ist die durch Rechtsgeschäft erteilte ➞ Vertretungsmacht, legaldefiniert in § 166 Abs. 2 BGB. (➞ Stellvertretung)

 

  1. Erteilung der Vollmacht

Grundsätzlich kann jeder nach seinem Belieben darüber entscheiden, ob und in welchem Umfange eine andere Person für ihn ➞ Rechtsgeschäfte vornehmen darf. Das Selbstbestimmungsrecht eines Menschen umfasst auch die Befugnis, einen anderen zu bevollmächtigen und zu bestimmen, in welchem Umfang der andere für ihn rechtsgeschäftlich tätig werden darf. Die Vollmachterteilung selbst ist ein einseitiges, §§ 167 Abs. 1, 166 Abs. 2 BGB, grundsätzlich nicht formbedürftiges Rechtsgeschäft, § 167 Abs. 2 BGB. Als einseitige empfangsbedürftige  ➞ Willenserklärung wird sie mit ➞ Zugang wirksam. Der Erklärungsempfänger, also der zu Bevollmächtigende, braucht dementsprechend keine Einverständniserklärung mit der Vollmachterteilung abzugeben.

Beispiel: A ruft beim Kraftfahrzeughändler C an und teilt ihm mit, am nächsten Tag werde B, ein Bekannter des A, vorbei sehen, um für A dort einen guten Gebrauchtwagen zu erwerben.

 

Mit der Erteilung der Vollmacht legt der Geschäftsherr auch den Umfang der Berechtigung fest, für ihn Rechtsgeschäfte zu tätigen.

Beispiel: A erteilt B Vollmacht zum Erwerb eines „gut erhaltenen Porsche für maximal 30.000 €“.

 

Im Rahmen der so erteilten Vollmacht hätte B also mit Wirkung gegen A keinen Wagen erwerben können, der erhebliche Durchrostungen aufweist, ein defektes Getriebe hat oder überhaupt nicht mehr fahrbereit ist. Genauso konnte A dem B auch im Hinblick auf den Kaufpreis eine Höchstsumme vorgeben, nämlich 30.000 €. Hätte B dann ein Fahrzeug zum Preise von 40.000 € gekauft, so hätte er sich ebenfalls nicht im Rahmen der erteilten Vollmacht bewegt. Bei der Prüfung, ob ein Geschäft für und gegen den Geschäftsherrn wirkt, ist also nicht nur zu prüfen, ob überhaupt eine Vollmacht erteilt worden ist, sondern auch, ob das vom Vertreter vorgenommene Rechtsgeschäft sich in den Grenzen der erteilten Vollmacht hält. Tut es dies nicht, so tritt die Rechtsfolge des § 164 Abs. 1 BGB genauso wenig ein, wie in den Fällen, in denen jemand nicht im Namen des Vertretenen handelt oder überhaupt keine Vollmacht erteilt worden ist.

Die Vollmacht bezieht sich lediglich darauf, dem Vertreter nach außen die Befugnis zur Vornahme von Rechtsgeschäften für den Vertretenen einzuräumen. Die Bevollmächtigung bestimmt inhaltlich dagegen nicht, ob der Vertreter auch verpflichtet ist, für den Vertretenen das Rechtsgeschäft abzuschließen, ob er dies entgeltlich oder unentgeltlich tun muss oder ob er über die Ausführung der mittels der Vollmacht getätigten Rechtsgeschäfte gegenüber dem Geschäftsherrn Rechenschaft zu legen hat. Alle diese Fragen berühren nämlich ausschließlich das sog. Innenverhältnis zwischen dem Vollmachtgeber und dem Vertreter, meist ein Auftrag oder ein Dienstverhältnis.

Nach dem ➞ Abstraktionsprinzip ist dieses Innenverhältnis strikt vom Außenverhältnis zwischen dem Vertreter und dem Geschäftsgegner zu unterscheiden. Die Vollmacht bezieht sich lediglich auf das Außenverhältnis. Die Rechte zwischen dem Geschäftsherrn und dem Vertreter im Innenverhältnis werden dagegen nach dem der Vollmachterteilung zugrunde liegenden Rechtsgeschäft, dem Kausalgeschäft, bestimmt.

Als Kausalgeschäft kommt dabei jedes ➞ Verpflichtungsgeschäft in Betracht, das auf die Vornahme von Tätigkeiten für einen anderen gerichtet ist.

 

Die Vollmacht ist von dem zugrunde liegenden Rechtsgeschäft losgelöst, abstrakt. Der Auftrag gem. § 662 BGB, der Dienstvertrag gem. § 611 BGB oder auch ein Geschäftsbesorgungsvertrag gem. § 675 BGB sind die Causa für die Vollmacht. Warum diese Klimmzüge?

  1. Erlöschen der Vollmacht durch Widerruf oder durch das Erlöschen des der Vollmacht zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts

Mit Beendigung des der Vollmacht zugrunde liegenden Arbeits-, Dienst-, Geschäftsbesorgungsvertrages oder Auftrages erlischt auch die Vollmacht, § 168 S. 1 BGB. Diese gesetzliche Bestimmung stellt eine Durchbrechung des bei der Erteilung und dem Umfang der Vollmacht geltenden Abstraktionsprinzipes dar. Aber auch bei Fortbestehen des Kausalgeschäfts ist ein Widerruf der Vollmacht gem. § 168 S. 2 BGB möglich.

 

Beispiel 1: Speich befördert seinen Angestellten Sprinter zum Leiter der Einkaufsabteilung und erteilt ihm entsprechende Vollmachten. Als Speich von Unregelmäßigkeiten in der Abteilung des Sprinter hört, verbietet er ihm, Verträge abzuschließen, belässt ihn aber in seiner Dienststellung. Dennoch schließt Sprinter mit der Firma Tretmühle, die vom Entzug der Vollmacht nichts weiß, im Namen des Speich einen Kaufvertrag ab und verschwindet anschließend mit der angelieferten Ware. Ist Speich aus dem Vertrag verpflichtet?

 

Die Firma Tretmühle könnte gegen Speich einen Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB auf Bezahlung der gelieferten Ware haben. Die entsprechende kaufvertragliche Einigung ist jedoch nicht zwischen Speich und Tretmühle erklärt worden, so dass eine Verpflichtung des Speich nur dann in Betracht kommt, wenn die Voraussetzungen einer wirksamen Vertretung nach § 164 Abs. 1, 3 BGB vorliegen.

Sprinter hat die zum Kaufvertragsschluss führenden Willenserklärungen ausdrücklich im Namen des Speich abgegeben und hatte dabei auch eigene Entscheidungsfreiheit. Zur wirksamen Verpflichtung des Speich müsste er aber auch mit Vertretungsmacht gehandelt haben. Hier hatte Speich dem Sprinter verboten, weiter Verträge abzuschließen. Darin liegt ein Widerruf gem. § 168 S. 2 BGB der ursprünglich erteilten Vertretungsmacht in Form einer Vollmacht. Gem. § 168 S. 3 BGB erfolgt der Widerruf entsprechend der Vorschrift des § 167 Abs. 1 BGB, also durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die entweder gegenüber dem Bevollmächtigten (§§ 168 S. 3, 167 Abs. 1 1.Alt. BGB) oder gegenüber dem Dritten (§§ 168 S. 3, 167 Abs. 1 2.Alt. BGB) abgegeben werden kann. Nach § 168 S. 2 BGB ändert das Fortbestehen des Dienstvertrages zwischen Speich und Sprinter an der Widerruflichkeit der Vollmacht nichts. Speich hat daher durch entsprechende Weisung gegenüber Sprinter die diesem erteilte Vollmacht wirksam widerrufen. Sprinter hat beim Vertragsabschluss gegenüber der Firma Tretmühle ohne Vertretungsmacht gehandelt, so dass ein Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB der Firma Tretmühle gegenüber Speich nicht besteht.

 

Beispiel 2: Wie ist im vorigen Fall zu entscheiden, wenn Speich den Sprinter wegen Diebstahls fristlos entlässt, § 626 BGB, ohne dass dabei über die erteilte Vollmacht ein Wort gesprochen wird, Sprinter aber auch in diesem Falle den Vertrag mit der Firma Tretmühle noch abschließt?

 

Auch hier kommt als Anspruchsgrundlage § 433 Abs. 2 BGB in Betracht. Auch hier müssen, um zu einer wirksamen Verpflichtung des Speich zu gelangen, die Voraussetzungen des § 164 Abs. 1 und 3 BGB vorliegen.

In dieser Fallalternative liegt das Problem ebenfalls ausschließlich in der Frage der Vertretungsmacht des Sprinter. Denn wie bereits oben dargestellt, hat er die auf den Kaufvertragsschluss zielenden Willenserklärungen im Namen des Speich abgegeben und entgegengenommen. Die Frage, ob er insofern Speich vertreten durfte, also Vertretungsmacht hatte, ist hier nach § 168 S. 1 BGB zu beurteilen. Sprinter ist hier von Speich mit den notwendigen Vollmachten für die Leitung der Einkaufsabteilung deshalb ausgestattet worden, weil ein entsprechender Dienstvertrag zwischen Sprinter und Speich bestand. Durch die fristlose Kündigung des Dienstvertrages ist die an den Dienstvertrag gekoppelte Vollmachterteilung automatisch erloschen, § 168 S. 1 BGB. Sprinter hat also auch hier ohne Vertretungsmacht gehandelt, so dass es keinerlei Ansprüche zwischen der Firma Tretmühle und dem von Sprinter vertretenen Speich gibt.

Es gilt folgender Grundsatz: In ihrem Entstehen ist die Vollmacht von dem zugrunde liegenden Rechtsgeschäft unabhängig, § 167 BGB – in ihrem Fortbestehen richtet sie sich nach dem zugrunde liegenden Rechtsgeschäft, § 168 BGB.

 

Neben diesen beiden im Vollmachtsrecht selbst geregelten Möglichkeiten ist unter weiteren Umständen ein Erlöschen der Vollmacht möglich:

 

 

  1. Das Fortbestehen der Vollmacht (fiktive Vollmacht) und der Schutz Dritter bei nicht entstandener oder erloschener Vollmacht

Kommen wir zurück zu den beiden Fällen mit Speich und Sprinter. Es taucht die Frage auf, ob und ggf. wie ein Geschäftspartner, der auf das Bestehen einer Vollmacht vertraut, vom Gesetz geschützt wird, wenn der Geschäftsherr die Vollmacht einseitig widerruft (§ 168 S. 2 BGB) oder das der Vollmachterteilung zugrunde liegende Kausalgeschäft beendet hat (§ 168 S. 1 BGB). Diese Frage wird von den §§ 170 bis 173 BGB geregelt. Aus dem Zusammenspiel dieser Vorschriften lässt sich Folgendes ableiten:

Beispiel 1: Speich hatte die Bevollmächtigung seines Einkaufsleiters damals gegenüber der Firma Tretmühle erklärt. Nach der fristlosen Kündigung versäumt es Speich, die Firma Tretmühle über das Ausscheiden des Einkaufsleiters zu informieren.

 

Hier ist die Vollmacht nach § 168 S. 1 BGB erloschen. Speich hat jedoch Vertretungsmacht nach § 167 Abs. 1 2. Alt. BGB in Form einer Außenvollmacht erteilt. Daher findet die Bestimmung des § 170 BGB Anwendung, nach der der Schein der einmal wirksam erteilten Vollmacht solange fortgilt, bis das Erlöschen der Vollmacht dem Geschäftsgegner vom Vollmachtgeber angezeigt wird. Da Speich eine entsprechende Anzeige an die Firma Tretmühle hier versäumt hat, gilt zugunsten der Firma Tretmühle gem. § 170 BGB die Vollmacht als fortbestehend bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Speich das Erlöschen der Vollmacht der Firma Tretmühle zur Kenntnis bringt.

Beispiel 2: Speich hat seinem Angestellten wirksam Innenvollmacht erteilt. Im Anschluss daran hat er sämtliche Geschäftspartner angeschrieben und von der Vollmachterteilung in Kenntnis gesetzt. Auch hier versäumt es Speich, das Ausscheiden seines Angestellten in gleicher Weise mitzuteilen.

 

Hier gilt über die bereits dargestellte Rechtsfolge des § 170 BGB hinaus auch die Bestimmung des § 171 BGB, da Speich durch besondere Mitteilungen von der Erteilung der Vollmacht Kenntnis gegeben hat. Auch dann gilt zugunsten der so in Kenntnis gesetzten Geschäftspartner des Speich die Vollmacht als fortbestehend, bis eine gegenteilige Mitteilung erfolgt. Nach § 171 Abs. 2 BGB ist Speich sogar gehalten, das Erlöschen der Vollmacht in derselben Weise mitzuteilen, in der auch die Erteilung der Vollmacht kundgegeben worden ist. Als Konsequenz müsste Speich also an alle Geschäftspartner ein entsprechendes Schreiben richten, durch das er sie vom Erlöschen der Vollmacht in Kenntnis setzt.

 

Beispiel 3: Speich hat bei der Ernennung zum Einkaufsleiter eine Vollmachturkunde ausgehändigt, die sein ehemaliger Angestellter Sprinter nach der Entlassung nicht zurückgibt, sondern der Firma Tretmühle bei Vertragsabschluss vorlegt.

 

Auch hier ist nach dem Ausscheiden des Angestellten gem. § 168 S. 1 BGB die Vollmacht erloschen. Speich hat jedoch durch Ausstellung und Aushändigung der Vollmachturkunde einen ➞ Rechtsschein veranlasst, auf den die Firma Tretmühle vertraut hat. Dieses Vertrauen ist nach §§ 172, 171 BGB geschützt, so dass sich Speich so behandeln lassen muss, als ob sein Angestellter noch Vertretungsmacht gehabt hätte.

Beispiel 4: Leo Listig (L) trifft nach seiner letzten Verurteilung wegen Zechbetruges in der Gaststätte „Zur letzten Instanz“ seinen Bekannten Berthold Blau (B). Blau ist
– nomen est omen – vollständig betrunken. Listig überredet Blau daraufhin, gegenüber dem Wirt Viktor Veltins (V) zu erklären, er, Blau, bevollmächtige den Listig, in seinem Namen so viele Lokalrunden zu bestellen, wie er möge. Listig nutzt die ihm übertragene Vertretungsmacht weidlich aus, so dass am Ende auf Blaus Deckel mehr als 100 € stehen, deren Bezahlung Veltins, der die ganze Geschichte mitbekommen hat, nunmehr von Blau verlangt.

 

Eine Grenze für diese „Rechtsscheinshaftung“ der §§ 170, 171 Abs. 2, 172 Abs. 2 BGB besteht allerdings nach § 173 BGB dann, wenn der Vertragspartner keines Schutzes würdig ist.

Für einen Anspruch des V gegen B aus § 433 Abs. 2 BGB sind die entsprechenden kaufvertraglichen Willenserklärungen von L, der offen im Namen des B gehandelt hat, und V abgegeben worden. B wäre also dann gem. §§ 433 Abs. 2, 164 Abs. 1, 3 BGB zur Bezahlung verpflichtet, wenn L mit Vertretungsmacht gehandelt hätte. Die auf die Erteilung einer Außenvollmacht gerichtete Willenserklärung des B nach § 167 Abs. 1 2.Alt. BGB war jedoch nach § 105 Abs. 2 BGB wegen der Volltrunkenheit des B nichtig. Es fragt sich aber, ob V nicht in seinem Vertrauen auf den Bestand der Vollmacht gem. § 170 BGB zu schützen ist. Eine direkte Anwendung des § 170 BGB scheidet aus, da diese Vorschrift nur das Vertrauen auf den Fortbestand einer wirksam erteilten Vollmacht schützt. Lesen Sie genau den Gesetzestext!

Die Vollmacht war jedoch hier infolge des § 105 Abs. 2 BGB von Anfang an nichtig. Die §§ 170 bis 173 BGB sind aber nach ihrem Schutzzweck entsprechend auch dann anzuwenden, wenn die Vollmachterteilung von vornherein nicht wirksam war. Da die Vollmacht hier in einer dem § 170 BGB entsprechenden Weise erteilt worden ist, könnte sich V dementsprechend B gegenüber auf den Bestand der Vollmacht berufen und Zahlung verlangen.

Dieses Ergebnis erscheint ungereimt, da V nach dem Sachverhalt den zur Nichtigkeit der Willenserklärung führenden Umstand kannte. Die Konsequenz hieraus zieht § 173 BGB. Danach ist der Dritte in seinem Vertrauen auf das Bestehen der Vollmacht dann nicht geschützt, wenn er das Erlöschen der Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäftes kannte oder kennen musste. In entsprechender Anwendung von § 173 BGB ist daher auch das Vertrauen des V, der den zum Nichtentstehen der Vollmacht führenden Grund kannte, nicht geschützt.

V hat daher gegen B keinen Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB.

 

  1. Duldungs- und Anscheinsvollmacht

In rechtsfortbildender Rechtsschöpfung hat die Rechtsprechung über die §§ 170 bis 173 BGB hinaus noch in analoger Anwendung des § 164 ff. BGB zwei weitere „Rechtsscheinsvollmachten“ entwickelt, bei denen sich der „Vertretene“ aus Gründen des Vertrauensschutzes für den Geschäftsgegner so behandeln lassen muss, als habe der vollmachtlose Vertreter für ihn mit wirksamer Vollmacht gehandelt:

Beispiel: Versicherungsgesellschaft G erteilt V Vermittlungsvollmacht, aber keine Abschlussvollmacht. V schließt mit X dennoch „Haftpflicht“ ab, die G zwar erfüllt, aber V rüffelt und ihn beauftragt, X darauf hinzuweisen , dass es sich um eine Ausnahme gehandelt habe. V unterlässt dies und schließt jetzt „Feuerschutz“ ab. X kann auf Erfüllung über eine „Duldungsvollmacht“ bestehen.

 

  1. Vollmacht zu einseitigen Rechtsgeschäften

Da bei einer einseitigen Willenserklärung – z.B. der Kündigung eines Arbeitsvertrages –, die von einem Vertreter abgegeben wird, deren Wirksamkeit von der Vertretungsmacht abhängt, muss dem Erklärungsgegner über die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens dieser Rechtsmacht Klarheit verschafft werden. Am einfachsten geschieht dies dadurch, dass der erklärende Vertreter dem Adressaten der einseitigen Willenserklärung eine entsprechende Vollmachts-urkunde vorlegt. Geschieht dies nicht, so hat es der Erklärungsgegner in der Hand, durch unverzügliche Zurückweisung des Rechtsgeschäftes aufgrund der unterbliebenen Vorlage einer Vollmachtsurkunde das einseitige Geschäft unwirksam zu machen, § 174 S. 1 BGB. Da der Erklärungsgegner aber auch dann Klarheit über die Frage der Bevollmächtigung hat, wenn die Vollmacht ihm gegenüber erklärt wird (Außenvollmacht) oder er vom Geschäftsherrn über die Vollmachterteilung anderweitig in Kenntnis gesetzt wird, schließt  § 174 S. 2 BGB für diesen Fall das Zurückweisungsrecht aus.

 

  1. Arten und Umfang der Vollmacht

Darunter versteht man die Befugnis, den Geschäftsherrn durch ein einzelnes, vorher genau bestimmtes Rechtsgeschäft zu verpflichten und zu berechtigen. Für diese Einzelvollmacht, die auch Spezialvollmacht genannt wird, gilt der Grundsatz, dass der Geschäftsherr Inhalt und Umfang der Vollmacht bestimmt.

Diese bezieht sich im Gegensatz zur Spezialvollmacht nicht auf ein einziges bestimmtes Geschäft, sondern verleiht die Rechtsmacht zum Abschluss einer bestimmten Art von Geschäften. So haben regelmäßig die Verkäufer in einem Ladengeschäft vom Geschäftsinhaber die Befugnis, über sämtliche im Laden vorhandenen Waren Kaufverträge und Übereignungen mit Wirkung für und gegen den Geschäftsinhaber abzuschließen.

Es ist die weitreichendste Art der Bevollmächtigung. Auch hier geht der Umfang der Vollmacht auf die Entscheidung des Vollmachtgebers zurück; bei Erteilung einer Generalvollmacht verleiht er dem Bevollmächtigten die Rechtsmacht, jede Art von Geschäften, soweit sie nicht höchstpersönlicher Natur sind, abzuschließen. Der Generalbevollmächtigte kann den Geschäftsherrn also in nahezu allen rechtsgeschäftlichen Erklärungen vertreten.

Von diesen Vollmachten unterscheiden sich diejenigen Bevollmächtigungen, bei denen der Umfang gesetzlich bestimmt ist.  Solche typisierten Vollmachten kommen im Handelsrecht vor. Zum Schutz des Handelsverkehrs lässt man eine Beschränkung ihres Umfanges nicht zu, so dass sich der Geschäftsgegner grundsätzlich darauf verlassen kann, dass der Inhaber einer solchen Vollmacht auch zu den vom Gesetz für diese Art der Vertretungsmacht vorgesehenen Rechtsgeschäften befugt ist. Die Entscheidung des Geschäftsherrn kann hier nur dahin gehen, eine solche typisierte Vollmacht zu erteilen – dann ist deren Umfang gesetzlich vorgeschrieben – oder eine nichttypisierte Vollmacht zu erteilen – dann kann er deren Umfang selbst bestimmen. Zu den typisierten Vollmachten zählen die Prokura, die zu allen Geschäften berechtigt, die der Betrieb irgendeines Handelsgewerbes mit sich bringt (§§ 49, 50 HGB), und die Handlungsvollmacht, deren Umfang sich nicht, wie bei der Prokura, nach den Handelsgeschäften allgemein, sondern danach richtet, welche Geschäfte gerade der Betrieb mit sich bringt, in dem diese konkrete Handlungsvollmacht erteilt wurde (§ 54 HGB). Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch § 56 HGB, wonach der Ladenangestellte als zum Verkauf der in dem Laden ausgestellten Waren bevollmächtigt gilt. (➞ Fiktion) Zwischen der letztgenannten Vollmacht eines Ladenangestellten und der Artvollmacht, besteht der wesentliche Unterschied, dass § 56 HGB nur dann Anwendung findenkann, wenn das Ladengeschäft Teil eines Handelsgewerbes ist.

 

 

Mehreren Personen kann eine Vertretungsmacht in der Weise gemeinschaftlich zustehen, dass nur alle zusammen oder doch nur einige von ihnen zusammen in der Lage sind, durch ihre Erklärungen Rechtsfolgen für den Vertretenen zu begründen.

Einzelfälle der Gesamtvertretung finden Sie ebenfalls im Handelsrecht, insbesondere kann nach § 48 Abs. 2 HGB eine Prokura an mehrere gemeinschaftlich erteilt werden. Gesamtvertretung ist auch die gesetzliche Vertretung des Kindes durch beide Elternteile, § 1629 Abs. 1 S. 2 BGB. Die mehreren Gesamtvertreter können in aktiver Stellvertretung, also bei der Abgabe von Willenserklärungen, grundsätzlich nur so handeln, dass sie alle – wenn auch nicht notwendig gleichzeitig – übereinstimmende Erklärungen gegenüber dem Geschäftsgegner abgeben. Häufig tritt jedoch dem Geschäftsgegner gegenüber nur einer der Gesamtvertreter auf (Mutter) und beruft sich auf die intern erteilte Zustimmung des anderen (Vater). Eine solche Vorgehensweise ist dann gedeckt, wenn nach §§ 182, 183 BGB alle anderen Vertreter (Vater) den Handelnden (Mutter) zur Vornahme des bestimmten Geschäfts ermächtigen.

Bei der passiven Stellvertretung ist eine solche Ermächtigung nicht notwendig. Hier hat sich der Grundsatz durchgesetzt, dass jeder Gesamtvertreter zur Empfangnahme einer Willenserklärung allein ermächtigt ist (so auch ausdrücklich § 1629 Abs. 1 S. 2, 2. Hs. BGB).

Von der Gesamtvollmacht, bei der die Vertretungsmacht sich horizontal auf mehrere Personen erstreckt, ist die Untervollmacht zu unterscheiden, bei der sich die Vollmacht in vertikaler Richtung vervielfältigt. Die vom Geschäftsherrn selbst erteilte Vertretungsmacht bezeichnet man als Hauptvollmacht, die vom Bevollmächtigten ausgehende als Untervollmacht und den gesamten Vorgang der Erteilung einer Untervollmacht als Substitution. Ein Prokurist, der selber nur Bevollmächtigter des Geschäftsinhabers ist, darf zwar seine Prokura nicht übertragen (§ 52 Abs. 2 HGB), wohl aber einer anderen Person Handlungsvollmacht erteilen.

Bei Rechtsanwälten ist es üblich, im Rahmen der Prozessvollmacht (§ 81 ZPO) zum Beispiel einen ihnen zur Ausbildung zugewiesenen Referendar mit der Wahrnehmung der einzelnen Gerichtsverhandlungen zu betrauen (Terminsvertreter). Im Übrigen hängt es von der Auslegung der Hauptvollmacht ab, inwieweit der Hauptvertreter zur Substitution befugt ist. Hat der Vertretene erkennbar ein Interesse daran, dass das Rechtsgeschäft durch den Bevollmächtigten persönlich vorgenommen wird, so ist die Erteilung einer Untervollmacht unzulässig.

Die Erteilung der Untervollmacht kann in zweifacher Weise erfolgen. Zum einen ist es möglich, dass der Hauptbevollmächtigte seine Vollmacht auf den Unterbevollmächtigten überträgt. Dieser schließt dann das Rechtsgeschäft ohne Erwähnung des Haupt-bevollmächtigten unmittelbar im Namen des Geschäftsherrn ab (unmittelbare Untervertretung). Die andere Alternative besteht darin, dass der Hauptbevollmächtigte dem Unterbevollmächtigten lediglich die Befugnis verleiht, das Geschäft über ihn zu schließen, so dass der Unterbevollmächtigte beim Geschäftsabschluss sich selbst als Vertreter des Hauptvertreters und diesen wiederum als Vertreter des eigentlichen Geschäftsherrn bezeichnen muss (mittelbare Untervertretung).