- Machen Sie sich öfter als bisher klar, warum Sie eigentlich die juristische Ausbildung betreiben: „Ich will einen guten, sicheren Beruf haben, Sozialprestige und Unabhängigkeit im weiteren Leben erlangen.“ Verstärken Sie diese sozialen Motive! Beim Berufswunsch spielen rationale ebenso wie emotionale Beweggründe eine Rolle. Manche tragen durchs ganze Studium, manche zerplatzen wie Seifenblasen. Wichtig ist, dass Sie Ihre Motive öfter überdenken, nachjustieren oder sich auch eingestehen müssen, dass Sie einem Irrtum aufgesessen sind. Denn: Viele haben Jura auch mangels besserer Alternative gewählt.
- Suchen Sie nach neuen Motiven! Häufig ist das unmittelbare Anwenden des Erlernten eine gute Chance, um kleinere Erfolge und Belohnungen für sich zu schaffen. Lösen Sie mehr kleine Fälle, diskutieren Sie mehr auch über privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Themen, lesen Sie eine überregionale Tageszeitung immer mehr unter juristischen Blickwinkeln, versuchen Sie Ihre Familie in erbrechtlichen Fragen zu beraten, bilden Sie mit Kommilitonen eine Lern- und Diskutiergruppe. Wozu man vom Erlebnis her keinen Zugang hat, dafür hat man meist kein Ohr. Schaffen Sie sich bald solche vergnüglichen Erlebnisse!
- Bauen Sie die Abneigungen gegen das BGB mehr und mehr ab! Diese Abneigung hat wahrscheinlich eine lange Vorgeschichte. Analysieren Sie ihre Entstehung! Ihre Eltern waren auch schon immer gegen den „Papierkrieg“, den „Geschäftskram“, das verdammte „Kleingedruckte“. Forschen Sie nach, ob Sie nicht deren Vorurteile einfach nur übernommen haben, die für Sie heute aber nicht mehr gelten. Alles, was Sie an Aversionen abbauen können, verstärkt automatisch Ihre Lernmotivation.
- Flachen Sie von Anfang an die oft bei Anfängern zu beobachtende Widerwilligkeit gegen das öffentliche Recht ab! Übertragen Sie mögliche negative Erfahrungen aus der Schule nicht zu Unrecht auf diese neue Lernaufgabe. „Grundgesetz, Staat, Stadtverwaltung, Politik überhaupt – interessieren mich nicht.“ Doch, tun sie! Schließlich sind Sie ein Mitglied dieser staatlichen Gemeinschaft, die sich Bundesrepublik Deutschland nennt. Wollen Sie da nicht wissen, wie sie funktioniert? Tausende von Beamten wenden täglich Gesetze an. Sind Sie da gar nicht neugierig, wie sie entstehen? Verwaltungsrecht ist nicht das Recht der Verwaltung, sondern überwiegend das Recht des Bürgers gegen die Verwaltung. Polizeirecht, Sozialrecht, Ausbildungsförderung, Daseinsvorsorge in Form von Krankenhäusern, Kindergärten, Schulen, Unis, Friedhöfen – kein Interesse? Das kann nicht sein – und ist auch nicht so!
- Auch die Neugier auf das, was alles Recht ist und die immer wiederkehrende Span-nungssuche im „System Jura“, das Aufspüren der Gerechtigkeit und der Moral in „Recht und Gesetz“, die detektivische Erkundungsfreude im Lösen von Fällen, das Spielerische im Gutachtenstil und in der Subsumtionstechnik, der sportliche Wettkampfcharakter in Klausuren motivieren.
- Die Angst vor der Langeweile, vor dem Gefühl des Nichtausgefülltseins jetzt und im ganzen Leben (ohne den vorgenommenen Abschluss) erzwingen ebenfalls starke Lernmotive.
- Machen Sie aus jedem juristischen Fall, den Sie lösen, eine Denksportaufgabe! Auch bei ihr ist nicht die Erkenntnis das Vergnügen, sondern der Weg des Erkennens!
- Das Motiv der Motive ist und bleibt aber: Vergessen Sie nie, dass Sie etwas Besonderes werden wollen! Dass das Jurastudium die Basis für Ihr weiteres Leben ist.
Diese Motivationstipps werden nicht immer für die tägliche Überwindung jenes gesunden Selbstmechanismus, den man im Soldatendeutsch den „inneren Schweinehund“ nennt, genügen. Aber eines hilft schon mal: Stecken Sie sich einen Zettel hinter Ihren Badezimmer-Spiegel mit dem Satz: „Vergiss nie, dass du Jurist werden willst!“ – dann müssen Sie sich vielleicht die Arbeit am juristischen Stoff in Zukunft niemals als „Gewaltakt“ abringen. Die Zugkraft von Zielen wächst, wenn man sie an- oder aufschreibt. Das weckt Optimismus, der das zieldienliche Handeln erleichtert.