Das Ziel des Strafverfahrens ist die möglichst nachhaltige Verfolgung und Bestrafung aller Straftaten des Beschuldigten. Die Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs erfordert unter Umständen tiefe Eingriffe in dessen Freiheitssphäre. Andererseits muss die Schuld oder die Unschuld aber erst noch im Urteil abschließend festgestellt werden. Das erfordert ein möglichst schonendes, behutsames Vorgehen gegenüber dem vielleicht unschuldigen Beschuldigten. Der darin liegenden Kollision der Interessen des Staates an einer nachhaltigen Strafverfolgung und denjenigen des Einzelnen an einem umfassenden Schutz vor Eingriffen in seine Freiheits- und Persönlichkeitsrechte muss die Strafverfahrensordnung Rechnung tragen. Das Strafverfahren sucht diesen Ausgleich herzustellen durch bestimmte, das Verfahren tragende rechtsstaatliche Grundsätze (Maxime). Diese Prinzipien beruhen außer auf den verfassungsrechtlichen Garantien auch auf Erfahrungs- und Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten.

Die Lösung dieses Interessenkonflikts, welche Eingriffsrechte also der Staat sich letztlich selbst zugesteht, kann als Parameter für das grundsätzliche Verhältnis zwischen dem Staat und seinen Bürgern betrachtet werden: Je freiheitlicher die Rechtsordnung ist, desto stärker sind die Individualrechte ausgestaltet. Ein Blick auf die Diktaturen dieser Welt macht die Verachtung von Menschenrechten deutlich.

Um den Interessenkonflikt zwischen Strafverfolgung einerseits und der Abwehr von als ungerecht empfundenen Grundrechtseingriffen andererseits rechtsstaatlich akzeptabel zu lösen, sind für den Bereich des Strafverfahrens folgende Verfahrensprinzipien von entscheidender Bedeutung.

 

  1. Die Offizialmaxime

 

Beispiel: Der geschädigte Hauseigentümer Helmut Schneider will sowohl den Ersatz des ihm bei einem Einbruch entstandenen Schadens als auch die Bestrafung des ihm bekannten Täters Jupp Schmitz erreichen. Er wendet sich an die Polizeibehörde in Oberhausen. Dort wird ihm erklärt, man habe schon genug zu tun und sei völlig überlastet. Er solle das mit Jupp Schmitz selbst ausmachen. Verhält sich die Polizei richtig?

 

Helmut hat einen zivilrechtlichen Anspruch auf Ersatz des Schadens an seinem Haus gem. § 823 Abs. 1 und 2 BGB (i.V.m. § 303 StGB) gegen Jupp. Wenn Jupp nicht freiwillig Ersatz leistet, muss Helmut gegen ihn im Zivilprozess klagen und aus dem erstrittenen Urteil vollstrecken. Um zivilrechtliche Ansprüche einzelner gegeneinander kümmert sich der Staat nicht von sich aus, weil Interessen der Gemeinschaft nicht auf dem Spiele stehen. Der Staat stellt mit dem Zivilprozessverfahren lediglich einen Weg zur friedlichen Lösung des Konfliktes zur Verfügung und überlässt es den Beteiligten in eigener Parteienherrschaft, ob und in welchem Umfang sie davon Gebrauch machen wollen. Die Beteiligten sind die Herren des Verfahrens. Das nennt man Parteimaxime oder Dispositionsmaxime. (➞ Zivilprozess)

Insoweit hat also die Polizeibehörde zu Recht Helmut an Jupp Schmitz verwiesen.

Jupp Schmitz hat eine strafbare Handlung begangen gem. §§ 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB. Die Verfolgung strafbarer Handlungen liegt im öffentlichen Interesse. Die Sicherung des Rechtsfriedens und die Bewährung der Rechtsordnung gegen das Unrecht verlangen im Interesse der Gemeinschaft aller Bürger, dass Straftaten nicht unverfolgt und schuldige Täter nicht unbestraft bleiben. Deshalb hat der Staat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht zur Strafverfolgung – und zwar unabhängig vom Willen des Verletzten. Das Offizialprinzip bestimmt die Aufgabe der Strafverfolgung zur Aufgabe des Staates. Die für die Strafverfolgung zuständigen Behörden Polizei, StA und Gericht haben von Amts wegen einzuschreiten und Ermittlungen anzustellen, sobald sie von einer strafbaren Handlung Kenntnis erlangen. Dieser Grundsatz ist in den §§ 152 Abs. 2, 160 StPO (für die Staatsanwaltschaft), in § 163 StPO (für die Polizei) und in § 244 Abs. 2 StPO (für das Gericht) in Formulierungen niedergelegt, denen man das sog. Offizialprinzip entnommen hat.

Schneider kann also auf der Aufnahme seiner Strafanzeige bestehen, welche die Polizei protokollieren muss, um anschließend die erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(z.B. §§ 123, 185 (194), 230, 247. 248a, 248b, 263 Abs. 4 i.V.m. 248a, 288, 289, 303 (303c) StGB). Gemeinsam ist diesen Delikten, dass ein Zwang der Staatsanwaltschaft zum Einschreiten nicht besteht.

(z.B.  §§ 90 Abs. 4 StGB, Verunglimpfung des Bundespräsidenten, 90 b Abs. 2 StGB, verfassungsfeindliche Verunglimpfung von Verfassungsorganen, § 353 b Abs. 4 StGB, Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht). Hier ist die Strafverfolgung abhängig von einer Ermächtigung durch das betreffende Staatsorgan.

Die Verfolgung der in dieser Vorschrift aufgeführten Straftaten liegt nach der Wertung des Gesetzgebers in der Regel nicht im öffentlichen Interesse, so dass die Staatsanwaltschaft auf den Privatklageweg verweisen kann, vgl. § 376 StPO.

 

 

 

 

Beispiel: Die 19-jährige Petra aus Bonn will sich von ihrem Freund Fritz trennen. Da dieser hiermit nicht einverstanden ist, kommt es zwischen beiden zu Tätlichkeiten, die letztlich in einer Vergewaltigung gipfeln. Auf Anraten ihrer Freundinnen und Eltern zeigt Petra ihren Ex-Freund daraufhin an. Später reut sie dieser Entschluss, da sie sich zwischenzeitlich mit ihrem Freund wieder ausgesöhnt und sogar verlobt hat. Aus diesem Grunde schreibt sie an die Staatsanwaltschaft, sie „nehme die Anzeige zurück“. Hat diese Erklärung Auswirkungen auf das Verfahren?

 

Nein! Die Vergewaltigung durch Fritz ist weder Antrags- noch Privatklagedelikt, so dass die zur Einleitung des Strafverfahrens zuständigen Behörden auch gegen den Willen von Petra gegen Fritz ermitteln müssen.

Die zur Einleitung des Strafverfahrens zuständige Behörde ist die Staatsanwaltschaft (§§ 152 Abs. 2, 160, 161, 161 a StPO). Sie beherrscht und bestimmt das Ermittlungsverfahren. Zu ihrer Unterstützung bedient sich die Staatsanwaltschaft der Polizei  als Ermittlungsorgan (§§ 152 GVG, 161 StPO). Die Polizei ist aber auch selbständig zum Einschreiten verpflichtet (§ 163 Abs. 1 StPO).

Die Polizeibehörde in Bonn muss demnach gegen Fritz ermitteln. Sie hat ihn vorzuladen und gemäß § 163 a StPO verantwortlich zu vernehmen. Sie hat ferner Spuren am Tatort zu sichern und Zeugen zu vernehmen, kurz: alle zur Aufklärung der Tat wesentlichen Umstände – auch solche, die den Verdächtigen entlasten (§ 160 Abs. 2 StPO) – zu ermitteln. Nach Abschluss ihrer Ermittlungen muss sie die Akten mit dem Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft übersenden (§ 163 Abs. 2 S. 1 StPO).

 

  1. Das Legalitätsprinzip

Fortsetzung des Ausgangsfalls: Die Akten über das Verfahren gegen Jupp Schmitz werden nach Übersendung durch die Polizei dem für die Sache zuständigen Staatsanwalt Dr. Walter vorgelegt. Dieser stellt fest, dass Jupp Mitglied des Honoratiorenklubs „Heideblümchen e.V.“ ist und möchte – um Aufsehen zu vermeiden – davon absehen, die öffentliche Anklage zu erheben. Kann er das?

 

Nach § 152 Abs. 2 StPO ist die Staatsanwaltschaft als Vertreterin des Staates nicht nur berechtigt, vielmehr verpflichtet, wegen aller verfolgbarer Straftaten einzuschreiten. Nach § 160 StPO hat sie den Sachverhalt zu erforschen. Die Staatsanwaltschaft kann also nicht nach eigenem Ermessen verfahren, sondern ist gesetzlich verpflichtet, bei Vorliegen zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte dem Verdacht einer strafbaren Handlung nachzugehen und darf sich nicht durch irgendwelche Rücksichten, persönliche Überzeugungen oder Zweckmäßigkeitserwägungen davon abhalten lassen, zu ermitteln und gegebenenfalls Anklage zu erheben (sog. Legalitätsprinzip). Dieses Prinzip gilt selbstverständlich auch für die Polizei (§ 163 StPO). Es erstreckt sich auch auf außerdienstliche Kenntniserlangung von strafbaren Handlungen, wenn es sich um schwere Straftaten handelt. Schließlich gilt das Legalitätsprinzip nicht nur für die tatsächlichen Ermittlungen, sondern auch für die rechtliche Beurteilung. Staatsanwaltschaft und Polizei sind an das Gesetz und die höchstrichterliche Rechtsprechung gebunden. Mit diesem Prinzip soll sichergestellt werden, dass jede Straftat unter Ausschluss jeglicher Willkür und ohne Ansehen der Person verfolgt und bestraft wird und damit das Vertrauen der Rechtsgemeinschaft in eine gerechte Justiz erhalten bleibt.

Der zuständige Staatsanwalt Dr. Walter kann also nicht von der Anklageerhebung absehen.

 

Frage: Wie, wenn Dr. Walter gleichwohl nicht anklagt, sondern gem. § 170 Abs. 2 StPO einstellt?

 

Dieser für das Strafverfahren wesentliche Legalitätsgrundsatz wird in zweifacher Hinsicht abgesichert und zwar:

Petra kann also gegen die Einstellung gem. §§ 171, 172 StPO vorgehen.

 

  1. Das Opportunitätsprinzip

 

Die lückenlose Durchführung des Legalitätsprinzips würde zu einer deutlichen Zunahme der zu verfolgenden Straftaten, folglich zu einer Überlastung der Strafrechtspflege und damit letztlich zu einer Gefährdung wirksamer Strafverfolgung führen. Der Gesetzgeber hat deshalb in einer Reihe gesetzlich geregelter Fälle das Legalitätsprinzip durchbrochen und es in das Ermessen der Strafverfolgungsbehörden gestellt, ob die Verfolgung durchgeführt werden soll oder nicht (sog. Opportunitätsprinzip).

Das gilt hauptsächlich für Straftaten, deren Verfolgung wegen ihres geringeren Unrechtsgehaltes nicht unbedingt vom öffentlichen Interesse (Generalprävention) gefordert wird. Die für die Praxis bedeutsamsten Fälle sind die der Privatklage (§§ 374, 376, 377 StPO), die Fälle der §§ 153 bis 154 e StPO und der Fall des § 45 JGG.

Soweit nicht bereits die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung abgesehen hat, kann nach Erhebung der öffentlichen Klage das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten unter den gleichen Voraussetzungen das Verfahren einstellen (vgl. § 153 Abs. 2 S. 1 StPO) bzw. vorläufig einstellen (vgl. § 153 a Abs. 2 StPO).

 

  1. Der Anklagegrundsatz

 

Der Richter am Amtsgericht Klinkenberg erfährt von der Tat des Jupp Schmitz. Er lädt Jupp vor und verurteilt ihn zu 3 Monaten Freiheitsstrafe.

 

Das ist unzulässig. Es gilt der Grundsatz: „Wo kein Kläger, da kein Richter“, sog. Anklagegrundsatz. Nach diesem Anklagegrundsatz – auch Akkusationsprinzip genannt – ist die Eröffnung einer gerichtlichen Untersuchung von der Erhebung einer Anklage durch die Staatsanwaltschaft abhängig. Umgekehrt bedeutet dies, dass das Gericht nicht von sich aus tätig werden darf, auch wenn es Kenntnis von einer Straftat erlangt hat. Dies beruht auf der gewollten strikten Aufgabentrennung zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht, um letztlich ein unvoreingenommenes und faires gerichtliches Verfahren zu garantieren.

 

 

Der Anklagegrundsatz besagt:

Also legt ausschließlich die Anklage die Tat und den Täter fest.

 

  1. Der Ermittlungs- oder Untersuchungsgrundsatz

 

Dieser Grundsatz ist eine Ergänzung der Offizialmaxime und des Legalitätsprinzips. Er besagt, dass das Gericht im Rahmen der angeklagten Tat berechtigt und verpflichtet ist, von Amts wegen eigene Ermittlungen anzustellen. Ferner hat es alle geeigneten, zulässigen, bedeutsamen und erreichbaren Beweismittel heranzuziehen und auszuschöpfen, um für seine Entscheidung eine tatsächliche Grundlage zu schaffen, die der Wahrheit möglichst nahe kommt und ein gerechtes Urteil ermöglicht, §§ 155 Abs. 2, 244 Abs. 2 StPO.

Bei der Erforschung der materiellen Wahrheit ist das Gericht nicht an das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten (Staatsanwalt und Angeklagter), ihre Anträge oder ein Geständnis des Angeklagten gebunden, sondern ist zur selbstständigen Prüfung und Beurteilung des Wahrheitsgehaltes der Darlegungen aufgerufen.

Dieses Prinzip – auch Instruktionsprinzip oder „Prinzip der materiellen Wahrheit“ genannt – ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass das Ziel des Strafverfahrens letztlich die Erforschung der materiellen Wahrheit ist. Auch hier liegt wieder ein Unterschied zum ➞ Zivilprozess, bei welchem zunächst eine Bindung an das Parteivorbringen besteht und im Wesentlichen nur die von den Parteien benannten Beweismittel herangezogen werden. Aus diesem Grunde kann man für das Zivilverfahren auch von der sog. prozessualen Wahrheit sprechen, wenngleich dies nicht zu der irrigen Annahme verleiten sollte, in einem Strafverfahren käme stets das tatsächliche Tatgeschehen ans Licht. Auch hier muss sich schließlich das Gericht – das in der Regel bei Begehung der Straftat nicht selbst zu zugegen war – aufgrund von Beweismitteln ein eigenes Bild vom Geschehen machen.

 

  1. Der Beschleunigungsgrundsatz (Konzentrationsmaxime)

 

Eine rasche Durchführung des Strafverfahrens liegt jedenfalls in der Regel im Interesse aller Beteiligten. Für Staatsanwaltschaft und Gericht beruht dieses Interesse außer wegen der Arbeitsbelastung auch auf dem Bestreben, die Umstände eines Falles möglichst umfassend gedanklich präsent zu haben. Auch spezialpräventive Aspekte – „die Strafe soll der Tat auf dem Fuße folgen“ – gebieten eine rasche Aburteilung. Betrachtet man die psychische und soziale Belastung des Angeklagten durch ein sich hinschleppendes Strafverfahren, so wird auch sein Interesse deutlich, sofern er nicht daran interessiert ist, das Verfahren in Verschleppungsabsicht geordnet der Verjährung zuzuführen.

Ein Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz, also eine vermeidbare überlange Verfahrensdauer, muss bei der Strafzumessung berücksichtigt werden.

Eine gesetzliche Ausgestaltung hat der Beschleunigungsgrundsatz – außer in seiner ausdrücklichen Erwähnung in Art. 5 Abs. 3 und Art. 6 Abs. 1 MRK – in § 229 Abs. 1 StPO erfahren, wonach eine Hauptverhandlung grundsätzlich nur bis zu drei Wochen unterbrochen werden darf.

 

  1. Der Grundsatz der Öffentlichkeit

 

Ein Strafverfahren ist grundsätzlich öffentlich durchzuführen, § 169 S. 1 GVG. Dies entspricht zum einen dem Informationsinteresse der Allgemeinheit, zum anderen dient es der möglichen öffentlichen Kontrolle der Justiz und damit dem Schutz des Angeklagten vor Willkür. Dieser Öffentlichkeitsgrundsatz muss naturgemäß Einschränkungen erfahren, nämlich insbesondere dann, wenn Individualinteressen einer öffentlichen Verhandlung entgegenstehen. Aus diesem Grunde sind folgende wesentliche Ausnahmen zu nennen, bei deren Vorliegen das Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet:

Anders als insbesondere bei Staaten des anglo-amerikanischen Raumes sind Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung unzulässig, § 169 S. 2 GVG. Dies findet seine Rechtfertigung zum einen in dem Schutz der Verfahrenbeteiligten, zum anderen auch darin, dass die Entstehung eines öffentlichen Drucks auf das Strafverfahren vermieden werden muss.

 

  1. Der Unmittelbarkeitsgrundsatz

 

Nach dem Unmittelbarkeitsgrundsatz hat das Gericht die aufzuklärenden Tatsachen selbst festzustellen und grundsätzlich nur originäre Beweismittel zu verwenden, vgl. § 250 StPO.

 

9.  Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

 

Dieser Grundsatz und das hieraus resultierende Übermaßverbot ergeben sich aus dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG. Dem-gemäß dürfen in Strafverfahren Zwangsmaßnahmen nur angeordnet werden, wenn sie zur Erreichung des angestrebten Zweckes geeignet und erforderlich sind. Der Eingriff darf dabei nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache stehen.

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist z.B. in den Vorschriften der §§ 81 Abs. 2 S. 2, 112 Abs. 1 S. 2, 120 Abs. 1 S. 1, 163 b Abs. 2 S. 2 StPO ausdrücklich kodifiziert.

 

10.  Der Grundsatz des fairen Verfahrens

 

Das Recht auf ein faires Verfahren (fair trial) wird aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 6 Abs. 1 MRK abgeleitet. Er garantiert ein an den Grundsätzen der Gerechtigkeit und Billigkeit orientiertes Verfahren, welches die Rechte zur Verteidigung wahrt und Waffengleichheit zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft herstellt.

 

  1. Der Grundsatz „in dubio pro reo

 

Der Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ folgt aus der Unschuldsvermutung in Art. 6 Abs. 2 MRK. Er besagt, dass sich nach Ausschöpfung der Beweismittel nicht auszuräumende Zweifel bei der Tat- und Schuldfrage zugunsten des Angeklagten auswirken müssen.

 

12.  Der Grundsatz der Mündlichkeit

 

Hiernach darf nur der mündlich vorgetragene und erörterte Prozessstoff dem Urteil zugrunde gelegt werden, §§ 261, 264 Abs. 1 StPO.

 

13. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung

 

Dieses Prinzip bedeutet, dass dem Richter nicht vorgeschrieben wird, unter welchen Voraussetzungen er eine Tatsache für bewiesen hält. Entscheidend für die freie richterliche Beweiswürdigung ist die persönliche Überzeugung des Richters von der Schuld des Angeklagten, § 261 StPO. Vernünftige Zweifel des Richters an der Tatbegehung durch den Angeklagten schließen jedoch eine Verurteilung aus.

14.  Der Grundsatz „ne bis in idem“

 

Dieses in Art. 103 Abs. 3 GG verankerte Prinzip verbietet es, denselben Täter wegen derselben Tat erneut strafrechtlich zu verfolgen. Der Strafanspruch des Staates ist verbraucht, sobald rechtskräftig über den strafrechtlichen Vorwurf entschieden ist.

 

  1. Der Grundsatz des gesetzlichen Richters

 

Dieses Prinzip soll verhindern, dass durch eine gezielte Auswahl eines Richters im Einzelfall das Ergebnis einer Entscheidung beeinflussbar wird, Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG.

 

  1. Der Grundsatz der Unabhängigkeit des Richters

 

Hiernach sind die Richter in Ausübung ihrer Rechtsprechungsfunktion persönlich und sachlich unabhängig, Art. 97 Abs. 1 GG, § 1 GVG.

 

  1. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs

 

Diese Maxime bedeutet, dass dem Betroffenen Gelegenheit gegeben werden muss, sich dem Gericht gegenüber zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu äußern, Anträge zu stellen und hierzu Darlegungen zu machen. Das Gericht muss diese Äußerungen zur Kenntnis nehmen und bei seiner Entscheidungsfindung in Erwägung ziehen, Art. 103 Abs. 1 S. 2 GG.

 

Zu diesen Grundsätzen folgendes Diagramm: