ist im BGB eine einseitig empfangsbedürftige ➞ Willenserklärung, durch die eine Befreiung von der rechtlichen Bindung an eine Willenserklärung erfolgt, z.B. §§ 109 Abs. 1, 178, 168 S. 2 BGB.

Nach der Vorschrift des § 130 Abs. 1 S. 2 BGB wird die einem Abwesenden gegenüber abzugebende empfangsbedürftige Willenserklärung, auch wenn sie in vollständiger Form dem Empfänger zugeht, nicht wirksam, wenn diesem vorher oder gleichzeitig ein Widerruf der Erklärung zugeht. Der Erklärende soll also in der (meist) kurzen Zeitspanne zwischen ➞ Abgabe der Willenserklärung (auf den Weg bringen) und ➞ Zugang  (Erreichen des Machtbereichs) noch die Entscheidungsmöglichkeit über deren Wirksamwerden behalten. Er muss dann für die Wider-rufserklärung einen schnelleren, also überholenden oder gleichschnellen Übermittlungsweg wählen (Telefon, Bote, Telegramm, E-mail, Fax). Dieser Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass die Belange des Empfängers durch diesen Freiraum des Erklärenden nicht tangiert werden. Erfährt der Empfänger nämlich spätestens mit Zugang der Willenserklärung, dass diese nicht wirksam sein soll, so ist er durch den Widerruf nicht beeinträchtigt, weil er sich vorher noch nicht auf die Wirksamkeit der – ihm ja noch gar nicht zugegangenen – Willenserklärung hatte einstellen können.

Diese Überlegungen führen zu einem elementar wichtigen Grundsatz, der sich – neben anderen Fundstellen im Gesetz – sozusagen im ➞ Umkehrschluss aus § 130 Abs. 1 S. 2 BGB ergibt. Ist die Willenserklärung einmal wirksam geworden, so kann sie der Erklärende – von ganz bestimmten und engen Ausnahmen abgesehen – nicht wieder einseitig, etwa durch Widerruf, ungeschehen machen, sie quasi zurückholen. Er ist vielmehr an die Erklärung gebunden; sie ist wirksam! Das Gesetz musste diesen Grundsatz aufstellen, weil sonst im Rechtsverkehr für den Erklärungsempfänger nie Klarheit darüber bestünde, ob eine Erklärung wirksam bliebe oder nicht. Könnte der Werkunternehmer, der ein ➞ Angebot (also eine Willenserklärung) zur Errichtung eines schlüsselfertigen Hauses über 400.000 € abgegeben hat, den Betrag nach dem Zugang bei dem Bauherrn noch nach Belieben erhöhen, so könnte dieser weder einen verlässlichen Finanzierungsplan aufstellen noch sonst sachgerecht kalkulieren. Wegen der Schwierigkeiten der Kalkulation behält der Erklärende sich bei größeren Projekten allerdings nicht selten eine – begrenzte – Preiserhöhung vor. Diese Tatsache belegt aber gerade den obigen Grundsatz: Ohne einen solchen – zulässigen – Vorbehalt bliebe die Willenserklärung für den Erklärenden verbindlich. Man spricht in diesem Zusammenhang von der Bindungswirkung der wirksam abgegebenen Willenserklärung.