Repetitor

Aus Jura Base Camp
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(lat.: repetere, wiederholen) Privater professioneller Rechtslehrer, der Jurastudenten in einem entgeltlichen Repetitorium langsam aber sicher an das Examen heranführt. Er war früher gedacht als Hilfe zur Wiederholung und Festigung eines bereits erarbeiteten Jurastoffes. Heute soll es Studenten geben, die, bis auf die Übungen zur Erlangung der Scheine, die Universität nie von innen gesehen haben und ausschließlich beim Repetitor gelernt haben. Was hat ein Repetitor, dessen Erwähnung allein genügt, Professoren in Wallung zu bringen, was der Dozent nicht hat? Er kann erfolgreich und freudvoll Jura lehren. Viele halten Professoren in der Lehre für verzichtbar, das machten die Repetitoren besser: Erst dort habe man den Umgang mit den Gesetzen, die Klausurentechnik, den sauberen Gutachtenstil, das richtige Lesen der Paragraphen, das Hangeln von Tatbestandsmerkmal zu Tatbestandsmerkmal, das Herausstanzen der gesetzlichen Voraussetzungen, der Bausteine einer Antwortnorm, die bündige Subsumtionsarbeit, das Hin- und Herwandern des Auges zwischen Gesetz und Sachverhalt, kurz: die spezifische juristische Denk- und Arbeitsweise gelernt und beigebracht bekommen. Der Einbruch der „Reps“ in den Unibetrieb mit ihren fassbaren Lernmenüs für den Einstieg in die Juristerei und das Examen ist in der Tat ein Verhängnis für manche verschlafene juristische Fakultät. Solange diese privaten Rechtsschulen von 98 % der Jurastudenten besucht werden, solange braucht man sich über die „Qualität“ der hochschuleigenen juristischen Lehre keine Gedanken zu machen. (Prüf ‘ den Prof) Das rechtswissenschaftliche Prestige der juristischen Fakultäten ist weitgehend unabhängig von den examensrelevanten Erfolgen. Der Erfolg im Examen und die Problemlösungskompetenz der Studenten in den Klausuren gebühren den Repetitoren. Merkwürdige Wissenschaft eigentlich, die sich ihre Misserfolge nicht zurechnen lässt und sich hinter den Erfolgen anderer versteckt. So pünktlich wie vergeblich klagen die Professoren zu Beginn des Jurastudiums über die fehlende Studierfähigkeit (was das auch heißen mag!) der Studenten und spätestens ab dem vierten Semester in den Unis über die Auszehrung der Hörsäle. Genauso pünktlich, aber erfolgreich, freut sich der benachbarte Repetitor über das Engagement, den Lerneifer und den „run“ der Studenten auf die oft weniger stattlich ausgerüsteten, aber überfüllten Hörsäle seiner privaten Rechtsschule. In der Juristerei gibt es sie längst, die privaten Hochschulen; es sind die Repetitorien. Die heutigen Professoren, die auf die Erfolge in den rechtswissenschaftlichen Examina hinweisen, erinnern manchmal an den kleinen Paul, der, von seinem Vater zu Weihnachten mit einer Bahnhofsvorsteheruniform beschenkt, sich auf den Bahnsteig begab, pfiff und, als ein ICE sich rein zufällig zeitgleich in Bewegung setzte, zu seinem Vater sagte: „Siehst Du Papa, das war ich!“ Nein! Es war im Wesentlichen der Repetitor!