Anspruchsgrundlage

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gibt das Recht, von einem Anderen ein Tun oder Unterlassen fordern zu können, §§ 194, 241 BGB. § 194 Abs. 1 BGB verdichtet lautet: „Das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen, nennt man einen Anspruch.“ Das Recht (ergänzen Sie: eines Bürgers = Anspruchsteller), von einem anderen (ergänzen Sie: Bürger = Anspruchsgegner) ein Tun oder Unterlassen (ergänzen Sie: Anspruchsbegehren) zu verlangen, wird vom Gesetzgeber als „Anspruch“ (ergänzen Sie: Anspruchsgrundlage) bezeichnet. Lesen Sie zur Verdeutlichung die §§ 433 Abs. 1 und 2, 488, 604, 985, 816, 823, 812, 1004, 894 BGB! Eine „Anspruchsgrundlage“ des BGB ist also eine Antwortnorm auf die zivilrechtliche Fallfrage, die nach dem gleichen Muster gestrickt ist wie eine Antwortnorm des StGB: Kausalgesetze mit eingebautem Konditionalprogramm auf abstrakter, genereller Sprachebene. Eine Anspruchsgrundlage ist eine „vollkommene“ Norm. Sie ist deshalb vollkommen, weil die Rechtsfolge unmittelbar und vollständig auf den Sachverhalt einwirkt. Anspruchsgrundlagen sind immer der Ausgangspunkt jeder zivilrechtlichen Falllösung. Eine solche Anspruchsgrundlage ist z.B. § 823 Abs. 1 BGB. Legt man § 194 BGB auf § 823 Abs. 1 BGB, so sieht man, dass § 823 Abs. 1 BGB eine Norm ist, nach welcher der eine Bürger von dem anderen Bürger dann Schadenersatz (Rechtsfolge) verlangen kann, wenn die beschriebenen gesetzlichen Tatbestandsmerkmale vorliegen. Man hat also das Recht (Anspruch), ein Tun (Schadenersatzzahlung) zu verlangen, wenn … die Tatbestandsmerkmale, die Bausteine der Anspruchsgrundlage, gegeben sind: Rechtsgutverletzung, rechtswidrig, vorsätzlich oder fahrlässig und Schadenseintritt (von verwirrenden Kausalitäten wird bewusst abgesehen).

Gängigste Anspruchsgrundlagen sind:

1. Ansprüche aus Vertrag Primäre Vertragsansprüche: Das sind Ansprüche, die auf die mit dem Vertragsabschluss primär bezweckte Leistungspflicht des Schuldners abzielen (z.B. §§ 433 Abs. 1, 433 Abs. 2, 611, 631, 535, 488, 607 BGB). Sekundäre Vertragsansprüche: Dabei handelt es sich grob um Ansprüche, die wegen Nicht-, Zuspät- oder Schlechterfüllung entstehen und die man zusammenfassend Leistungsstörungen nennt (z.B. Unmöglichkeit, Verzug, Gewährleistung)

2. Vertragsnahe Ansprüche Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen wegen des Vertrauens in die Wirksamkeit einer Willenserklärung: § 122 BGB: Scherzgeschäft (§ 118 BGB) und Irrtumsanfechtung (§§ 119 Abs. 1 u. 2, 142 Abs. 1 BGB), § 179 Abs. 2 BGB: Der als Vertreter Auftretende kennt den Mangel seiner Vertretungsmacht nicht. Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen wegen Schäden auf Grund Verletzung vorvertraglicher Pflichten (c.i.c.: § 280 Abs. 1 i.V.m. §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB)

3. Ansprüche aus gesetzlichen Schuldverhältnissen Ansprüche aus unerlaubten Handlungen: Haftung aus verschuldetem Unrecht, § 823 Abs. 1 BGB: Rechtsgutverletzung „kleine Generalklausel“; § 823 Abs. 2 BGB: Objektiver und subjektiver Verstoß gegen ein Schutzgesetz; § 826 BGB: Sittenwidrige Vermögensschädigung „große Generalklausel“; Haftung aus unver- schuldetem Unrecht, § 829 BGB: Haftung ohne Verschuldensfähigkeit; Haftung aus rechtmäßigem, unverschuldetem Vorverhalten bei der Gefährdungshaftung, § 833 BGB: Tierhalterhaftung, § 7 StVG: Kraftfahrzeughalterhaftung, Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung: § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB: die Leistungskondiktion; § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB: die Eingriffskondiktion; § 816 Abs. 1 S. 1 BGB: die entgeltliche Verfügung eines Nichtberechtigten; § 816 Abs. 1 S. 2 BGB: die unentgeltliche Verfügung eines Nichtberechtigten. Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag, § 677 ff BGB: Ansprüche bei gerechtfertigter GoA, Ansprüche bei nichtberechtigter GoA.

4. Ansprüche, die dingliche Rechte oder den Besitz verwirklichen (dingliche Ansprüche) § 985 BGB Herausgabeanspruch § 1004 BGB Abwehranspruch § 894 BGB Grundbuchberichtigung § 771 ZPO Drittwiderspruchsklage §§ 861, 862, 1007 BGB Besitzansprüche

5. Vier Anspruchsgrundlagen braucht der Student in den ersten Wochen seines Studiums, das reicht: § 985 BGB (Herausgabe/Wiederholen), § 433 Abs. 1, Abs. 2 BGB (Kaufvertragserfüllung), § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB (Schadenersatz), § 812 Abs. 1 BGB (Ausgleich für ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen). (Schemata im BGB)

Neben den Anspruchsgrundlagen als vollkommene Gesetze kennt das BGB unvollkommene Normen.

Die Anspruchsgrundlage stellt die Geschichte des Klägers dar und ist sein juristischer Angriff. Die Gegennormen (Normen) sind die Geschichte des Beklagten und stellen seine Verteidigung dar.


Anstiftung ist gem. § 26 StGB das vorsätzliche Hervorrufen des Entschlusses bei einem Anderen zu dessen tatbestandlicher, rechtswidriger und vorsätzlich begangener Haupttat. (Täterschaft und Teilnahme)

Es ist immer mit der Prüfung des Haupttäters zu beginnen (Prinzip: „Täter vor Teilnehmer“). Das gebietet die Logik, da die Teilnahme akzessorisch ist. (Akzessorietät im StGB) Auch bei der Figur der Anstiftung bleiben wir streng im altbewährten dreigliedrigen Deliktsaufbau: Tatbestand – Rechtswidrigkeit – Schuld. (Struktur einer Straftat)

1. Tatbestand der Anstiftung Fremde Haupttat (Vollendung oder Versuch; auch dieser ist eine „vorsätzliche rechtswidrige Tat“ i.S. des § 26 StGB) Tatbestand der Haupttat Rechtswidrigkeit der Haupttat Vorsatz des Haupttäters

Bestimmen als Tathandlung Der Täter ist bestimmt, wenn der konkrete Entschluss in ihm hervorgerufen wird, sei es durch Geschenke, Versprechen, Drohung, Missbrauch des Ansehens oder durch Gewalt, absichtliche Herbeiführung oder Bestärken eines Irrtums, durch Überredung, Einwirkung auf den Willen in Form eines Wunsches oder einer Anregung.

Der Anstifter muss (mit-)ursächlich zur Tatbestandsverwirklichung beigetragen haben. Deshalb kann jemand, der ohnehin schon zur konkreten Tat fest entschlossen ist, nicht mehr angestiftet werden. In ihm kann kein Entschluss mehr hervorgerufen werden; er ist schon entschlossen, er ist schon bestimmt.

Beispiel: T erzählt A von seinen finanziellen Schwierigkeiten. A gibt T den Rat, seine Ehefrau E heute Nacht zu töten, dann sei er aufgrund der gesetzlichen Erbfolge aller Sorgen enthoben. T war ohnehin entschlossen, E um Mitternacht zu erschießen.

Eine vollendete Anstiftung scheidet für A aus, da in T kein Entschluss mehr hervorgerufen werden konnte. Er ist ein sog. Omnimodo facturus (lat.: ein zur Tat fest entschlossener Täter). In Betracht kommt allenfalls der Versuch einer Anstiftung gem. § 30 Abs. 1 StGB, da es sich bei Mord um ein Verbrechen handelt (vgl. § 12 StGB). Bei Vergehen scheidet die versuchte Anstiftung aus; zu denken ist dann aber an eine psychische Beihilfe. Derjenige, der nur zur Tat geneigt ist oder noch schwankt, die Tat zu begehen, kann angestiftet werden, da in ihm noch kein konkreter Entschluss vorhanden ist (gleiches Problem bei berufsmäßigen Killern).

Beispiel: A erzählt den stadtbekannten Einbrechern E1 und E2, die ihren Lebensunterhalt überwiegend aus Einbruchsdiebstählen finanzieren, dass heute Nacht bei Witwe Bolte niemand im Hause sei und sich die Kronjuwelen unter dem Bett befinden.

Das Bestimmen muss sich an einen bestimmten Adressaten richten und eine konkrete Haupttat betreffen.

Beispiele: Altkommunist Oskar ruft seinem Arbeitskollegen Jupp zu: „Mach alle Kapitalisten kaputt!“ – Konkrete Haupttat fehlt. Feministin Emma fordert „alle Leidensgenossinnen“ auf: „Treibt ab, wann immer ihr könnt!“ – Es mangelt an einem bestimmten Adressaten.


2. Rechtswidrigkeit der Anstiftung

3. Schuld des Anstifters

Schuldfähigkeit des Anstifters, vgl. §§ 19, 20 StGB

Vorsatz des Anstifters ist erforderlich; eine fahrlässige Anstiftung, mag sie noch so leichtfertig erfolgen, ist straflos. Dabei muss sich der Vorsatz immer auf sämtliche Tatbestandsmerkmale erstrecken, also bei der Anstiftung ein zweifacher sein. Man spricht von einem doppelten Anstifter-vorsatz. Er muss zum einen auf die Vollendung der fremden Haupttat gerichtet sein (fremde Haupttat), d.h. der Anstifter muss wollen, dass eine Verletzung des geschützten Rechtsgutes eintreten soll. Deshalb bleibt der Agent provocateur, der den Täter nur zur versuchten Tat veranlassen will, um ihn auf frischer Tat überführen zu können, straflos. Er will gerade nicht die Vollendung der fremden Haupttat. Äußerst problematisch ist die Behandlung der Strafbarkeit eines Täters, der durch tatprovozierendes Verhalten eines polizeilichen Lockspitzels zur versuchten Tat veranlasst worden ist. Richtig ist wohl, wie im amerikanischen Recht, ein Verfahrenshindernis anzunehmen (prozessuale Lösung). Bringt der Staat selbst durch erhebliche Einwirkungen den Menschen auf eine „kriminelle Bahn“, um ihn dann durch die Strafe wieder auf die „bürgerliche Bahn“ zurückzubringen, so handelt er rechtsstaatswidrig und für jeden Einsichtigen widersprüchlich. Der staatliche Strafanspruch ist durch ein solches Verhalten verwirkt und der Staat an einer Verfolgung durch ein Verfahrenshindernis gehindert. Zum anderen muss der Anstifter den Tatentschluss in dem Haupttäter hervorrufen wollen („bestimmen“). Nichtvorliegen von Entschuldigungsgründen (§§ 33, 35 StGB) Unrechtsbewusstsein

Kettenregeln zur Anstiftung Anstiftung zur Anstiftung ist Anstiftung zur Haupttat. Anstiftung zur Beihilfe ist dagegen Beihilfe zur Haupttat, ebenso wie Beihilfe zur Anstiftung ebenfalls Beihilfe zur Haupttat ist. Es wird jeweils aus der milderen Form heraus bestraft: das ist die Beihilfe. (Anstiftung „macht“ den Mörder: Beihilfe „hilft“ dem Mörder) Also: Anstiftung zur Anstiftung ist Anstiftung zur Haupttat, ungeachtet der Anzahl der Zwischenpersonen Beihilfe zur Beihilfe ist Beihilfe zur Haupttat Beihilfe zur Anstiftung ist Beihilfe zur Haupttat Anstiftung zur Beihilfe ist Beihilfe zur Haupttat

Umstiftung als Aufstiftung

Beispiel: Räuber R will Oma mit der Faust niederschlagen. Anstifter A sagt: „Sicherer ist es, wenn du eine Pistole mitnimmst.“ Das tut R dann auch.

Räuber R: §§ 249, 250 Abs. 1 Ziff. 1 a StGB: Klar! Und A? Meinung 1: R ist bezüglich des einfachen Raubes nach § 249 StGB „omnimodo fac-turus“ und kann nicht mehr „bestimmt“ werden. A haftet nur für die qualifizierenden Umstände, falls diese überhaupt strafbar sind. Meinung 2: A ist Anstifter zum schweren Raub gem. §§ 249, 250 Abs. 1 Ziff. 1 a, 26 StGB. Wird der zum Grunddelikt Entschlossene zur Tat in qualifizierter Form aufgefordert, so liegt danach eine Anstiftung („Auf-stiftung“/„Überstiftung“) vor. Denn die qualifizierte Tat ist eine eigenständige, im Unrecht nicht aufteilbare Tat. Diese vom BGH vertretene Meinung erscheint überzeugender.

Umstiftung als Abstiftung

Beispiel: Der Sektenführer „Banarama“ bewegt den zum Mord an seiner „ketzerischen“ Ehefrau fest entschlossenen Jünger Sarani unter Androhung ewiger Verdammnis dazu, diese nur körperlich zu misshandeln anstatt sie zu töten.

Anstiftung zur Körperverletzung gem. §§ 223, 26 StGB für „Banarama“? Wird der Täter veranlasst, statt eines qualifizierten Delikts das Grunddelikt zu begehen, z.B. einfacher Raub statt des geplanten schweren Raubes; einfache Körperverletzung statt gefährlicher Körperverletzung, sog. „Abstiftung“, so scheidet Anstiftung schon deshalb aus, weil der Täter hinsichtlich des leichteren Delikts ein „omnimodo facturus“ ist, da das Grunddelikt im qualifizierten Delikt notwendig enthalten ist. So müsste es auch im Verhältnis zwischen Mord und Körperverletzung sein, so dass „Banarama“ durch die Umstimmung des Sarani straflos ist; Sarani konnte nicht mehr „bestimmt“ werden. (Deliktsarten) Zur Abgrenzung von Täterschaft und Anstiftung siehe Täterschaft und Teilnahme.