Dabei handelt es sich um ein nicht im allgemeinen, sondern im ➞ besonderen Teil des StGB geregeltes Rechtsinstitut (vgl. §§ 139 Abs. 4; 239 a Abs. 4; 306 e; 264 Abs. 5; 314 a; 320 StGB), das einen ➞ Rücktritt vom bereits vollendeten Delikt, meist durch „Abwendung des Erfolges“, ermöglicht. Die Frage, die sich für den allgemeinen Teil stellt, ist, ob man durch eine Rechtsanalogie die „tätige Reue“ auf Diebstahl analog (➞ Analogie) anwenden kann, oder ob aufgrund eines ➞ Umkehrschlusses („argumentum e contrario“) dies nicht der Fall ist. Analogie zugunsten des Täters ist immer möglich.
Beispiel: Oma Irmgard steckt im Supermarkt ein Krabbendöschen in ihre Manteltasche, um die Krabben ohne Bezahlung zu Hause zu essen. Kurz vor der Kasse bekommt sie jedoch Gewissensbisse und stellt das Döschen in das Regal zurück.
- 242 StGB (➞ Diebstahl) ist bereits vollendet, da Oma Irmgard eine fremde bewegliche Sache in rechtswidriger Zueignungsabsicht weggenommen hatte (Wegnahme bereits mit Ergreifen und Verbergen der Sache in einem Kleidungsstück, einer sog. „Gewahrsams-enklave“). Strafbefreiender Rücktritt gem. § 24 Abs. 1 StGB scheidet wegen der Vollendung aus. Aber „tätige Reue“?
- Meinung: “Tätige Reue“ findet Anwendung analog den entsprechenden Regelungen im besonderen Teil, da auch hier der Diebstahl den für die „Delikte mit tätiger Reue“ typischen frühen Vollendungszeitpunkt hat. Oma Irmgard wäre straflos.
- Meinung: „Tätige Reue“ ist nicht analog anzuwenden, da eine ausdrückliche Regelung bei § 242 StGB fehlt. Oma Irmgard wäre strafbar (h.M.).