleichtern, wenn man sie denn beherrscht, enorm das Verständnis aus Vorlesungen und Lehrbüchern. Die juristischen Zwillinge werden nie explizit erklärt, immer eher beiläufig – etwas wichtigtuerisch – eingestreut. Sie entwickeln aber ein Differenzierungsvermögen, das juristischem Denken zugrunde liegt.
Hier ein paar binäre Begriffe, damit Sie mitreden können:
Die Leitideen der Rechtswelt, die Sie als jungen Studenten zunächst formen und später immer begleiten werden, sind die Begriffspaare:
Rechtmäßig – rechtswidrig
Strafbar – straflos
Anspruchsbejahend – anspruchsverneinend
Verwaltungsgemäß – verwaltungswidrig
Die folgenden Paarungen gehören zum juristischen Sprachgebrauch. Sie sollten sie sämtlich in Ihrem etymologischen Lexikon aufsuchen:
Absolut – relativ (z.B. Rechte, Theorien);
Abstrakt – kausal (z.B. Abstraktionsprinzip);
Abstrakt – konkret (z.B. Normenkontrolle);
Aktiv – passiv (z.B. Wahlrecht/Stellvertretung/Sterbehilfe);
Allein – Mit – Gesamt (z.B. Gewahrsam/Eigentum);
Echt – Unecht (z.B. Delikte/Urkunden);
Einfach – qualifiziert (z.B. Diebstahl);
Enger – weiter (z.B. Auslegungen);
Spezial – General (z.B. Vollmacht/Gesetze);
Ex ante – ex post (z.B. Standpunkt des Beobachters);
Ex nunc – ex tunc (z.B. Zustimmung);
Innenverhältnis – Außenverhältnis (z.B. Gesellschaft/Vertretung);
Inter omnes – inter partes (z.B. Vertrag/Gesetz/Urteil);
Konstitutiv – deklaratorisch (z.B. Registereinträge);
Materiell – formell (z.B. Gesetz);
Mittelbar – unmittelbar (z.B. Täterschaft/Besitz);
Nichtig – vernichtbar (z.B. Rechtsgeschäfte);
Objektiv – subjektiv (z.B. Tatbestand/Rechte/1000 Theorien);
Offen – verdeckt (z.B. Stellvertretung);
Originär – derivativ (z.B. Eigentum/Fund);
Positiv – negativ (z.B. Registerwirkung/Schadenersatz).
Etwas Latein muss auch noch sein?
Ja! Denn Latein und Jura – das passt zusammen, wie man schon an „Jura“ sieht. Das ist echtes Latein und bedeutet die Rechte. Streng genommen ist, wer heutzutage vorgibt, Jura zu studieren, bisschen ein Hochstapler. Denn das Studium der Rechtswissenschaft beschränkt sich mittlerweile fast überall auf das weltliche Recht. Das kirchliche Recht (kanonische) gehört nicht mehr zum normalen Rechtsstudium – weshalb man in der Schweiz und Österreich auch zutreffender formuliert, jemand studiere „Jus“. Das ist der Singular zu Jura. Aber ebenso Latein wie die Jurisprudenz, die nun ganz oberflächlich aus „iuris prudentia“ eingedeutscht ist, die Rechtsgelehrsamkeit, die ein grandioses Erbe ist, das Rom Europa hinterlassen hat. Latein war bis ins 18. Jahrhundert der Schlüsselcode aller Kommunikation unter den Juristen.
Deshalb: Etwas Latein muss sein! Das nicht nur deshalb, weil unser Recht auf dem römischen Recht beruht, sondern mehr noch, weil sich viele Juristen im Glanze lateinischer Fremdwörter sonnen. Lateinische Fremdwörter sind „besonders fremde“ Fremdwörter! Lassen Sie sich aber nicht blenden!
Kleine Lateinschule für das junge Rechtsleben
Begriff | Übersetzung | Bedeutung im Rechtsalltag |
Aberratio ictus | Abirren des Schlages | Angriff verfehlt das Opfer und trifft einen Dritten |
Actio | Handlung, Anspruch | Anspruchsgrundlage f. Forderung |
Actio libera in causa | Handlung frei von einer Ursache | Ursache für Handlung wird in willensfreiem Zustand gesetzt, Handlung selbst erfolgt später in willensunfreiem Zustand (Rausch) |
Ad absurdum | zum Unpassenden gelangen | Eindeutig widerlegen z.B. in einer Diskussion |
Ad hoc | zu diesem (Zweck) | Plötzliche Entscheidung/ Maßnahme |
Ad infinitum | bis zum Unbegrenzten | Bis ins Unendliche darlegen |
Ad rem | zur Sache | Bei Diskussion: zur eigentlichen Sache sprechen |
Alea iacta est | Der Würfel ist gefallen | Die Sache ist entschieden |
Aliud | anderes | Leistung eines Anderen als des Vereinbarten wird als Mangel behandelt |
Animus auctoris | Wille als Urheber/ Täter | Strafrecht: Unterscheidungsmerkmal des Täters ggü. dem Gehilfen |
Animus socii | Wille als Gehilfe | Vgl. animus auctoris |
A posteriori | vom Späteren her | Im Nachhinein gewonnene Erkenntnis |
A priori | vom Früheren her | Von vorneherein (mögliche) Erkenntnis |
Argumentum e contrario | Beweis aus dem Gegenteil | Folgerung aus Umkehrschluss in der Rechtsmethodik |
Audiatur et altera pars | Man höre auch die Gegenseite | Gerichtlicher Grundsatz |
Causa | Ursache, Anlass, Beweggrund | Rechtsgrund f. eine Leistungsverschiebung, fehlt bei § 812 BGB |
Clausula rebus sic stantibus | Klausel der gleichbleibenden Umstände | Vertrag soll nur wirksam bleiben, wenn sich die Umstände nicht ändern |
Conditio sine qua non | Bedingung, ohne die etwas nicht (geschehen soll) | Bedingung, ohne die ein Erfolg nicht eingetreten wäre, bzw. nicht eintreten soll |
Contra legem | gegen das Gesetz | Handeln steht im Widerspruch zum Gesetz |
Cui bono ? | wem zum Nutzen ? | Frage im Strafrecht auf der Suche nach dem Täter |
Culpa in contra-hendo | Verschulden bei Vertragsschluss | Führt zur Haftung bei schuldhafter Pflichtverletzung |
Cum grano salis | mit einem Korn Salz | Nicht ganz wörtlich zu nehmen |
De iure | laut Gesetz | Nach der Gesetzeslage |
De lege ferenda | nach einem noch zu erlassenden Gesetz | Nach zukünftigem Recht |
De lege lata | nach erlassenem Gesetz | Nach geltendem Recht |
Diligentia quam in suis | Sorgfalt wie in eigenen (Dingen) | Verschuldensmaßstab ist begrenzt auf Grad der Sorgfalt in eigenen Dingen |
Dolo agit, qui petit, quod statim reddi-turus est | mit Arglist handelt, wer etwas verlangt, was (nach Erhalt)sofort zurückgegeben werden muss. | Einrede des fehlenden Rechtsschutzinteresses bei einer Klage |
Dolus directus | direkter Vorsatz | Strafrecht: Täter weiß, dass sein Handeln zum Erfolg führt |
Dolus eventualis | bedingter Vorsatz | Strafrecht: Täter ist einverstanden, dass sein Handeln höchstwahrscheinlich zum Erfolg führt |
Do ut des | Ich gebe, damit du gibst | Auffassung des röm. Rechtsdenkens, wonach eine Leistung stets mit Gegenleistung verbunden ist. |
Error in obiecto | Irrtum über das Tatobjekt | Begriff aus der Irrtumslehre im Strafrecht |
Error in persona | Irrtum über die angegriffene Person | s.o. |
Essentialia negotii | wesentliche Bestandteile des Rechtsgeschäfts | Vertragslehre: Ohne deren Vorliegen ist Vertrag unwirksam |
Exceptio doli | Einrede der Arglist | Kann erhoben werden, wenn Anspruch arglistig erworben worden ist |
Ex nunc | von jetzt an | Beginn der Wirkung eines Rechtsgeschäfts mit seiner Vornahme |
Expressis verbis | mit ausdrücklichen Worten | Im Gegensatz zu: sinngemäß, durch schlüssiges Verhalten |
Ex tunc | von damals an | Rückwirkender Beginn der Wirkung eines Rechtsgeschäfts |
Fiscus | Geldkorb, Staatsschatz | Staat als Steuereintreiber |
Forensisch | gerichtlich | Der Rechtsprechung dienend |
Furtum usus | Diebstahl (zum Zweck) des Gebrauchs | Bei § 242 StGB Gegensatz zur Absicht der Zueignung der Substanz oder dem Sachwert nach |
Immobilia | unbewegliche Sache | Grundstück |
In absentia | in Abwesenheit | In Abwesenheit kann grundsätzlich nicht verurteilt werden (StPO) |
In dubio pro reo | im Zweifelsfall für den Angeklagten | Strafrechtlicher Grundsatz, dass im Zweifelsfall zugunsten des Angeklagten zu entscheiden ist |
In extenso | ausführlich | In vollem Umfang (schildern) |
In statu quo | im gegenwärtigen Zustand | Unverändert |
Ipso iure | von Rechts wegen | Dem Gesetz entsprechend |
Iudex non calculat | Der Richter rechnet nicht | Die Rechnungen machen die Parteien Auch scherzhaft für: Der Richter kann nicht rechnen. |
Iura | Die Rechte (Plural von ius) | Rechtswissenschaften |
Ius cogens | zwingendes Recht | nicht abänderbares Recht |
Ius est vigilantibus | Das Recht ist für die Wachen da | Römischer Rechtsgrundsatz |
Iustitia | Göttin der Gerechtigkeit | Nach Augustus eine der vier Herrschertugenden |
Lapsus linguae | Fehltritt der Zunge | unbedachte Äußerung |
Lex specialis derogat legi generali | das speziellere Gesetz verdrängt das allgemeinere Gesetz | Juristische Auslegungsregel: z.B. Spezielles Haftungsrecht ggü. allgemeinem |
Lex superior derogat legi inferiori | das höherrangigere Gesetz verdrängt das niederrangigere Gesetz | Z.B. Verfassungsrecht ggü. Nicht-verfassungsrecht |
Mala fide | in bösem Glauben | Arglistig etwas Unrechtes tun |
Mobilia | bewegliche Sachen | |
Mutatis mutandis | nach notwendigen Änderungen | Z.B. der sonst gebräuchlichen Auslegungsregeln |
Nasciturus | der Geborenwerdende | Das ungeborene Kind als Rechtssubjekt ,z.B.im Erbrecht |
Ne bis in idem | nicht zweimal gegen dasselbe | Keine zweite Anklage wegen desselben Vorwurfs |
Ne ultra petita | nicht über den Antrag hinaus | Gericht kann nicht mehr zusprechen als vom Kläger begehrt |
Negligentia | Fahrlässigkeit | Schuldform |
Nolens volens | nichtwollend doch wollend | Wohl oder übel |
N.N. | Abk. für nomen nescio | Den Namen weiß ich (noch) nicht |
N.N. | nomen nominandum | Der Name ist noch anzugeben |
Non liquet | es ist nicht klar. | Mögliches Ergebnis bei Beweis-aufnahmen, Beweis nicht erbracht |
Non plus ultra | nicht darüber hinaus | Etwas ist nicht zu übertreffen |
Nulla poena sine crimine | keine Strafe ohne Straftat | |
Nulla poena sine lege | keine Strafe ohne Gesetz | Rückwirkungsverbot im Strafrecht |
Nullum crimen sine lege | keine Straftat ohne Strafgesetz | Bestraft werden kann nur, was vom Gesetz unter Strafe gestellt ist |
Numerus clausus | begrenzte Anzahl | Z.B. Studierendenzulassung |
Pacta sunt servanda | Vereinbarungen sind einzuhalten | Prinzip der Vertragstreue im Recht |
Per se | durch sich selbst | Von selbst, von alleine |
Petitum | das Erstrebte | Ziel des Klagebegehrens |
p.p., praeter propter | ungefähr, in etwa | |
Prima facies | erster Anschein | Solange sich keine ernsthaften Bedenken ergeben |
Principiis obsta | Wehre den Anfängen ! | Warnung vor einer Fehlentwicklung |
Pro forma | nur der Form nach | Nur zum Anschein (z.B. etwas äußern) |
Quae sit actio ? | Was könnte Anspruchs- grundlage sein ? | Suche nach dem Rechtsgrund für den geltend gemachten Anspruch |
q.e.d., Quod erat demons-trandum | was zu beweisen war | Traditioneller Abschluss einer erfolgreichen Beweisführung |
Ratio legis | Zweck des Gesetzes | Hauptsinn einer Rechtsnorm |
Res iudicata | rechtskräftig entschiedene Angelegenheit | Dient der Rechtssicherheit, schützt vor Wiederholung des Rechtsstreits |
Rubrum | das Rote | Ursprünglich in Rot geschriebene Bezeichnung der Parteien und des Gerichts in der Klageschrift und im Urteil |
Status quo | Zustand, in dem | Gegenwärtiger Zustand |
Suum cuique | jedem das Seine | Prinzip der Verteilungsgerechtigkeit |
Terminus technicus | Fachausdruck | |
Ultima ratio | letzte Möglichkeit | Letztes Mittel bei Interessenkonflikt |
Venire contra factum proprium | gegen das eigene (frühere)Handeln vorgehen | Rechtsmissbrauch |
Veto | Ich lehne ab | Verbot, Einspruch bei Beschluss |
Vice versa | umgekehrt | In umgekehrter Richtung |
Vis absoluta | körperliche Gewalt | Strafr.Begriff: dem Opfer wird freie Willensbetätigung absolut unmöglich gemacht |
Vis compulsiva | seelische Gewalt | Strafr. Begriff: dem Opfer wird der Wille durch Gewalt so gebeugt, dass es nicht anders handeln kann. |
Volenti non fit iniuria | dem (dies)Wollenden geschieht kein Unrecht | Strafr. Grundsatz:Wer Schädigung durch andere bewusst in Kauf nimmt, kann keine Ansprüche aus ihr geltend machen. (Einwilligung) |
„Elementare Voraussetzung der Demokratie ist, dass die Entscheidungsverfahren der Hoheitsgewalt ausübenden Organe und die jeweils verfolgten politischen Zielvorstellungen allgemein sichtbar und verstehbar sind, und ebenso, dass der wahlberechtigte Bürger mit der Hoheitsgewalt, der er unterworfen ist, in seiner Sprache kommunizieren kann.“ – So das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung BVerfGE 89, 155 (185).
Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen! Nur: Ganz ohne Fremdwörter und solcher zum juristischen Allgemeingut gehörender lateinischer Wendungen wird auch das BVerfG nicht auskommen, da man anderenfalls keine Klarheit gewinnt.