ist der Teil der ordentlichen Gerichtsbarkeit, bei dem es im Gegensatz zur streitigen Gerichtsbarkeit um eine vorsorgende Mitwirkung der Gerichte geht. Der Student ist gut beraten, wenn er die fG nicht als „Exotik“ zur Seite schiebt, sondern sich ein bisschen in sie einfühlt.

Nehmen wir an, Sie sind Erbe geworden und wollen einen Ausweis über Ihr Erbrecht, einen sog. Erbschein. Oder:  Sie wollen  ein Grundstück erwerben und gem. § 873 Abs. 1 BGB in das Grundbuch eingetragen werden. Oder: Sie gründen eine Handelsgesellschaft und wollen in das Handelsregister eingetragen werden. Oder stellen Sie sich vor: Zwei minderjährige Kinder verlieren ihre Eltern bei einem Flugzeugabsturz und benötigen einen Vormund. Oder: Ihre Großmutter leidet unter „Alzheimer“ und benötigt einen Betreuer. Oder: …

Alles Fälle, in denen Sie nicht vor Gericht gezwungen werden und Sie niemanden vor Gericht zwingen, sondern wo Sie gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen mehr oder weniger „freiwillig“ – ohne Gegner und Streit – begehren wollen oder müssen. Die Bezeichnung ist dem römischen Recht entnommen in wörtlicher Übersetzung des Begriffs „iurisdictio voluntaria“ (lat.: voluntas, freier Wille), welcher sich auf die staatliche Mitwirkung bei bestimmten Angelegenheiten wie z.B. der Freilassung von Sklaven bezog. Diese ursprünglich einvernehmliche Inanspruchnahme des Gerichts durch den Bürger zur Gestaltung seiner privaten Rechtsverhältnisse ist aber nur noch für einen Teil der fG-Angelegenheiten kennzeichnend.

Am 1.9.2009 ist das in 9 Büchern aufgeteilte Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) in Kraft getreten, das das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit v. 17.5.1898 (FGG) und das 6. Buch der ZPO über das Verfahren in Familiensachen abgelöst hat. Damit wurden das Recht der freiwilligen Gerichtsbarkeit und das Verfahren in Familiensachen in einer neuen, einheitlichen Verfahrensordnung kodifiziert.

Der Begriff der Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit wird formell bestimmt in § 23 a Abs. 2 GVG. Es handelt sich um die unter Nr. 1-10 enumerativ aufgezählten, den Amtsgerichten zugewiesenen (§ 23 a Abs. 1 GVG) Angelegenheiten. Beispielsweise:

 

Einen über den formellen Begriff hinausgehenden materiellen Begriff der freiwilligen Gerichtsbarkeit, der alle Verfahren erfassen würde, gibt es nicht. Eine materielle Gemeinsamkeit der Verfahrensgegenstände zeigt sich lediglich darin, dass der Gesetzgeber das Verfahren der fG aufgrund seiner spezifischen Regelungen (z.B. Untersuchungsgrundsatz, § 26 FamFG) und aus verfahrenswirtschaftlichen Gründen für sachgerechter hält als das Verfahren nach der ZPO ( Zivilprozess).

Zahlreiche Verfahrensvorschriften sind im materiellen Recht enthalten (vgl. für das Erbscheinsverfahren den § 2358 ff. BGB, für das Handelsregister den § 8 ff. HGB) oder Sondergesetzen zugewiesen (GVG und ZPO für Familiensachen; GBO für Grundbuchsachen; WEG für Wohnungseigentumssachen; das Beurkundungsgesetz für Urkundssachen).

Besonderheiten des fG-Verfahrens:

Die folgenden Spezifika des fG-Verfahrens skizzieren ein regelmäßig von den Förmlichkeiten der ZPO nicht eingeschränktes, äußerst flexibles Verfahren, das frei handhabbar und infolgedessen eher geeignet ist, dem Richter oder Rechtspfleger schnell und unkompliziert die sachgerechte Regelung von Interessen der Bürger zu ermöglichen.

 

Diese Besonderheiten erwiesen sich für bestimmte Rechtsangelegenheiten als Vorzüge und haben den Gesetzgeber mehr und mehr bewogen, von der Materie her grundverschiedene Angelegenheiten den fG-Verfahren zuzuordnen. Kennzeichnend hierfür ist, dass der Staat in unterschiedlicher Weise Rechtsfürsorge leistet.

Hier sind die „klassischen“ Angelegenheiten der fG, für die das vor Inkrafttreten des FamFG geltende FGG als Verfahrensgesetz ursprünglich geschaffen wurde:

 

Neben den spezifischen Besonderheiten des fG-Verfahrens und dem weitgespannten, oft unübersichtlichen Bogen der Zuweisung solcher Angelegenheiten macht es auch die Organisation der fG dem rechtssuchenden Bürger nicht einfach, seinen Weg zu finden. Grundsätzlich sind die Angelegenheiten der fG den Gerichten als Teilbereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit zugewiesen. Daneben wird aber das gesamte Urkundenwesen von den Notaren wahrgenommen.

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