Können Sie gleichzeitig lachend und wütend aussehen? Das können Sie nicht! Reaktionsweisen, die gleichzeitig ausgelöst werden und miteinander unvereinbar sind, schwächen, ja hemmen sich gegenseitig. Dabei setzt sich die stärkere Reaktion brutal durch – entweder man lacht oder man ist böse, je nachdem, welches Gefühl die Oberhand behält. Wissenschaftler sprechen hier vom Prinzip der reziproken Hemmung. Die unterlegene Reaktion wird von dem Kurzzeitgedächtnis geblockt und hat keine Chance, ins Langzeitgedächtnis zu gelangen. Für das ➞ Lernen des juristische Lernens heißt das, dass jede Art starker emotionaler Erregung, aber auch fehlende Abwechslung im Stoff, die biochemischen Prozesse des Lernens im Gehirn stört und dadurch die für das Lernen notwendige Speicherung des Jurastoffes im ➞Gedächtnis verhindert.

 

Sie werden also überhaupt keinen Lernerfolg erzielen, wenn Sie unmittelbar nach einem Ärger mit Ihrer Familie, Ihrem Freund, Ihrem Dozenten mit dem Lernen beginnen, weil Ihr Gedächtnis verbarrikadiert ist. Die Barrikade heißt: starke Emotion. Sie lassen den Ärger am besten erst abklingen, um die Lernhemmungen, die ein Behalten beeinträchtigen und eine Blockade bewirken, auszuschalten. Ein dumpfes, depressives Brüten über einem Gesetz, das Sie immer missmutiger werden lässt, wäre die notwendige Konsequenz und brächte Sie nicht weiter! Ihre Kurzzeit- und Ultrakurzzeitgedächtnisfilter lassen nichts zum Langzeitgedächtnis durch. Hier ist es um der Effektivität des juristischen Lernerfolges willen wichtig, Ihre Arbeitszeitpläne flexibel zu handhaben. Setzen Sie den Stoff einfach vom Tageslernplan ab und verschieben Sie ihn auf freie Kapazitäten am Wochenende. (Aber: Suchen Sie sich nicht ständig Ausreden!) (➞ Studienalltag)

 

Auch eine direkt nach Ihrem Lernprozess auftretende starke Erregung kann die endgültige Verdrahtung im Langzeitgedächtnis verhindern und eine noch nicht fest verankerte Information sogar wieder löschen. Haben Sie Ihr Pensum gut gelernt, in der Pause aber mit Ihrem Freund eine schwere Auseinandersetzung abgewettert, so kann das zum teilweisen Vergessen des vor dem Krach Gelernten führen. Die sog. retrograde Amnesie, das vollständige Vergessen von Ereignissen, die einem Schock, wie z.B. durch einen Unfall, vorausgegangen sind, stellt dieses Phänomen in extremster Form dar. Die Konsequenz?  – Lernen Sie nie bei Liebeskummer!

 

Interessant für das juristische Lernen ist nun, dass solche hemmenden Blockaden nicht nur bei affektiven Einflüssen entstehen, sondern besonders auch dann, wenn die hintereinander geschalteten Lerninhalte ähnlich strukturiert und die Lernmethoden gleich sind. Man spricht hier von sog. „Ähnlichkeitshemmungen“. Haben Sie sich also stundenlang mit dem BGB-AT beschäftigt, so müssen Sie abbrechen, eine Pause einlegen und mit dem Sachenrecht beginnen. Haben Sie stundenlang theoretischen Stoff des StGB  „gefressen“, müssen Sie abbrechen, eine Pause einlegen und mit einem praktischen Fall beginnen. Sie müssen sich Abwechslungen in Ihrem Lernprogramm schaffen, indem Sie von der Theorie auf den praktischen Fall, vom Schuldrecht auf das Familienrecht, vom StGB auf das Sachenrecht wechseln. Tun Sie das nicht, dann werden nachfolgende Lernprozesse durch vorausgehende behindert, ähnlich strukturierter Lernstoff überlagert sich oder löscht sich gar aus. Je ähnlicher die Lerninhalte A und B sind, je gleichförmiger Ihre Lernformen und Lehrmeister daherkommen und je geringer der zeitliche Abstand zwischen den Lerneinheiten ist, desto stärker ist die Hemmung.

Achten Sie darauf, die verschiedenen Gebiete des Lernstoffes  auf Ihre Lernzeit so zu verteilen, dass Stoffstrukturen und Konzentrationsgrad variieren! Wechseln Sie die Lernmethode: lesen, wiederholen, Karteikarten, schreiben am eigenen Skript, üben am Fall! Die Römer wussten: Varietas delectat –Abwechslung erfreut!