Gesetze

Aus Jura Base Camp
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Die drei wichtigsten Dinge zum Jurastudium: Gesetze, Gesetze, Gesetze. Während Moses noch mit 10 Gesetzen auskam, benötigt der Jurastudent das Zigfache, allein im BGB 2385 Normen! Die Kernbereiche des Rechts in den gebündelten „Gesetzbüchern“ des Grundgesetzes, des BGB, des Verwaltungsrechts und des StGB sind jeweils die Summe ihrer unzähligen (Einzel)Gesetze. Die Gesetze sind die Einzelteile unserer Rechtsordnung. Der Umgang mit dem Gesetz und dem sich in ihm spiegelnden Fall ist der Dreh- und Angelpunkt der Juristerei. Wer mit Jura anfängt, sollte möglichst schnell mehr und mehr an und mit diesen Gesetzen lernen. Das juristische Arbeiten ist immer auch ein hermeneutisches Verfahren(gr.: Hermeneutik, Auslegungskunst), nämlich eine juristische Kunstfertigkeit zur Auslegung, Übersetzung und Erklärung von Gesetzestexten, um Lebenssachverhalte diesen Gesetzen sicher, präzise und klar zuordnen zu können. Die Hermeneutik ist nicht nur die Methode der historischen und philosophischen Geisteswissenschaftler und der schriftgelehrten theologischen Wissenschaftler, sondern auch die richtige Methode für uns „Gesetzeswissenschaftler“. Gesetz ist eben nicht nur Sprache, sondern immer ein Stück Interpretation und Auslegung. Deshalb müssen Sie sich für die Seite der Gesetze interessieren, die sie Ihnen zuwenden, aber auch für die, die sie Ihnen verbergen. Man sieht sich im Bannkreis dieses Themas oft gezwungen, auf Offenkundiges hinzuweisen: Der Umgang mit der Hauptliteratur im Jurastudium, das sind nämlich die Gesetze, wird am Anfang zu wenig geübt! Die Hilfsliteratur, die Lehrbücher und Kommentare, haben leider oft schon zu Beginn der juristischen Ausbildung zu schnell die Flughoheit über den juristischen Lehr- und Lernstühlen erobert. Der Student lernt sein Ur-Handwerkszeug, das Gesetz, nicht richtig kennen! Die Arbeit am Gesetz und mit dem Gesetz wird in der Ausbildung vernachlässigt! Nicht von der Literatur zum Gesetz, sondern vom Gesetz zur Literatur muss der Ausbildungsweg fortschreiten. Das Gesetz liefert den Text, die folgenden Schritte erst den Kommentar – während in der juristischen Ausbildung nicht selten sofort der dozentisch-literarische Kommentar geliefert wird. Zunächst müssen die „ipsissima verba“, die „ureigenen Worte“, des Gesetzes geklärt werden, ihr programmatischer Aufbau studiert und der Umgang mit ihnen trainiert werden, ehe man sich in juristischen Theorien und Meinungsstreitereien in Unterricht, Vorlesung und Literatur, manchmal in akademischen Wolkenkuckucksheimen verliert. Die Studenten sind bei einem solchen Vorgehen ohnehin längst auf der Strecke geblieben.

Auch die schönste „Meinung“ muss es ertragen, dass das Gesetz existiert. Nur das Gesetz verfügt über die Authentizität, die Echtheit – alles andere ist Beiwerk. Die Lehrmeinung muss sich an die Wirklichkeit des Gesetzes anpassen, nicht das Gesetz an die juristische Lehrmeinung. Lex est rex in terra iuris: Das Gesetz ist der König in Jurististan!

Lassen Sie deshalb das Gesetz immer einsatzbereit und einsprungbereit neben sich aufgeschlagen liegen, und lesen Sie das Gesetz immer im Stile absoluter Gewissenhaftigkeit, besser noch: pedantischer Kleingeistkrämerei! Es lohnt sich wirklich! Wurden im Anfang diese „Gesetze“ noch kraft Gewohnheitsrechts von Generation zu Generation mündlich „tradiert“, so änderte sich das mit der Erfindung der Buchdruckkunst gewaltig. Das „Gesetzbuch“ war bald das Buch, das alle bisherigen Gewohnheitsrechte ersetzte. Jeder hatte das Recht, es aufzuschlagen, man musste es nur lesen können. Alles war darin enthalten. Die „Rechte“ schrumpften zusammen auf papierene Paragraphen zwischen jeweils zwei Buchdeckeln. Buch und Recht waren eins! – Aber in unserer modernen Zeit leider nur für einen Moment. Gesetz und Recht leben so nämlich nur jeweils eine juristische Sekunde zusammen. Danach driftet die juristische Welt wieder auseinander. Immer wenn eine gesetzliche Regelung eine Diskussion beenden soll, schafft sie gerade durch diese Operation eine neue Diskussion. Das Recht lässt sich eben durch Gesetze nicht stillstellen! Schon am Tag des Inkrafttretens treten nämlich Deuter, Urteiler, Ausleger, Erklärer in Gestalt von Richtern, Rechtspflegern, Anwälten und Professoren auf den Plan und fügen dem jeweiligen Gesetz-„buch“ Aufsätze, Urteile, Beschlüsse, Kommentare hinzu, die sich zu neuen „Büchern“ auswachsen.

Aber seien Sie beruhigt: Hinter der Vielheit der Gesetze steht eine Ordnung, die einfacher ist als ihre Vielheit. Alle Gesetze sind nämlich miteinander verwandt.

Zunächst stammen sie alle aus dem Bereich der sog. normativen Gesetze. Den Gegensatz bilden die naturwissenschaftlichen Gesetze. Bei den normativen (lat.: norma, Richtlinie; frei übersetzt: als Richtschnur dienend) Gesetzen unterscheidet man zwischen: juristischen Gesetzen und moralischen Gesetzen. In beiden Arten wird eine Norm für menschliches Verhalten formuliert, zu deren Einhaltung die Menschen verpflichtet sind. Während bei „juristischen Gesetzen“ nur das äußere Verhalten vorgeschrieben wird, beziehen sich „moralische Gesetze“ auf die innere Haltung gegenüber den Handlungs-Kate-gorien von „gut“ und „böse“. Verstöße gegen juristische Gesetze werden von staatlichen Instanzen geahndet. Die Einhaltung moralischer Gesetze ist staatlich nicht erzwingbar. Man ist lediglich individuell dem durch Religion, Erziehung, Sitte, Ethik, Vernunft gebildeten Gewissen unterworfen oder generell einer gesellschaftlich gelebten Vernunft. Die juristischen Gesetze gehören zu dem großen Bereich des Rechts, moralische zu dem der Sitte und Ethik.

Das wichtigste verwandtschaftliche Wesensmerkmal für die Gesetze ist aber ihr ihnen eingeborenes Konditionalprogramm, d.h. ihr „Wenn-Dann-Grundsatz“, der aus zwei Teilen besteht: 1. Teil: Wenn der Voraussetzungsteil vorliegt, 2. Teil: dann tritt der Rechtsfolgenteil in Kraft. Das Wort Konditionalprogramm setzt sich zusammen aus den Wörtern „konditional“ (lat.: bedingend) und „Programm“ (griech.: vorgesehener Ablauf, Konzeption).

Aus der Funktion des Gesetzes folgt dieser Aufbau des Gesetzes. Das muss immer so sein, denn Gesetze zielen als die Instrumente zur Steuerung von Recht immer auf die Begründung von Rechtsfolgen ab. Sie müssen nun einmal Regeln enthalten, um Konflikte zu beheben, die im Zusammenleben der Menschen eintreten können.

Beispiele: Moni beklaut ihre Freundin Steffi. Max missachtet mit seinem Auto die Vorfahrt und verletzt Moritz schwer. Susanne kauft bei Bäcker Kraus Brötchen und bezahlt nicht.

Ein solcher Konflikt wird nun in der Weise behoben, dass in einem anzuwendenden Rechtssatz, hier: § 242 StGB gegen Moni, § 823 Abs. 1 BGB für Moritz gegen Max, § 433 Abs. 2 BGB für Bäcker Kraus gegen Susanne, ein Konditionalprogramm enthalten ist, das für den Fall des Eintritts eines bestimmten Tatbestandes (1. Teil: Voraussetzungsteil oder Wenn-Teil) eine ausgleichende Rechtsfolge als Konsequenz „setzt“ (2. Teil: Rechtsfolgeteil oder Dann-Teil). „Rechtsfolge“ ist das, was aus dem „Recht“, konkret aus dem Einzelgesetz, „folgt“, was also die Rechtsordnung ihren rechtsunterworfenen Bürgern zu be-„folgen“ aufgibt.

Jeder Rechtsfall, jeder Sachverhalt, jeder „Fall“ – später jede Klausur eben – wird am Ende immer eine Fragestellung bereit halten, die auf Bestehen oder Nichtbestehen einer Rechtsfolge gerichtet ist (sonst wäre es eben kein „Fall“ geworden). Die Fragestellung für Moni könnte lauten: „Habe ich mich strafbar gemacht?“ Die Fragestellung für Moritz lautete: „Kann ich von Max Schadenersatz i.H.v. 1.000 € verlangen?“ Die Fragestellung für Bäcker Kraus könnte lauten: „Kann ich von Susanne 1 € verlangen?“ Für den rechtsanwendenden Studenten ist „Recht“ ja immer dann gegeben, wenn die Rechtsfolge: „Hat sich T strafbar gemacht“ oder „Kann A von B eine Leistung verlangen“ aus einem Gesetz des StGB oder BGB ausgelöst werden kann. Das ist dann der Fall, wenn die Voraussetzungen eines Straftatbestands des Besonderen Teils im StGB oder einer Anspruchsgrundlage des BGB erfüllt sind. Die Rechtsnorm, die die gesuchte Rechtsfolge für die konkrete Fallfragestellung abstrakt enthält, ist ein Spezialgesetz, das, falls seine Voraussetzungen vorliegen, selbst und unmittelbar die Fallfrage nach der Rechtsfolge beantwortet. (Antwortnorm) Wenn Moni den Tatbestand des Diebstahls rechtswidrig und schuldhaft erfüllt hat (Deliktsaufbau!) – dann wird sie bestraft. Antwortnorm ist insoweit § 242 StGB. Wenn Max den Moritz rechtswidrig und schuldhaft am Körper verletzt hat – dann muss er die entstandenen Kosten bezahlen. Antwortnorm ist § 823 Abs. 1 BGB. Wenn Susanne mit Bäcker Kraus einen wirksamen Kaufvertrag abgeschlossen hat – dann muss sie den vereinbarten Kaufpreis zahlen. Antwortnorm ist insoweit § 433 Abs. 2 BGB.

Allen Gesetzen liegt verwandtschaftlich sich gleichend die gleiche Normstruktur zugrunde: Sie abstrahieren erstens von den konkreten Umständen des Einzelfalles, implementieren zweitens in jede Norm einen abstrakten Voraussetzungs- und Rechtsfolgeteil und generalisieren drittens mit der Folge, dass sie für eine unbestimmte Vielzahl von Personen gelten.

Kein Gesetzgeber könnte sämtliche Fälle, die das Leben so schreibt, vorausdenken – immer wieder müsste er sich durch die Wirklichkeit korrigieren lassen. Also wählte man für die Rechtsnormen sowohl auf der Voraussetzungs- als auch auf der Rechtsfolgenseite abstrakte Begriffe, da Gesetze als allgemeine Regeln notwendig von den konkreten Umständen des Einzelfalles absehen müssen (abstrahieren). Es gibt kein Gesetz, das gerade und genau für den konkreten Fall „Moni“, „Moritz“ oder „Bäcker Kraus“ geschaffen ist. Allerdings gibt es verschiedene Grade von Abstraktheit. Unsere modernen Gesetze zeichnen sich durch eine starke Abstraktion aus. Aus dieser notwendigen Begrifflichkeit der Normen folgt, dass die abstrakten Voraussetzungen des Gesetzes zur Anwendung auf den konkreten „Fall“ ausgelegt, entfaltet und definiert werden müssen. (Auslegung Definition). Diese Arbeit ist eine Hauptaufgabe des Juristen. Der Preis für die Abstraktheit ist eben, dass kein Gesetz so genau formuliert werden kann, dass sich damit jeder Fall, der irgendwann auftaucht, ohne weiteres lösen lässt. Das konkrete Leben bricht immer wieder mit „Monis“, „Susannes“ und „Mäxen“ in die abstrakten Gesetze ein; das Recht hat ständig und ausschließlich mit einbrechendem Leben zu tun – mit Fällen. Sie, ausschließlich sie, füttern den täglichen Entscheidungsapparat des Rechts in den Gerichten. Dabei sind Recht und Gesetz Gefangene der jeweiligen Zeit. Der Schwerpunkt der Rechtsentwicklung liegt weder in der Gesetzgebung, noch in der Rechtswissenschaft, noch in der Rechtsprechung, sondern in der Gesellschaft selbst. Und unsere Gesetze reagieren und regieren immer mit dem gleichen Programm: abstrakt, generell und konditional.

Neben diesen Hauptwesensmerkmalen enthalten die Gesetze noch weitere verwandte Wesensmerkmale:

Gesetze regeln immer einen Interessenkonflikt. So ist das bei allen Rechtsnormen. Also liegt ihr Wesen im Lösen solcher Konflikte: Eigentümer gegen Besitzer; Gläubiger gegen Schuldner; Vermieter gegen Mieter; Käufer gegen Verkäufer; Arbeitgeber gegen Arbeitnehmer; Verbraucher gegen Unternehmer etc. Gesetze enthalten immer eine allgemeinverbindliche Regelung. Sie regeln eine unbestimmte Vielzahl von Fällen für jeden gleich, damit gleiche Interessenkonflikte auch gleich entschieden werden. Deshalb sind sie auch so abstrakt! Gesetze sind immer sanktionsbewehrt, anderenfalls wären sie zahnlose Tiger. Sie müssen dafür Sorge tragen, dass sie zwangsweise durchgesetzt werden können. Recht ohne Durchsetzungsapparat führt zur Anarchie. Wichtigste Sanktionen sind Strafen (StGB), Bußen (OWiG) und die Vollstreckungsmöglichkeiten in der StPO und der ZPO bei Zuwiderhandlungen oder Nichthandlungen. Allerdings: Wichtiger als die Zwangsanwendung ist die freiwillige Gesetzesbefolgung durch die Bürger. Weit mehr Strafgesetze werden beachtet als verletzt; weit, weit mehr Verträge werden gehalten als gebrochen; weit, weit mehr Schuldner leisten auch ohne Gerichtsvollzieher. Die Rechtsnormen entfalten häufig allein durch ihre Existenz ihre Wirkung. Gesetze gelten nur, wenn sie rechtmäßig sind (legal). Auf die Akzeptanz der Rechtsunterworfenen kommt es letztlich nicht an. Eine Rechtsnorm muss, um ihre Rechtsfolgen auslösen zu können, wirksam sein, d.h. es müssen bestimmte Wirksamkeitsvoraussetzungen vorliegen und es dürfen keine Unwirksamkeitsgründe entgegenstehen. Solche können sich aus höherrangigem Recht ergeben. Für diesen sogenannten „Geltungsvorrang“ kommt es nun auf die hierarchische Rangordnung der Rechtsnormen an, ihr Ranking. Dieses „ranking“ der Rechtsquellen ist keineswegs unwichtig. Denn das jeweilige höherrangige Recht entscheidet über die Geltungsbedingungen des niederrangigen Rechts. Verstößt die niederrangige Norm gegen die Wirksamkeitsbedingungen der höherrangigen Norm, so ist sie nichtig. Im Verhältnis zur Verfassung gilt allerdings, dass ein Richter, der eine Norm auf einen bestimmten Lebenssachverhalt anwenden muss, zwar überprüfen darf, ob dieses Gesetz gegen die Verfassung verstößt, diese Frage bejahendenfalls aber dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung darüber vorlegen muss. Dieses stellt dann generell für alle die Verfassungsmäßigkeit oder Verfassungswidrigkeit fest. Kurz gesagt: Der Richter hat zwar die Prüfungskompetenz, nicht aber die Verwerfungskompetenz (so Art. 100 GG). Für den Rechtspfleger gilt Art. 100 GG nicht; er muss die Frage dem Richter vorlegen, der dann das Weitere veranlasst.

Hier die klassische Trias von Verfassungsrecht, förmlichem (einfachem) Gesetzesrecht und untergesetzlichen Rechtsnormen:

An erster Stelle steht das Verfassungsrecht Es ergibt sich aus unserem Grundgesetz für den Bund und aus den Länderverfassungen für die Länder. Das Grundgesetz (GG) enthält die wichtigsten Regeln über den organisatorischen Aufbau der Bundesrepublik wie z.B. Bestimmungen über die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen dem Bund und den Ländern, über die Abgrenzung der Kompetenzen zwischen Exekutive, Judikative und Legislative und über das Gesetzgebungsverfahren. In einem ersten Abschnitt über die Grundrechte sind außerdem wichtige allgemeine Rechtsprinzipien festgelegt, die dem Bürger gewisse unantastbare Rechte gegenüber dem Staat verleihen und darüber hinaus einen Katalog höchster Wertnormen festlegen, an denen die Richtigkeit jedes einzelnen Gesetzes, Gerichtsurteils und Verwaltungsaktes gemessen werden kann. „Hüter der Verfassung“ ist das Bundesverfassungsgericht. An zweiter Stelle stehen die förmlichen Gesetze (Parlamentsgesetze) Das sind Regelungen, die von der ersten Gewalt, der Legislative, auf den in den Verfassungen vorgesehenen parlamentarischen Gesetzgebungswegen erlassen worden sind. Solche sind regelmäßig an der in der Überschrift vorgesehenen amtlichen Bezeichnung „Gesetz“ zu erkennen. Darauf darf man sich aber nicht verlassen. Die Zivilprozessordnung, die Grundbuchordnung, die Strafprozessordnung oder die Bauordnung sind ebenfalls formelle Gesetze.

An dritter Stelle folgen die untergesetzlichen Rechtsnormen, die von Regierungen, Verwaltungen oder Körperschaften erlassen werden können. Dazu zählen die Rechtsverordnungen und die Satzungen. Rechtsverordnungen sind Regelungen, die von der zweiten Gewalt (Exekutive) aufgrund einer Ermächtigung in einem förmlichen Gesetz (s.o.) der ersten Gewalt (Legislative) erlassen werden. Als Beispiel soll § 6 StVG (Straßenverkehrsgesetz) dienen. In diesem förmlichen Gesetz entdeckt man, dass der Bundesminister für Verkehr (Exekutive/Regierung) von dem Gesetzgeber (Legislative/Parlament) ermächtigt wird, mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen zu erlassen. Davon hat „dieser Herr“, wie man als Kraftfahrer aus leidvoller Erfahrung weiß, reichlich und akribisch Gebrauch gemacht, nämlich in der Straßenverkehrsordnung (StVO) und der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO). Satzungen sind die von nichtstaatlichen Verbänden im Rahmen ihrer Befugnisse erlassenen Regelungen wie etwa Ortssatzungen, Gemeindesatzungen, Kirchensatzungen, Rundfunkanstaltssatzungen, Universitätssat-zungen.

Keine Rechtsquelle oder Rechtsnorm ist eine „herrschende Meinung“ oder eine „allgemeine Meinung“, auch wenn sie sich manchmal so aufspielen. (Meinungsstreit) Diese sind weder demokratisch legitimiert, noch ist hinreichend zuverlässig festzustellen, was zu ei- ner bestimmten Frage „herrschende oder allgemeinen Meinung“ ist.

Übrigens: Gesetze sind manchmal genialer und sprachlich schöner als man anfangs glauben mag. Ein Beispiel für das Funkeln und die Genialität des Gesetzgebers ist Artikel 20 Abs. 1 GG: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“ Neun Wörter von aeternaler Wucht und Bedeutung.

„Die Bundesrepublik Deutschland“: der Name unseres Staates

„...republik ...“: unsere republikanische Staatsform (Staatsoberhaupt Bundespräsident wird gewählt)

„Bundesstaat“: der bundesstaatliche, föderalistische Aufbau unseres Staates in Bund und Ländern

„... demokratischer ...“: das Demokratiegebot, bestehend aus:

Rechtsstaatsprinzip (keine Demokratie ohne Rechtsstaat) Volkssouveränität (bei einer Demokratie geht die Staatsgewalt vom Volk aus) Gewaltenteilung (Wesensmerkmal der Demokratie, näher dargelegt in Art. 20 Abs. 2 GG)

„... sozialer ...“: das Sozialstaatsprinzip

Neun Wörter – fünf elementare, fundamentale, leuchtende Prinzipien. Neun Wörter umschreiben den gesamten Charakter unseres Staates. Prägnanter, kürzer, eindrucksvoller, vernünftiger und schöner kann man es kaum formulieren – auch Gesetze können eine Ästhetik haben und manchmal richtig schön sein.