Gedächtnis

Aus Jura Base Camp
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Das Erinnerungsvermögen ist ein sehr wichtiges Kapital des Jurastudenten. Zur effektiven Speicherung von juristischen Informationen haben Sie als Student neben Ihren externen Speichern der Gesetzestexte im „Schönfelder“, in Büchern, Kommentaren und Mitschriften – wie jeder andere Organismus auch – zwei interne Informationsspeicher, nämlich Ihr Genom und Ihr Gedächtnis. Ihr Genom können wir hier vernachlässigen, es ist angeboren und verkörpert die Ihnen durch Vererbung mitgegebenen Informationen: Dazu gehört Jura sicher nicht! Ihr Gedächtnis dagegen entsteht im Laufe Ihrer Individualgeschichte. Es ist Ihr Erinnerungsvermögen, Ihr ganz spezielles Denken an früher Geschehenes und Erfahrungen in Ihrem Leben: man spricht von – Lernen. Beim Menschen gibt es ein Lernen durch das Sammeln eigener Erkenntnisse und durch die Übernahme fremder Erkenntnisse: Dazu gehört nun Jura sehr wohl! Da juristische Kenntnisse und Fähigkeiten beim Menschen nun einmal nicht vererbt werden, muss das Lernen des juristischen Lernens und das Schreiben von Klausuren und Hausarbeiten in jedem Studentenleben neu erworben, das heißt gelernt werden. Jurastudenten sind Gedankensammler! Schon das „Lesen“, diese Uraktivität des Studenten, ist eine Art Sammeln. Beide Wörter, „Lesen“ und „Sammeln“ bedeuten ursprünglich ohnehin dasselbe, nämlich das Heraussortieren von Dingen, die es wert sind, aufbewahrt zu werden. Noch heute wird von der „Weinlese“ gesprochen. Und eine Art juristischer Weinlese ist auch das Sammeln der Gedanken eines Lehrbuches oder einer Vorlesung. Der Student wandert durch die Worte des Dozenten oder die Zeilen eines Lehrbuches wie durch einen Weinberg und sammelt hier und da unterwegs geistige Früchte für sein Gedächtnis: juristische Gedanken. Für den Studenten gibt es im Laufe des Jurastudiums zwei Arten von Gedankensammlungen: Eigene Gedanken, die er sammelt, weil er sie durch eigenes Nachdenken erschlossen hat. Fremde Gedanken, die er sammelt, weil sie ihm juristische Autoritäten mitgeteilt haben. Seit langer Zeit genießen die Gedanken der ersten Sorte ein besonders hohes Prestige. Leonardo da Vincis kühnem Satz, der die Rechtfertigung für alles freie Denken enthält, kann man sich hörbar seufzend nur anschließen: „Wer im Streite der (juristischen) Meinungen sich auf die (juristische) Autorität beruft, der arbeitet mit seinem Gedächtnis anstatt mit seinem Verstand.“ Für einen jungen Jurastudenten ist es aber entgegen dem großen Leonardo sehr vernünftig, wenn er zunächst fremde Gedanken von Autoritäten sammelt und diese juristische Gedankenernte als Jurawissen in die Scheuer seines Gedächtnisses einfährt.

In Ihr Gedächtnis führen zwei Eingänge für das juristische Lernen. Die Lerntheoretiker unterscheiden zwischen den Lernkanälen Hören und Sehen. Sie lernen also über die Sinne „Ohr“ (= Vorlesung) und „Auge“ (= Lehrbuch) nach gehörten oder gelesenen Worten und Bildern. Die weiteren drei Sinne Fühlen, Riechen und Schmecken spielen nur atmosphärische Helferrollen beim Lernen, der „sechste“ Sinn hilft manchmal vor der Klausur als der berühmte „richtige Riecher“ ihres Inhalts. Ihr Ziel muss es nunmehr sein, das, was Sie an Informationen über Ihr Vorlesungs-Ohr und Ihr Lehrbuch-Auge aufnehmen, so schnell wie möglich in Ihr Gedächtnis zu transportieren und in Ihrem „Jura-Langzeitgedächtnis“ so dauerhaft wie möglich derart zu verankern, dass es Ihnen im entscheidenden Moment der Klausur jederzeit einsprungbereit und abrufbar zur Verfügung steht. „Fix“ und „fertig“ muss Jura in Ihr Gedächtnis! Trotz Computerdateien und Computerdokumentationen gibt es Situationen, in denen juristische Informationen zu einem Zeitpunkt abgerufen werden müssen, zu dem eben keine Möglichkeit externer Speicherabrufung nutzbar zur Verfügung steht, für Sie als Jurastudent die naheliegendsten: Klausur und Examen! Hier müssen Sie sich ausschließlich auf Ihr Gedächtnis verlassen – Ihren internen Jura-Spei-cher. Wissen „so mir nichts dir nichts“ abzurufen per Mouseclick aus externem Speicher wäre zwar schön, aber klappt in der Klausur eben nicht.