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Bestimmtheitsgrundsatz

ergibt sich aus der Verfassungsgarantie des Art. 103 Abs. 2 GG, nach der die Tatbestandsmerkmale, die die Strafbarkeit kennzeichnen und beschreiben, ebenso genau bestimmt sein müssen wie die Rechtsfolgen. Unbestimmte und inhaltsleere Floskeln, die alles dem Richter überlassen, was die Voraussetzungen und die Folgen strafbaren Verhaltens anbelangt, sind somit verfassungswidrig. Neben dem Rückwirkungsverbot („bevor“) erfasst die Garantiefunktion des Art. 103 Abs. 2 GG diesen Bestimmtheitsgrundsatz („gesetzlich bestimmt“). Anders ist es in den anglo-amerikanischen Rechtssystemen, die weitgehend auf Gewohnheitsrecht oder auf Richterrecht beruhen und nicht kodifiziert sind. 

 

Beispiel: Unterstellen wir, der Gesetzgeber erließe wegen der zunehmenden Feindseligkeiten gegen die in Deutschland gebauten Atomkraftwerke folgendes Gesetz: „Wer gegen die Interessen der Atomenergie handelt, wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe  bestraft.“

 

Dieses Gesetz wäre sowohl in seinem Voraussetzungs- als auch in seinem Rechtsfolgenteil mit Art. 103 Abs. 2 GG nicht vereinbar und folglich verfassungswidrig. 

Leider neigt der Gesetzgeber im Interesse einer flexiblen Anpassung an den Einzelfall in bedenklichem Maße dazu, das Präzisierungs- und Konkretisierungsgebot nicht strikt anzuwenden. Es sei z.B. einmal anempfohlen, die Möglichkeiten auszurechnen, die einem Richter bei der Festsetzung der Strafe für einen Diebstahl zur Verfügung stehen (vgl. §§ 242, 243, 40 Abs. 1 S. 2, 38, 39, 54 Abs. 2 S. 2 StGB).

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