(lat.: complexus, zusammengesetzt, aus vielen Elementen zusammengesetztes Ganzes). Eine wichtige juristische Lernregel lautet: Sie müssen Einfachheit gegen Komplexität stellen! Wie das geht? 

Ganz einfach! Lernen Sie einfach einfach! Lernen Sie intelligent! Intelligentes Lernen ist einfaches Lernen. Damit die juristischen Informationen Ihre Kurzzeitbarrieren überwinden können, müssen Sie Ihr Lernen entkomplizieren. Anderenfalls prallen sie ab! Es ist gar nicht so kompliziert, Ihr Lernen einfach zu machen. Es ist fast immer das „Viele“, das „Alles“ und das „Alles gleichzeitig“, was übereifrige Studenten wollen und damit ihr Gedächtnis blockieren. Komplexität kann aber nur reduziert werden, indem Sie weniger machen, priorisieren und die Dinge hintereinander „einfach“ lernen. – Warum? Weil der normale Student die Einfachheit braucht, wenn die Komplexität um ihn herum zunimmt. Der gute Student sucht nach der Einfachheit in der Vielheit, nach Übersicht, Ordnung und Struktur – er sucht das intelligente juristische Lernen. 

 

Was das Verständnis für einfaches Lehren in der Juristerei allerdings erschwert, ist der Aberglaube, juristische Dinge könne man nun mal nicht einfach ausdrücken: das wirke zu trivial, zu simpel. Aber: Die meisten Menschen verstehen keine komplizierten Probleme, sie verstehen nur einfache. Wahrscheinlich zählen auch die meisten Studenten dazu! Also sollten auch Sie die Probleme für sich so aufschließen, dass sie eine Reihe einfacher juristischer Gedanken ergeben. Das geht tatsächlich!

 

Komplex wird es für Sie als Jurastudent beim Jurastudium ja immer dann: 

 

So mancher Jura-Dozenten neigt neben der Illusion aller Menschen, dass das, was ihnen klar ist, auch anderen klar sei, gerne dazu, die Juristerei allzu sehr als einen gewaltigen, unendlich komplizierten und komplexen geistigen Apparat zu betrachten. Dieser könne nur durch außergewöhnlich scharfsinnige Geister, nämlich sie selbst, wahre Akrobaten des juristischen Denkens, beherrscht werden. Sie dozieren gerade so, als hätten sie sich verschworen, in olympische Regionen der Welt vorzudringen, in die ihnen kein studentischer Sterblicher nachfolgen könnte. So betrachtet und gelehrt, muss die Juristerei den Studenten in der Tat als etwas Fernes und Unerreichbares erscheinen, als etwas, das das studentische Fassungsvermögen übersteigt und in ihrer Komplexität jenseits des Begreifbaren liegt. 

 

Wie alle Präzisionshandwerke hat aber auch das juristische Lernen seine könnerhafte Meisterschaft. Ein Teil davon ist diese meisterliche Kunst, das juristische Wissen möglichst einfach ins Gedächtnis strömen zu lassen, um einfache Ankopplungen zu ermöglichen.

Es ist die Kunst,

Klarheit und Einfachheit zu bringen. Diese hohe Kunst setzt die aus Ihrer Fähigkeit zum logischen Denken geborene Fertigkeit voraus, die entscheidenden Punkte für Ihr erkennendes Lernen zu sichten und sichtbar zu machen und zunächst alles Überflüssige und Unwichtige wegzulassen. Diese Kunst kann man auch „Priorisierungsfähigkeit“ nennen. Egal wie: Man braucht dafür den Blick für das Wesentliche und Vorrangige und Übung, um dieses Vermögen zu erwerben und für sein Lernen souverän nutzbar zu machen. Ihr geistiger Zugriff muss zumindest im Anfang auf das Wesentliche ausgerichtet sein. Folglich muss eine gewaltige Datenreduktion stattfinden. Komplizierte Details müssen zu Beginn des Studiums weggelassen werden.

 

Damit Sie als Student nicht in der Flut solcher Details ertrinken, muss Ihr Bemühen darauf gerichtet sein, die beiden verschiedenen Welten der Wirklichkeit und der Gesetze in Ihrem Lernen zu vereinfachen. Bringen Sie Einfachheit in diese Komplexität(en), damit Ihre „Lernstunden“ zu „Sternstunden“ für Ihr Gedächtnis werden! Einfachheit ist im Anfang des Studiums der sicherste Weg, Jura dauerhaft im Gedächtnis zu verdrahten. Es ist der Weg jenseits von Komplexität. Der Weg der Einfachheit hat wenig zu tun mit den herkömmlichen Einwänden vieler juristischer Professoren. Einfach heißt keinesfalls leicht! Einfachheit bedeutet keineswegs Niveauverlust! Denn Änderungen hin zur Einfachheit erfordern verdammt viel Anstrengungen. Es ist für einen Dozenten viel leichter, juristische Institute kompliziert darzustellen und sich hinter Wortverhauen zu verstecken als sie einfach zu lehren. Die juristischen Lehr-Rituale, überwiegend verschachtelte Antworten auf einfache Fragen zu präsentieren, müssen Sie bald durchschauen. 

 

Kompliziert“ (lat.: complicare, zusammenfalten) sind die Dinge, wenn sie eben zusammengefaltet, verwickelt, umständlich, schwierig und beziehungsreich sind. Als „einfach“ dagegen wird bezeichnet, was leicht verständlich, entfaltet, eingängig, problemlos, unschwer, ohne Umschweife verstehbar ist.

 

Man kann nun die Juristerei durchaus als „komplex“ beschreiben, den Umgang mit diesem „System Recht und Gesetz“ als „kompliziert“. Kein Zweifel: Die Juristerei ist mit ihren vielen Elementen in ihrer beziehungsreichen Vielschichtigkeit und Verschiedenartigkeit ein komplexes System.

 

Eine Komplexitätskurve würde zeigen, was bei einer zunehmenden Zahl von Gesetzen mit ihren Tatbestandsmerkmalen und ihren vielschichtigen Beziehungen untereinander passiert: die Komplexität stiege progressiv.

 

 Um gegenzusteuern, müssen Sie zur Vermeidung steigender Komplexität die Komplexität beim Lernen reduzieren. Das entscheidende juristisch-didaktische Mittel, der Erfolgsfaktor für die Komplexitätsbeherrschung, ist die Reduktion der juristischen Komplexität auf juristisch einfache methodische und systematische Elemente des Gelernten zur immer wieder neuen und anderen juristischen Reproduktion der Komplexität, der Vielheit und Vielschichtigkeit. Das klingt so furchtbar „kompliziert“ und ist doch so „einfach“ zu übersetzen: 

 

die Zurückführung (Reduktion) 

der Vielschichtigkeit (Komplexität) 

auf die aus dem Gelernten gewonnenen Bestandteile (Elemente), 

mit denen Sie dann jederzeit in anderem Zusammenhang (bei einem anderen Fall!) 

die Wiedererzeugung (Reproduktion) 

der Gesamtheit der Merkmale (Komplexität) beginnen können

 

Sie müssen lernen, Einfachheit gegen Komplexität zu stellen! Das A und O des juristischen Lernens. Unser Gehirn hat nämlich ein großes Problem: Es ist von der Evolution nicht für komplexe Gegenstände gerüstet worden, sondern für einfache. Das Recht ist jedoch ein höchst komplexer Gegenstand, wie Sie inzwischen wissen oder doch erahnen. Sie können aber, wie jeder andere Mensch auch, nur einfache Strukturen und Programme in Ihrem Langzeitgedächtnis einspeichern! Das „Komplexitätsproblem“ muss gelöst werden. Trainieren Sie deshalb die Fähigkeit, 

erstens, einfache eigene Strukturen zu formen und diese dann untereinander mit Hilfe geeigneter „Strukturverwaltungsprogramme“ (Konditionalprogramm, Baumdiagramme, Stufentechnik und Assoziationsketten) zu verknüpfen, 

und zweitens, einfache Falllösungsprogramme für die Rechtsanwendung in Form von Gutachten und Subsumtion zu speichern

damit Sie so auch komplizierte Aufgaben bewältigen können. So werden Sie Ihr Experte für die erfolgreiche Vereinfachung der juristischen Komplexität. Denn so kommt Jura ins Gedächtnis! Der gute Student hat das begriffen, der schlechte nie!

Diese Weisheit müssen Sie jeden Tag neu für Ihre juristische Lern-Wanderstrecke als ständige Wegzehrung in den Rucksack packen. Wer diese „Reduktion- und ReproduktionFormel“ beherrscht, wird sein Lernen besser beherrschen und Lernerfolg haben.

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