Es dreht sich um das Problem der ergänzenden Vertragsauslegung. Voraussetzung für eine solche Auslegung des Vertrages ist, dass eine Lücke im Rechtsgeschäft besteht. Ob das der Fall ist, muss durch Auslegung des Vertrages ermittelt werden. Eine solche ausfüllungsbedürftige Lücke liegt dann vor, wenn beide Parteien beim Vertragsschluss einen bestimmten Umstand nicht oder in falscher Weise berücksichtigt haben. Jetzt ist zu ermitteln, was beide Parteien bei dem Vertrage gewollt hätten, wenn sie den nicht bedachten Umstand berücksichtigt und hierbei die Gebote von Treu und Glauben und die Verkehrssitte gem. § 157 BGB beachtet hätten. 

Beispiel: Max verpachtet dem Moritz sein Internet-Café für fünf Jahre. Im Pachtvertrag vereinbaren sie, dass es dem Max untersagt ist, im selben Haus ein solches Café zu betreiben. Nach Monaten der Langeweile fragt Max, ob er wenigstens im Nachbarhaus ein Internet-Café eröffnen darf.

 

Max und Moritz haben einen Pachtvertrag mit einem Konkurrenzverbot geschlossen. Ein solcher Vertragsschluss ist zulässig und kann eindeutig und ohne große Auslegungsprobleme für das Pachtobjekt bejaht werden. Jetzt stellt sich aber heraus, dass Max und Moritz zwar das Problem einer Konkurrenz gesehen und im Wege eines vertraglichen Konkurrenzverbotes geregelt haben. Beide haben aber nicht daran gedacht, dass auch von einem im Nachbarhaus betriebenen Internet-Café Konkurrenz für Moritz ausgehen kann. Der Vertrag ist also hinsichtlich der Regelung des Konkurrenzverbotes lückenhaft.

Man muss den hypothetischen Willen von Max und Moritz erforschen und fragen, was sie bei Kenntnis der Lücke vernünftigerweise vereinbart hätten.

Also: Max und Moritz bezweckten durch das Konkurrenzverbot den Schutz des Moritz vor der Konkurrenz des alteingesessenen Max. Dieser Zweck würde nun aber nicht erreicht, wenn es Max gestattet würde, im Nachbarhaus sein Internet-Café zu betreiben. Deshalb ist das Konkurrenzverbot im Wege lückenausfüllender Vertragsauslegung dahingehend zu ergänzen, dass Max die Eröffnung auch im Nachbarhaus untersagt ist.

Faustregel: Man muss bei der Lückenausfüllung eines Rechtsgeschäftes die Wertungen der Parteien unter Berücksichtigung von

immer zu Ende denken. Dabei hilft wie immer in der juristischen Praxis der „gesunde Menschenverstand“ weiter.

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