Sie umfasst alle Angelegenheiten, die nach der Rechtsordnung persönlich und sachlich unabhängigen Richtern zur Erledigung zugewiesen sind. Sie erfolgt zur Wahrung der ➞ Rechtsordnung und des ➞ Rechts und zur Gewährung von Rechtsschutz. Nach Art. 92 GG ist die rechtsprechende Gewalt den ➞ Richtern anvertraut. Sie wird durch das Bundesverfassungsgericht, die Bundesgerichte BGH, BSG, BAG, BVerwG, BFH und durch die Gerichte der Länder (AG, LG, OLG; VG, OVG; ArbG, LArbG; SG, LSG; FinG) ausgeübt. Die Rechtsprechung manifestiert sich, soweit es den Studenten interessiert, in einem ➞ Urteil (alt. Beschluss), der häufigsten Form gerichtlicher Entscheidungen. Im ➞ Strafprozess geht es um die Entscheidung des Strafgerichts über die Strafbarkeit und die Bestrafung des Angeklagten, im ➞ Zivilprozess um die des Prozessgerichts über den Klageanspruch des Klägers. Jeder einzelnen Rechtsprechung liegt Rechtsanwendung und ein Rechtsfindungsprozess zugrunde. Ein Teil der Rechtswissenschaft geht dabei davon aus, dass das Gesetz stets nur eine einzige richtige Entscheidung für den konkreten Fall liefern könne und die Richtigkeit dieser einzig möglichen Entscheidung im ➞ Gesetz selbst begründet sei. Es handele sich um einen intellektuellen Akt des Klärens ausschließlich durch den Verstand des rechtsanwendenden Organs. Der Rechtsanwendungs- und Rechtsfindungsvorgang sind jedoch ein komplexerer Prozess, bei dem das Gesetz keine vollständige Vorbestimmung für die Entscheidung bietet. Es fließen unterschiedliche Aspekte mit verschiedener Gewichtung in die Rechtsfindung ein: Neben der bewähren Rechtslehre sicherlich auch unterschiedliche Vorverständnisse, Wertvorstellungen und Persönlichkeitsstrukturen bei der Auslegung der Gesetze durch die Richter.

Für den Studenten ist wichtig, wo er die Entscheidungen der Rechtsprechung finden kann.

Offizielle Entscheidungssammlungen bilden in Deutschland nur das Bundesgesetzblatt (BGBl.), in dem gem. Art. 31 BVerfGG Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts abgedruckt werden, ferner das BStBl. für Entscheidungen des Bundesfinanzhofes. Ansonsten sind die Sammlungen nicht offiziell, weil sie von privaten Verlagen vertrieben werden. Allerdings werden die Entscheidungen, die in der Sammlung veröffentlicht werden, von Mitgliedern des Gerichts ausgesucht. Entscheidungssammlungen bestehen für das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE, Mohr), den Bundesgerichtshof (Heymanns) in Zivilsachen und Strafsachen (BGHZ und BGHSt), das BVerwG (BVerwGE, Heymanns) sowie für das Bundesarbeitsgericht (BAGE, de Gruyter), das Bundessozialgericht (BSG, Heymanns) und den Bundesfinanzhof (BFHE, Stollfuss). Darüber hinaus haben die Oberlandesgerichte und Oberverwaltungsgerichte eigene Entscheidungsreihen. BGHZ und BGHSt sind inzwischen auf CD-ROM verfügbar.

Entscheidungen lassen sich über Datum und Aktenzeichen feststellen, nicht dagegen über die Parteinamen, da diese in Deutschland üblicherweise nicht genannt werden.

Nicht nur Gesetze, sondern auch Entscheidungssammlungen werden darüber hinaus als inoffizielle Entscheidungssammlungen von privaten Verlagen herausgegeben. Das hat den Vorteil, dass diese Sammlungen die Entscheidungen nicht nur  chronologisch, sondern auch durch Stichwörter alphabetisch und systematisch nach Paragraphen erfassen. Mit über 15.000 Seiten am umfangreichsten ist die „Deutsche Rechtsprechung. Entscheidungsauszüge und Aufsatzhinweise für die juristische Praxis (DRspr. Deutscher Rechtsprechungs Verlag GmbH)“. Sie enthält eine kurze Wiedergabe der Entscheidung in Schlagworten und Hinweise, wo sie an anderer Stelle veröffentlicht ist. Ähnlich umfassend ist die Sammlung von „Lindenmaier/Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs (LM, C.H. Beck)“. Schließlich gibt es Entscheidungssammlungen, die sich auf bestimmte Rechtsgebiete spezialisieren, wie das „Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (NBVerfG, Decker).

Von der Praxis weitgehend benutzt werden allerdings die ausführlicher wiedergegebenen Entscheidungen in den juristischen Zeitschriften. Zu nennen sind hier vor allem die „Neue Juristische Wochenschrift (NJW)“, die „Juristenzeitung (JZ)“, aber auch die „Monatsschrift des deutschen Rechts (MDR)“. Bei JURIS finden sich alle Entscheidungen der amtlichen Sammlung im Volltext, zahlreiche andere dagegen nur auszugsweise. Von JURIS gibt es die höchstrichterliche Rechtsprechung auf CD-ROM (Juris data discs Nr. 1-5). Eine Auswahl von BGH- bzw. BVerfG-Entscheidungen auf CD-ROM findet man bei BGH-DAT (Heymanns) sowie als NJW-höchstrichterliche Entscheidungen-CD und BVerfG-CD (C.H. Beck).

Die Veröffentlichung einer Gerichtsentscheidung dauert oft Monate, zumindest aber Wochen. Deshalb sollte man wissen, dass man Gerichtsentscheidungen mit Nennung von Datum und Rechtssache direkt beim Gericht anfordern kann. Entsprechende Eildienste bieten auch der Boorberg Verlag und die ZIP (Verlag Kommunikationsforum Recht, Wirtschaft, Steuern). Vorabdrucke finden sich auch in den Umschlagseiten juristischer Zeitschriften wie NJW und JZ.