(lat.: Einladung zur Abgabe eines Angebots) ist selbst noch kein Angebot, weil der erforderliche Rechtsbindungswille fehlt.

 

Beispiel: Der Vermieter V gibt in der Wochenendausgabe der örtlichen Tageszeitung eine Annonce auf mit folgendem Text: „Vier-Zimmer-Wohnung in der Aachener Str. 104, 3. Obergeschoss, ab 1. September für monatlich 800 € zu vermieten.“

 

Diese Erklärung enthält alle Essentialia negotii (lat.: wesentliche Vertragsbestandteile) eines Mietvertrages. Dennoch liegt kein Angebot vor, weil ein verständiger Leser der Annonce nicht annehmen kann, dass V an seine Erklärung gebunden sein will. Ihm fehlt der sog. Rechtsbindungswille. Das ergibt sich aus folgender Überlegung: Würde es sich um ein wirksames Angebot handeln, so wäre dieses wirksame Angebot gegenüber jedem Zeitungsleser abgegeben. Es könnte also eine unübersehbar große Anzahl von Interessenten durch die einfache Erklärung: „Ja, ich möchte die Wohnung zu den in der Zeitung abgedruckten Bedingungen mieten“ einen Mietvertrag mit V schließen. Es kämen dann unübersehbar viele Mietverträge zustande, die V gar nicht alle erfüllen könnte. Beim ersten Anrufer käme der Vertrag schon zustande – allen Folgenden gegenüber würde V schadenersatzpflichtig. Im Übrigen entfiele die Wahlmöglichkeit für V, wen er für seine Wohnung als geeignet ansieht und wen nicht.

Es kann – wie das vorstehende Beispiel zeigt – bei einem Zeitungsinserat keinesfalls  von einem Angebot ausgegangen werden. Vielmehr handelt es sich um eine Vorstufe zu einem Angebot: V stellt den Abschluss eines Mietvertrages in Aussicht und signalisiert durch die Anzeige, dass er entsprechenden Angeboten entgegensehe. Man spricht in diesen Fällen von einer „invitatio ad offerendum“, also einer „Einladung zur Abgabe eines Angebotes“.

Solche „Einladungen zur Abgabe eines Angebotes“ liegen regelmäßig in der Zusendung von Katalogen und Prospekten, in Schaufensterauslagen oder dem Ausliegen von Speisekarten. Hier werden jeweils einer unbestimmten Vielzahl von potenziellen Kunden Leistungen vorgeschlagen. Es liegt auf der Hand, dass ein Restaurantbesitzer sich mit seiner „Offerte“ auf der Speisekarte „Wachteln mit Sektkraut“ nicht nach § 145 BGB binden will, wenn ein kompletter Kegelclub das Restaurant stürmt und diese doch nur begrenzt vorrätige Speise bestellt. Geht der Restaurantbesucher auf eine Speise ein und nimmt eine Bestellung vor, so geht jetzt das Angebot von ihm aus. Der Restaurantbesitzer hat also noch die Freiheit, ob er den Vertrag über die Wachteln abschließen will oder nicht. Erst durch die Auftragsbestätigung des Restaurantbesitzers kommt der Vertrag zustande, da erst hierin die Annahme zu sehen ist.

Der Inhalt der Invitatio ad offerendum erlangt allerdings Bedeutung bei der Auslegung des sich anschließenden Angebotes. Dieses auf die „Einladung“ reagierende Angebot nimmt nämlich regelmäßig stillschweigend auf die Invitatio Bezug. Durch den Satz „Ich möchte die Wohnung aus der Zeitung mieten“ oder „Ich nehme Wachteln mit Sektkraut“ gibt der Interessent ein vollständiges und präzises Angebot ab. Denn er bezieht den Inhalt der Annonce bzw. der Speisekarte (Preis!!), die ihrerseits alle Essentialia negotii des Miet- bzw. Kaufvertrages enthalten, in seine Willenserklärung (Angebot) ein (§§ 133, 157 BGB).