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Freie Rede

Ihre Referate und Ihre Vorträge sollten Sie möglichst frei halten!

 

Zunächst: Warum eigentlich freier Vortrag?

Warum lohnt es sich, die freie Rede zu üben? Weil zunehmend auch in der Justiz freies Reden als berufsbezogene Qualifikation erwartet wird. Juristische Fachkenntnisse allein sind zu wenig, um ein guter Jurist zu sein oder zu werden! In den wenigsten juristischen Berufen kann man sich ausschließlich hinter das Verfassen von Texten oder das Lesen von Akten verbarrikadieren. Vielmehr geht es meistens auch, wenn nicht sogar überwiegend, um kommunikative Kompetenzen, um die Fähigkeit, frei zu reden, zu diskutieren und andere zu überzeugen. Eine qualifizierte juristische Ausbildung müsste deswegen frühzeitig die juristische „Sprechkunst“ den Studenten in Rhetorikkursen, Diskussionsseminaren und Debattierwettbewerben  vermitteln. Sie ist eine Schlüsselqualifikation für Juristen! Ob rechtsprechende, verwaltende oder rechtsberatende juristische Praxis, alle benötigen Fertigkeiten und Fähigkeiten in den sog. „Hard-skills“, also den fachlichen Qualifikationen, aber ebenso auf der Ebene der „Soft-skills“, also in der  Fähigkeit, mit anderen Menschen umzugehen. Und dazu zählt bei uns die Fähigkeit, frei zu sprechen, Diskussionen zu führen, sie zu leiten oder sich für alle Diskutanten gewinnbringend daran zu beteiligen.

Die in der freien Rede im Studium geübten rhetorischen Fähigkeiten würden auch gebraucht, um im späteren Beruf überzeugend Rede und Antwort stehen zu können, um einen Sachverhalt darlegen zu können oder die eigenen Gedanken und Erfahrungen in ein Team, eine fachliche Kollegendiskussion oder ein Mitarbeitergespräch einbringen zu können. Die kommunikative Kompetenz ist heute auch in einer modernen Justiz unverzichtbar. Im Übrigen erzwingt ein freier Vortrag eine weniger stilisierte Redeweise als das Verlesen des Referats, ermöglicht Wiederholungen, die nötig sind zum Verständnis, aber in geschriebenen Texten angekreidet würden und erleichtert das Hören durch eine modulierende Stimme. Das Hören eines frei gehaltenen, lebendigen Referats animiert auch, sich in der anschließenden Fachdiskussion ebenfalls argumentativ lebendig zu beteiligten. ( Argumentation)

 

Richtig tragen Sie vor, wenn sich die Lebendigkeit Ihres Referates oder Vortrages mit dem Reichtum seines Inhalts und einer klaren Sprache paart. Aber nicht nur Naturtalente können die Prädikatsnoten ergattern. Auch dann, wenn man diese Gabe nicht in die Wiege gelegt bekommen hat, kann man sie erlernen.

 

Zum freien Vortrag nun einige Tipps:

  1. Stichwort: Schlüsselwörter Ihr Vortrag muss so aufgebaut sein, dass die wirklich wichtigen Informationen alles andere überragen. Schreiben oder beamen Sie diese an die Tafel oder Leinwand oder halten Sie sie auf der Flip-Chart fest. Man muss immer der Tatsache eingedenk sein, dass das gesprochene Wort zwar besser wirkt, das geschriebene aber besser haftet.
  2. Stichwort: Wegweiser   Stellen Sie Wegweiser auf, die die Aufmerksamkeit auf den Gipfel richten.
  3. Stichwort: Bildersprache Haben Sie keine Angst vor Wiederholungen in Form von verdeutlichenden Umschreibungen, Beispielen, Bildern, die nichts Neues bringen, aber Ihr Grundthema variieren und verdichten. Denken Sie an den altlateinischen Satz: „Verba docent – exempla trahunt.“ Frei übersetzt: Worte lehren – Beispiele reißen mit.
  4. Stichwort: Trockenheit Sagen Sie nie: „Der juristische Stoff – dieses juristische Thema – ist zu trocken.“ Trockenheit ist nicht die Eigenschaft Ihres Themas, sondern Ihres Vortrages. Sie haben eben die Erfahrung gemacht, dass Ihnen Themen trocken und langweilig präsentiert worden sind. Präsentieren Sie sie bunter! 
  5. Stichwort: Emotio Wenn Sie mit Ihren Kommilitonen und dem Dozenten im Referat in Verbindung treten, spielt sich dieser Vorgang auf zwei Schienen ab: Die eine ist die Sachschiene (Verstand, ratio) – die andere die Beziehungsschiene (Gefühl, emotio). Die Beziehungsschiene ist die wichtigere. Mag man Sie, dann mag man meistens auch, was Sie sagen – lehnt man Sie ab, lehnt man meistens auch ab, was Sie referieren. Bemühen Sie sich kurzum um Ansehen, Kompetenz und Sympathie – ohne sich allerdings anzubiedern. Entdecken Sie freundliche Gesichter und wenden Sie sich zunächst an diese. Ihrem Vortrag wird das gut tun.
  6. Stichwort: Schriftsprache vermeiden Formulieren Sie volkstümlich und gebrauchen Sie zuhörerfreundliche Illustrationen. Wenn Sie vortragen, tun Sie das nämlich nicht für sich und für Ihren Dozenten, sondern im Wesentlichen auch für sie – Ihre Kommilitonen. Bei vielen Referenten hat man manchmal den Eindruck, sie sprechen immer vor einem „Phantomüberhörer“. Benutzen Sie Hauptsätze! Hauptsätze! Hauptsätze! Vermeiden Sie Neben- oder Schachtelsätze! Sprechen Sie nicht nach der „Schrift“, sondern üben Sie sich im normalen Umgangsdeutsch. Weg von der Schreibsprache, hin zur Sprech- und damit zur Hörsprache! 
  7. Stichwort: „Ihr“ Lassen Sie „man“ weg und gehen Sie zum persönlichen „wir“ oder „ihr“ über – Sie gewinnen damit Punkte auf der Beziehungsschiene.
  8. Stichwort: Blicke blicken Sehen Sie Ihren Zuhörern ins Auge – suchen Sie den Blickkontakt! Blicken Sie Blicke! Vergraben Sie sich nicht in Ihren Manuskripten, senken Sie nicht den Blick auf den Boden, wo Sie nur Schuhe, aber keine Blicke finden. Verwechseln Sie „vortragen“ nicht mit „vorlesen“. Ein Blickkontakt schafft eine magische Bindung zwischen Ihnen und Ihrem Zuhörerkreis. Lassen Sie den Blick schweifen, starren Sie keinen Zuhörer über lange Zeiträume an, halten aber immer wieder im Blick inne, mal hier, mal da, – und alle haben das Gefühl, beachtet zu werden.
  9. Stichwort: Lass Pausen sprechen! Machen Sie lieber zu viele Pausen als zu wenige! Lassen Sie Pausen sprechen! Sie glauben gar nicht, wie wichtig Pausen in einem Referat sind. Zunächst ist die Pause das aprobate Mittel gegen das die Kommilitonen ungemein belastende Schnellsprechen (Stichwort: Schwall). Legen Sie genügend Pausen ein, können Sie so schnell sprechen, wie Sie wollen. Weiterhin geben Sie Ihren Kommilitonen durch ausreichende Pausen Gelegenheit zum geistigen Luftholen. So können sie das Gesprochene in sich nachklingen lassen, ohne Ihren nächsten Gedankenansatz zu verpassen. Darüber hinaus verschaffen Sie sich durch Pausen selbst Gelegenheit zum Luftholen. Atmen Sie öfter tief durch, Ihr um Sauerstoff ringendes Gehirn (es ist auf Sauerstoff dringend angewiesen) wird es Ihnen danken. Außerdem gewinnen Sie Zeit zum Überlegen. Sie können nicht im Nachhinein nachdenken, ob es richtig war, was Sie gesagt haben. Die Pause ermöglicht Ihnen die allein richtige Reihenfolge: Erst denken – dann sprechen! Letztlich ist die Pause das beste Stilmittel zur Steigerung der Wirkung eines von Ihnen für wichtig angesehenen Gedankens. Rahmen Sie die Höhepunkte Ihres Vortrages in zwei Pausen ein. Sie werden sehen, es lohnt sich, Pausen sprechen zu lassen. Hinzu kommt ein allerletzter Grund für die Pause: Sind Sie nämlich ein „Äh“-Mensch (Stichwort: Lall), können Sie diesen Urlaut durch Pausen nach und nach ausmerzen. Immer wenn Sie „Äh“ sagen wollen, legen Sie eine Pause ein. Nach kurzem Training sind Sie dem „Äh“-Stadium entwachsen. Kontrollieren Sie Ihre „Ähs“ durch eine Strichliste eines netten Kollegen am Anfang Ihrer Vorübung und nach zweimaligem Wiederholen – Sie werden erstaunt sein, um wieviele „Ähs“ sich Ihre Sprechweise verringert hat. 
  10. Stichwort: Contre le montre Der Umfang Ihres Referats ist strikt auf die vorgegebene Länge zu begrenzen, damit Ihr langsamer und gut betonter Vortrag die vorgesehene Zeit nicht überschreitet (Zeitdisziplin). Das müssen Sie vorher ausprobieren! Lesen Sie den Text Ihrer Freundin oder Ihrem Freund vor oder sprechen Sie ihn auf eine Kassette, und stellen Sie fest, wie lange Sie brauchen und ob das Sprechtempo stimmt. Behalten Sie die Uhr im Auge! 
  11. Stichwort: Entzifferbare Schrift Ihr Manuskript muss für Sie selbst im Notfall einwandfrei lesbar sein. Sie verlieren an Würde, wenn Sie beim Vortrag Schwierigkeiten haben, Ihre eigene Schrift zu entziffern.
  12. Stichwort: Die „Glieder“ der Gliederung Geben Sie vorweg eine kurze Übersicht über Ihr Gesamtreferat. Wenn Sie beim Vortrag eine Gliederung in Stichworten an die Tafel schreiben, per Overheadprojektor an die Wand werfen oder in vervielfältigter Form verteilen können, umso besser. Nehmen Sie aber während des Vortrags immer wieder ausdrücklich Rückbezug auf diese „Glieder“ Ihrer gegliederten Übersicht, das hilft bei der Orientierung.
  13. Stichwort: Keine Angst vor Wiederholungen Scheuen Sie nicht davor zurück, besonders wichtige Aussagen noch einmal zu wiederholen, sinngemäß, aber mit anderen Worten; wenn der Wortlaut wichtig ist, ruhig auch wörtlich.
  14. Stichwort: Fasse öfter zusammen Geben Sie nach einzelnen Abschnitten, aber jedenfalls nach dem Abschluss eines zusammenhängenden Gedankenganges in Kurzform noch einmal eine knappe Zusammenfassung der wesentlichen Aussagen, die Sie auch mit dem Wort Zusammenfassung ankündigen.
  15. Stichwort: Zitate vermeiden Bei wörtlichen Zitaten aus Texten müssen Sie Anfang und Ende des Zitats so deutlich machen, dass man es beim Zuhören verfolgen kann. Bei langen Zitaten sagen Sie zwischendurch notfalls etwas wie: „Ich zitiere immer noch.“ Da die Angabe von Zitat-anfang und -ende den Redefluss unterbricht, sollten Sie möglichst wenig wörtlich zitieren.
  16. Stichwort: Brich nicht das Vertrauen in die Ankündigung des Endes!  Kündigen Sie den Schluss Ihres Vortrages an! Das mobilisiert noch einmal die Aufmerksamkeit Ihrer Zuhörerschaft für die abschließenden Ausführungen. Der Ankündigung muss aber nach wenigen Sätzen dann auch wirklich das Ende folgen!
  17. Stichwort: Öffne zur Fachdiskussion Schließen Sie Ihr Referat mit einigen Kernsätzen, die die Hauptaussagen Ihres Vortrages aufgreifen und zugleich hierauf bezogen offene Fragen oder Probleme formulieren, um einen Anstoß für anschließende Fachdiskussionen zu geben.
  18. Stichwort: Quantität nicht auf Kosten der Qualität  Bringen Sie keine inhaltliche Menge auf Kosten der Vermittlungsqualität. Lieber weniger, und das gut angebracht, als mehr, und das an den Zuhörern vorbei! Wenn Sie das Gefühl haben, Sie müssten Ihrem Dozenten zeigen, dass Sie mehr drauf haben, als Sie anbringen konnten, dann vereinbaren Sie mit ihm, dass Sie dieses Mehr in einer schriftlichen Fassung unterbringen wollen, die Sie ihm abliefern möchten.
  19. Stichwort: Medienzirkus Vor der Entscheidung für den Einsatz eines bestimmten Mediums stellen Sie sich bitte die Frage: Welche Aufgabe soll das Medium übernehmen? Kriterien für die Auswahl: Medien können eingesetzt werden, um
  • einen Sachverhalt zu veranschaulichen (Aufheller 1),
  • die Chronologie eines Sachverhalts auf einen Zeitstrahl oder eine Zeittabelle zu projizieren (Aufheller 2),
  • Schemata darzustellen,
  • einen kurzen Fall, bei dem es auf die Wortwahl ankommt, zu präsentieren,
  • einen inhaltlichen Überblick zu geben,
  • das Wichtigste zusammenzufassen,
  • eine Definition zu entwickeln,
  • das Referat durch Cartoons aufzulockern,
  • Ergebnisse in Stichpunktlisten zu sammeln,
  • Gedankengänge zu systematisieren (Baum-diagramme),
  • Komplexes transparent zu machen (Schau-bild).

Überlegen Sie immer: Eignet sich das erwogene Medium für die angestrebte Funktion oder soll es mehr meiner Selbstdarstellung dienen? Der Lerneffekt ist gleich Null, wenn Sie „zuviele Medien für zu wenig Zweck“ einsetzen, sie überladen oder zu eng beschriften. Im Gegenteil: Sie verärgern Ihr Publikum. 

  1. Stichwort: Engagement Überlegen Sie einmal: Was fasziniert Sie an Ihrem Thema? Was hat sie begeistert? Was ist Ihnen besonders wichtig?
  2. Stichwort: Es ist „mein“ Thema Wie auch immer Ihr Thema lauten mag: Stehen Sie zu Ihrem Thema! Machen Sie es zu Ihrem eigenen! Nichts ist für Ihre Zuhörer demotivierender und abschlaffender als wenn der Referent sich hinstellt und verbal oder nonverbal durch seine Körpersprache erklärt: „Eigentlich interessiert mich das Thema überhaupt nicht!“, „Viel zu kompliziert für uns!“, „Ich habe eigentlich überhaupt keine Lust, aber da müssen wir nun mal durch!“
  3. Stichwort: Ängste!
  • „Ich habe solches Lampenfieber vor dem Referat!“ Das haben nicht nur Sie vor Auftritten, das haben alle! Hier ein paar Tipps gegen das Lampenfieber: Einstieg überprüfen, der muss sitzen; Referat zweimal real durchspielen; Referatssituation mit geschlossenen Augen imaginieren im mentalen Kino; denken Sie daran: Keiner will Ihnen Böses; die letzte halbe Stunde vorher abschalten; die Medienabfolge muss stehen; Karteikarten für den Vortrag nummerieren und optimal als Stichwortgeber gestalten; der Schluss muss quasi auswendig beherrscht werden; gleichmäßig und tief atmen; Ihr Dozent ist auch nur ein Mensch; Pausen positiv nutzen; das Wichtigste: gute Vorbereitung. Der Trick gegen Aufregung: Schultern fallen lassen, Mundwinkel hochstellen, ganz ruhig weiteratmen. Das hilft!

  •  „Was, wenn ich stecken bleibe?“ Ich-Botschaften wirken immer sympathisch: „Ach je, jetzt habe ich den Faden verloren!“; Zuhörer fragen: „Können Sie mir kurz helfen mit einem Stichwort?“; kleine Zusammenfassung einschieben; den letzten Satz umstellen und wiederholen; rhetorische Frage stellen.

  •  „Die Kommilitonen stören mich bestimmt beim Referieren!“ Führen die Studenten Seitengespräche, versuchen Sie durch Blickkontakt zu intervenieren und machen Sie dabei eine kurze Pause. Wenn das nicht gelingt, sprechen Sie die Störung an und fragen Sie, ob das vielleicht alle interessiert oder auf die Fachdiskussion warten könne. Bleiben Sie sachlich, aber auch nicht zu „cool“.
  1. Stichwort: Schriftsprache vermeiden Formulieren Sie volkstümlich und gebrauchen Sie zuhörerfreundliche Illustrationen. Wenn Sie vortragen, tun Sie das nämlich nicht für sich und für Ihren Dozenten, sondern im Wesentlichen auch für sie – Ihre Kommilitonen. Bei vielen Referenten hat man manchmal den Eindruck, sie sprechen immer vor einem „Phantomüberhörer“. Benutzen Sie Hauptsätze! Hauptsätze! Hauptsätze! Vermeiden Sie Neben- oder Schachtelsätze! Sprechen Sie nicht nach der „Schrift“, sondern üben Sie sich im normalen Umgangsdeutsch. Weg von der Schreibsprache, hin zur Sprech- und damit zur Hörsprache! 
  2. Stichwort: „Man“ Lassen Sie „man“ weg und gehen Sie zum persönlichen „ich“, „wir“ oder „ihr“ über – Sie gewinnen damit Punkte auf der Beziehungsschiene.
  3. Stichwort: Stimme  Beobachten Sie Ihre Stimme kritisch, am Besten durch Befragung anderer oder durch den Test mit einer Tonaufnahme. Vergleichen Sie Ihre Stimme mit der Stimme geschulter Sprecher in Funk oder Fernsehen. Dabei werden sich bei Ihnen Besonderheiten zeigen – Ihre Stimme ist schrill oder dünn, Sie sprechen Dialekt, usw. Dazu kann nichts weiter gesagt werden, ohne trivial zu sein. Es kann nur empfohlen werden, sich seiner Stimme bewusst zu werden.
  4. Stichwort: Gestik  Zu den verdrängten Emotionen der Juristen gesellt sich auch eine vielfach verdrängte Gestik. Aber ganz verdrängen lässt sie sich eben auch nicht. Das Ergebnis ist eine unnatürliche, unsichere und unpassende, ja manchmal peinliche Gestik. Man erklärt: „Lassen Sie mich das Problem in seiner ganzen Breite entfalten“ – und verschränkt dazu die Hände. Man sagt: „Ich fasse zusammen“ – und breitet die Arme aus. Auch hier kann kein Katalog von Regeln gegeben werden. Hilfreich ist wiederum nur die Selbstbeobachtung (learning by doing) und die Beobachtung Anderer bei ihren Referaten (learning by looking). Dabei bedenken Sie bitte, dass der Gestus funktional sein sollte, d.h. dem jeweiligen Redebeitrag angepasst und nicht etwa eine dirigierende Begleitbewegung zur Sprachmelodie. Genau so, wie man die Reize einer Frau gestisch verdeutlichen kann, kann man juristische Begriffsverwendungen modellieren. Alle Begriffsarbeit besteht ja darin, zu trennen und wieder zu verbinden – Dinge, die man sehr gut auch in die Luft zeichnen kann. Gesten sollten nicht übertrieben sein, aber auch bei uns Juristen nicht unterdrückt werden, denn das Repertoire an gestischen Ausdrucksmitteln ist reich. Man kann die Unterhaltung mancher Mallorquiner auch dann begreifen, wenn man kein Wort ihrer Sprache versteht. Hier liegen viele Möglichkeiten, die man sich bewusst erschließen kann.
  5. Stichwort: Distanz Man achte auf die Abstände. Zu große Nähe wird als Eindringen in das Revier empfunden, was natürliche Abwehrreaktionen hervorruft. Das richtige Verhältnis von Distanz und Nähe kann man auch als Souveränität beschreiben.
  6. Stichwort: Man kann nicht nicht kommunizieren! Selbst wenn Sie alles ablesen würden, ohne Gestik, Mimik und Blickkontakt, würden Sie die Botschaft signalisieren: „Ich habe Angst vor euch; ich kann nicht frei reden; ich beherrsche das Thema nicht (!); hoffentlich ist bald alles vorbei, egal wie.“

 

  1. Und jetzt noch Einiges für Sie im Schnelldurchgang:
  • Aufregung muss sein. Bleiben Sie stehen; auch wenn das Adrenalin zum Weglaufen drängt. Setzen Sie die „Nervositätsenergie“ für sich ein!
  • Ja, Referate halten müsste man können … Man kann!
  • Vor anderen zu reden, macht Angst. Sie können dagegen aber etwas unternehmen: Richtig vorbereiten und Tipps annehmen! Lesen Sie einfach und ruhig weiter bis zum Ende und dann alles noch einmal von vorn!
  • Denken Sie dran: Ihr Vortrag muss im Moment verstanden werden – es gibt kein Zurückblättern mehr.
  • Orientieren Sie sich immer an den Bedingungen menschlicher Aufnahmefähigkeit.
  • Das angestrebte Sprachniveau sollte nicht das des Reichsgerichts oder des Bundesgerichtshofes sein.
  • Ihre Aufgabe ist es keineswegs, Ihre doch überwiegend unfreiwilligen Mithörer mit Material zu überschütten. Denken Sie immer wieder daran: Darstellen heißt weglassen. Übrigens: Was Sie weggelassen haben, kann nicht schlecht benotet werden. Die Kunst des Langweilens besteht darin, alles sagen zu wollen.
  • Auf das „Wie“ der Kommunikation kann auch das stolzeste Fachwissen, das „Was“, niemals verzichten.
  • Stellen Sie als erstes Ihr genau herausgearbeitetes Problem – Ihre Problemdefinition – vor, dann legen Sie erst Ihren vorgesehenen Aufbau dar. Eine klare Zielvorstellung ist für den Zuhörer Gold wert.
  • Sprechen Sie frei! Darauf wird heute schwerpunktmäßig geachtet.
  • Sprechen Sie   l – a – n – g – s – a – m   und betont (viva vox docet, lat.: die lebendige Stimme lehrt). Lassen Sie es nicht zu einer Niederlage des Denkens vor der Zungenfertigkeit beim zu schnellen Sprechen kommen!
  • Setzen Sie visuelle Medien gezielt ein.
  • Präsentieren Sie niemals nur Resultate, vielmehr sollten Sie Ihre Gedankengänge gemeinsam mit Ihren Zuhörern entwickeln. 
  • Halten Sie keine einseitige Rede, sondern treten Sie immer in einen gedanklichen Dialog mit Ihren Zuhörern ein. Wer isoliert vor sich hin redet, ohne seine Gedanken an die Zuhörer zu adressieren, darf sich nicht wundern, wenn er keine findet.
  • Arbeiten Sie mit dem Thema und nicht über das Thema.
  • Man muss merken, dass Ihnen die Arbeit mit dem Thema Spaß gemacht hat. Notfalls müssen Sie eben ein wenig schauspielern. 
  • Überprüfen Sie alle Ihre Ideen und Ihre Gedanken auf ihre Präsentationsfähigkeit und Funktionstüchtigkeit.
  • Wecken Sie mit dem „Einstieg“ Interesse.
  • Sie sprechen weder zu Spezialisten noch zu Laien, sondern zu hoffentlich interessierten Fachkommilitonen und aufmerksamen Dozenten.
  • Sollte es sich um ein Gruppenreferat handeln, dann lassen Sie kontroverse Standpunkte von verschiedenen Referenten verkörpern. Das erzeugt Spannung und Teilnahme.
  • Beziehen Sie Ihren Zuhörerkreis mit ein. Die Kommilitonen halten sich erfahrungsgemäß in Fragen sehr zurück, um Sie nicht bloßzustellen und Ihnen nicht wehzutun. Stellen Sie schon während Ihres Referats Fragen in den Raum, lassen Sie Fragen offen unter dem Hinweis auf die Folgediskussion, regen Sie Ergänzungen an, provozieren Sie Widerspruch.
  • Verteilen Sie eine Gliederung zu Beginn Ihrer Ausführungen und am Ende ein Thesen- oder Infopapier.
  • Das Wichtigste an Ihrem Referat sind Ihre Zuhörer. Ohne Zuhörer macht Ihr Referat keinen Sinn. Nach Ihrem Referat soll Ihr Publikum“ über einen Mehrwert an Wissen verfügen.
  • Übrigens: Auch im Multimedia-Zeitalter muss eine Referatspräsentation nicht unbedingt mit Laptop und Beamer ablaufen. Ist der Inhalt nicht adäquat, kann die beste Show nichts retten.

 

Eines der wichtigsten Probleme beim Referatsvortrag ist die einfache Frage: Wie verhindere ich, dass meine Zuhörer durch ein nie zu verhinderndes, kurzfristiges Abschalten oder gedankliches Abschweifen völlig den Anschluss verlieren? Tipps:

 

  • Zum Zuhörer reden und nicht nur zum Thema; mit dem Thema reden und nicht über das Thema.
  • Sie als Referent sind ausschließlich verantwortlich für das Zuhören.
  • Auf der Sachebene geht es besser, wenn die Gefühlsebene stimmt.
  • Drei Störungen, denen Sie begegnen müssen: Ihr Thema ist uninteressant – Sie klingen unangenehm – Sie sind schwer zu verstehen. Dagegen hilft: Zuhörerfreundlich formulieren, d.h. klar, einfach, knapp und spannend.
  • Ihre Stimme muss stimmen! Ihr Inhalt muss stimmen!
  • Lassen Sie öfters Pausen sprechen!
  • Auf die Zuhörer Rücksicht nehmen.
  • Zeigen Sie Persönlichkeit! Bauch raus: „Jetzt komme ich!“
  • Durch den Blickkontakt wird Ihr Referat zum Vortrag: Lassen Sie Blicke blicken!
  • Je schwerer, desto freundlicher. Gesicht sympathisch – alles sympathisch.
  • Wie Sie stehen, so kommen Sie an.
  • Was will ich erreichen? Zielklarheit! So informieren, dass es im Gedächtnis bleibt!
  • Das Geheimnis der Langeweile besteht darin, alles zu sagen. Mut zur Lücke!
  • In der Einleitung erfreut sich der Zuhörer besonders an Bekanntem und Vertrautem. In der Einleitung entscheidet es sich, ob man Ihnen aufmerksam zuhört. Neues knüpft an Altes, Abstraktes an Konkretes, Unbekanntes an Bekanntes, Unvertrautes an Vertrautes!
  • Doppelt gliedern: Gleich am Anfang des Referats Gliederung bekannt machen und auf diese Gliederung im Laufe des Hauptteils immer wieder zurückkommen.
  • Ein guter Schluss kann ein mäßiges Referat bei Ihren Zuhörern manchmal retten.
  • Vor anderen zu reden macht Angst. Sie können dagegen aber etwas unternehmen: Richtig vorbereiten, auch in der Technik! 

 

Stichwortzettel für Referate

Am Ende der Bearbeitung eines Referats erhebt sich die Frage: Soll man das Referat ausschreiben oder soll man nach Stichwörtern reden? Das Referat nach einem ausgeschriebenen Manuskript hat natürlich einen großen Vorteil: Sie können nicht stecken bleiben, weil Sie sich jederzeit wieder einklicken können. Aber die Nachteile sind enorm: Ein ausgeschriebenes Manuskript ist nun einmal eine „Schreibe“ und keine „Rede“ und wird deshalb schlecht bewertet bei einer Leistung, die unter anderem der freien Rede dient. Es gibt nur eine Situation, in der man ein ausgeschriebenes Manuskript braucht: Dann nämlich, wenn man wenig von dem Thema versteht, über das man spricht. Und gerade diese Situation wollten Sie ja nicht demonstrieren.

 

Es bieten sich vier Möglichkeiten an:

  Sie reden nach Stichworten

Dazu benutzen Sie Stichwortzettel. Das hat den enormen Vorteil, dass Sie Ihr normales Deutsch reden und nicht Juradeutsch.

Allerdings müssen die Stichwortzettel übersichtlich sein, d.h.: nur einseitig beschreiben und Stichworte nummerieren. Bei jedem Zettel beginnen Sie die Stichwortnummerierung wieder mit

  • Sie schreiben den Text aus

Sind Sie weniger sicher, dann schreiben Sie das Manuskript aus – aber nach rechts oder links versetzt. Überall dort, wo Sie eine Pause machen wollen, zeichnen Sie einen Längsstrich ( ). Beim Referat  lesen Sie dann von Strich zu Strich,  nehmen Blickkontakt
auf  und sprechen wieder.   Außerdem schreiben Sie sich auf den freien Teil der Seite Stichwörter.   Sie können dann auch nur nach diesen Stichwörtern sprechen  – aber eben immer wieder aufs Manuskript, notfalls, zurückgreifen

 

  • Mischform

Sie können auch Karteikartenmodellbeispiel 1 mit Langtextbeispiel 2 kombinieren: Vorderseite Stichworte 1, 2, 3, 4 – Rückseite Manuskripttext!

 

Für alle drei Möglichkeiten der Gedächtnisstützen gilt die 3A-Formel:

Ansehen  –  Aufsehen  –  Aussprechen!

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