Scheitern im Erstsemester

Aus Jura Base Camp
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Verkrampfen, verzweifeln, verzagen, verbeißen – scheitern. Bitte kein Ende gleich im Anfang! Es gibt zwar „gute Gründe“ für ein Scheitern schon gleich im Anfang des Jurastudiums. Solche Gründe zu leugnen, hilft nicht über die Tatsache ihres Daseins hinweg. Aber wer sie kennt, kann sie bekämpfen. Doch zunächst: Warum sollte es sich für einen jungen Jurastudenten überhaupt lohnen, sich mit „guten Gründen“ für ein „Scheitern“ im Jurastudium herumzuschlagen?

● Vielleicht deshalb, weil man vom Scheitern lernen kann, wie man nicht scheitert? ● Vielleicht deshalb, weil man nicht nach zwei oder mehr Semestern wieder da ankommen will, wo man aufgebrochen ist? ● Vielleicht deshalb, weil einem dann die Not des deprimierenden „Sich-für-dumm-Haltens“ erspart bleibt und man vor Sinnfragen im Studium bis auf Weiteres sicher ist? ● Vielleicht deshalb, weil sich dadurch ein „langer Wille“ konstituiert, um ein hochkomplexes Jurastudium über weite Zeitstrecken erfolgreich zu bestehen? ● Vielleicht deshalb, weil die Kenntnis über Maßnahmen zur Abwendung oder zu- mindest Eindämmung schwebender Scheiterungsgründe zu den Klugheitsregeln eines geglückten Juraeinstiegs gehören? ● Oder vielleicht deshalb, weil man befähigt wird, ohne Angst, aber mit Lust und Passion den langen Marsch auf den Wegen der juristischen Denk- und Arbeitsweise anzutreten?

Vielleicht? Nein, ganz und gar nicht vielleicht, sondern gerade deshalb!


Hier nun 13 gute Gründe für ein frühes Scheitern im Jurastudium:

1. Die Unfähigkeit, die außergewöhnliche Komplexität des rechtlichen Lernspektrums zu reduzieren und immer wieder auf einfache Alternativen zurückzuführen. Die Reduzierung ist mitnichten eine Banalisierung der Juristerei, sondern die via regis. ( Einfachheit gegen Komplexität)

2. Die Neigung zur Beibehaltung bestehender, oft antiquierter, schulischer Wissensaneignungsverfahren, statt sich eine moderne, völlig neue Lernorganisation durch spezifische-juristische Lernprozesse zu schaffen. Der Student scheitert am Übergang vom Schüler zum Jurastudenten, weil er zu lange an der ausgelebten Schülergestalt festhält. (Lernen des juristischen Lernens)

3. Der notorische Mangel an fundierter und vor allem fundierender Ausbildungsliteratur und didaktisch qualifiziertem Lehrpersonal. Am Anfang müssen die besten Professoren lehren, danach genügen auch die anderen. (Literatur Professor)

4. Die Schwierigkeit, den Nutzen von Vorlesungen zu realisieren. Zu Deutsch: Der Dozent redet an den Studenten vorbei. (Vorlesung)

5. Die Erkenntnis, dass nicht das Wort des Professors, sondern das des Gesetzes im Mittelpunkt des Interesses stehen muss. Die Primärliteratur ist das Gesetz, das A und O der Juristerei; alles andere ist Bei- und häufig genug Blendwerk. Der Student geht zu selten den Weg vom Gesetz zur Literatur, vielmehr zu häufig den in umgekehrter Richtung. (Gesetze)

6. Das fehlende Gefühl, wie man juristische Gesetze und Probleme auseinander nehmen, strukturieren und Schwerpunkte setzen muss. Hinzu kommt eine unsystematische Denk- und Arbeitsweise. (Gutachten MethodeSystematisierung Subsumtion)

7. Dem schlechten Beispiel mittelmäßiger Professoren folgend drängt man danach, die juristische Komplexität immer komplexer zu machen, ein sicherer Weg zum Scheitern! Am Ende ist man nicht mehr in der Lage, irgendwelche Entscheidungsalternativen zu erkennen. Die juristische Welt ist mit wuchernder Komplexität vernagelt. Der Student findet keinen Eingang. (Baumdiagramm)

8. Eine Studienstrategie in Form kurz-, mittel- und langfristiger Studien- und Lernziele wird vermisst. Es fehlt an einer dauerhaften Planung und an den notwendigen Priori-sierungen. (Studienalltag Studienabbruch)

9. Dem Studenten fehlt es an einer Klausurentechnik. Es mangelt an der notwendigen Umsetzungskompetenz von globalem Wissen auf lokales Handeln in Klausuren. Der Student hat nicht gelernt, wie er sein Wissen klausurentechnisch auf den Fall anwenden muss. Ihm fehlt die Methode! Er kann sein „Schreibwerk“ nicht gut genug „verkaufen“. (Klausur)

10. Sprachlosigkeit und Konturlosigkeit im juristischen Schreibwerk führen zu Erfolglosigkeit. Man ist zu wenig in der Lage, in Klausuren sein Wissen so aufzubereiten, dass es in „Form“ kommt und gefällt. Den Weg zur flüssigen Darstellung und zur überzeugenden Präsentation ist man nie zu Ende gegangen. (Klausurensprache Juristensprache)

11. Die Ignoranz mancher Studenten gegenüber den überlebensnotwendigen Sekundärtugenden: Ordnung, Fleiß und vor allem Disziplin. Sie wissen nicht, dass diese Sekundärtugendresistenz noch verheerendere Folgen hat als fehlende Intelligenz. Sekundärtugendgesteuerte Studenten sind erfolgreicher als die nur Intelligenten. Sich ausschließlich auf die Intelligenz zu verlassen ist der verlässliche Ausgangspunkt des Scheiterns. (Eignung zum Jurastudium)

12. Das ewig wiederkehrende Spiegeln des Lebensausschnitts (Fall) im Gesetz, das wunderbare methodische Spiel mit Gutachten und Subsumtion, Auslegungen und Definitionen, Analogien und Umkehrschlüssen kann der Student nicht mitspielen. Er scheitert im Chaos der methodischen Spielregeln. Er merkt zu spät, dass die Anwendung des Gesetzes auch handwerkliche Tätigkeit ist und nur am Fall erfolgen kann.

13.Der Student schaut dem Korrektor niemals über die Schulter. Er gewinnt keine Klarheit über die Genealogie einer Note und entwickelt keine Vorstellungen über die Bewertungskriterien, die ent-„scheidenden“ Maßstäbe der juristischen Benotung. (Beurteilung juristischer Leistungen)

Laufen Sie deshalb nicht gleich weg! Es gibt Tausende von exzellenten Juristen, die am Anfang genauso verzweifelt waren wie manch einer der Jurabeginner. Das nur zum Trost! Auch kann niemand einen mittelmäßigen Schüler hindern, als exzellenter Jurastudent sein Lernverhalten zu ändern. Der Nachteil, dass man aus der Schule nichts für Jura mitbringt, ist umgekehrt ein großer Vorteil: Alle stehen am Start unter den gleichen Bedingungen! Selbstdisziplin, Selbstschulung, Aus-dauer, Ehrgeiz und konzentriertes Training sind für den Erfolg im Jurastudium bedeutsamer als die (vermeintlich?) angeborene Intelligenz oder Nichtintelligenz. Auch Intelligenz kann man trainieren! Dem genialen Jurastudenten setzt der Normalstudent den freudvoll arbeitenden Studenten gegenüber, der bald mit den erlernten juristischen Techniken und juristischen Denk- und Arbeitsmethoden ein perfektes Wissen aufgebaut haben wird, das ihn befähigt, jeden juristischen Gedankenweg mitgehen und handwerklich arbeiten zu können. (Studienaufbruch)