besteht bei einer Schuldnermehrheit, bei der jeder Schuldner dem Gläubiger gegenüber verpflichtet ist, die gesamte Leistung zu bewirken, der Gläubiger sie aber insgesamt nur einmal zu fordern berechtigt ist, § 421 BGB. Ihre Begründung erfolgt entweder durch ➞ Vertrag, § 427 BGB – gemeinsame Taxifahrt, Wohngemeinschaft – oder kraft Gesetzes, z.B. gem. § 840 BGB bei ➞ unerlaubten Handlungen. Im Innenverhältnis zueinander sind die Gesamtschuldner ➞ grundsätzlich zu gleichen Anteilen verpflichtet.
Zum Fall: Lola gegen A auf weitere 200 €
Anspruchsgrundlage: §§ 433 Abs. 2, 427, 421 BGB
- Ein Kaufvertrag zwischen Lola und A ist zustande gekommen entweder direkt oder über § 164 Abs. 1 BGB
- Es stellt sich die Frage, ob eine
- teilbare Leistung (A haftet dann nach § 420 BGB nur für 200 €)
- oder eine Gesamtschuld vorliegt (A haftet dann nach §§ 421, 427 BGB für 600 €)
- Zwar handelt es sich bei Geld um eine teilbare Leistung, es liegt aber eine gemeinschaftliche vertragliche Verpflichtung gem. § 427 BGB von A, B und C vor. Dabei handelt es sich um getrennte Kaufverträge zwischen Lola und A, B und C, die aber subjektiv eine Einheit bilden.
- Also ist der Anspruch der Lola gegen A begründet
Fortsetzung: A zahlt weitere 200 € an Lola
- Wirkung für A: § 433 Abs. 2 BGB gem. § 362 BGB durch Erfüllung erloschen.
- Wirkung für B und C: Die jeweiligen Ansprüche der Lola aus §§ 433 Abs. 2, 421, 427 BGB sind gem. §§ 362, 422 BGB erloschen.
Fortsetzung: A verlangt von B und C je 200 €
- Anspruch aus eigenem Recht: § 426 Abs. 1 BGB:
A, B und C sind Gesamtschuldner, im Zweifel gleiche Teile als Ausgleichsquote, es ist nichts anderes bestimmt (z.B. wenn A intern gesagt hätte: „Geht alles auf meine Kappe!“), A hat gezahlt, wodurch sich der vorherige Befreiungsanspruch in einen Zahlungsanspruch umwandelt, A hat mehr gezahlt, als es seinem Haftungsanteil (200 €) im Innenverhältnis entspricht.
- Anspruch aus fremden Recht: §§ 426 Abs. 2, 433 Abs. 2, 412 BGB
Die Ansprüche der Lola gegen B und C gehen kraft Gesetzes auf A über.
Juristisches Kuriosum: Die erloschenen Ansprüche (s.o.) sind zwecks internem Übergang doch nicht erloschen!
Beispiel 2: A, B und C kommen auf dem Nachhauseweg am Haus ihres verhassten Professors vorbei und A wirft unter dem Beifall von B und C dessen Scheibe zum Wintergarten ein. Prof. verlangt von B als dem Vermögendsten 3000 € Schadenersatz.
Anspruchsgrundlage: §§ 840 Abs. 1, 830 Abs. 1, 2, 823 Abs. 1, 421 BGB
Gem. § 823 Abs. 1 BGB müsste zunächst B gehandelt haben. B hat nicht geworfen, vielmehr A. B muss sich die Handlung des A als Mittäter, mindestens Gehilfe, aber gem. § 830 Abs. 1, 2 BGB zurechnen lassen. Der Schadenersatzanspruch ist gem. § 249 S. 2 BGB auf Geld, also eine teilbare Leistung gerichtet, § 420 BGB. Es liegt aber der Fall einer gesetzlichen Gesamtschuld gem. § 840 BGB vor. – Also kann Prof. von B 3000 € verlangen.
Fortsetzung: B zahlt an Prof. 3000 €
- Außenverhältnis
B wird frei gem. § 362 Abs. 1 BGB
A und C werden frei gem. §§ 422 Abs. 1, 362 Abs. 1, 823 Abs. 1, 830 Abs. 1, 840 BGB
- Innenverhältnis
- ● § 426 Abs. 1 BGB, gerichtet auf Ausgleichsquote (i.Zw. gleiche Teile). Der mit Begründung des Gesamtschuldverhältnisses entstandene Befreiungsanspruch hat sich mit Zahlung der Gesamtschuld in einen Zahlungsanspruch umgewandelt.
- ● § 426 Abs. 2 BGB i.V.m. den kraft Gesetzes übergegangenen Ansprüchen des Prof. gegen A und C gem. §§ 823 Abs. 1, 830, 840, 421 BGB
Warum gibt es den § 426 Abs. 2 BGB überhaupt neben dem § 426 Abs. 1 BGB? – Sehen Sie selbst!
Die Freunde A und B kaufen bei Händler H gemeinsam einen Porsche für 100.000 €. Der Schwiegervater des B verbürgt sich schriftlich für seinen Schwiegersohn. Als H Zahlung verlangt, zahlt A 100.000 € an H. A verlangt von B Zahlung i.H.v. 50.000 €.
Fortsetzung: Als B sich als zahlungsunfähig erweist, wendet sich A an den Schwiegervater. Der erklärt: „Wie komme ich dazu, zu zahlen. Habe mit Dir keinen Bürgschaftsvertrag geschlossen!“