Keinen Abbruch vor dem Aufbruch! Ihre jurastudentische Motivation muss mehr sein als ein Strohfeuer. Sie muss Sie auch über Motivationslöcher im Anfang hinweg tragen: „Mir sind Zweifel daran gekommen, ob ich zum Mitglied in der „feinen“ juristischen Gemeinschaft wirklich tauge.“ – „Ich bin weder von meinen Fähigkeiten recht überzeugt noch von meiner Inspiration und Motivation genügend beseelt zum Jurastudium“. – „Auch sehe ich bei meinen ehemaligen Mitschülern, die ebenfalls Jura studieren, dass alle viel besser, klüger und fleißiger sind als ich.“ Nicht diese defätistischen Gedanken! Kein Scheitern schon im Anfang! (➞ Scheitern im Erstsemester) Die Spezialfälle in den Lehrbüchern und die Monologe in den Vorlesungen sollten Sie nicht gleich entmutigen! Lassen Sie Ihre Aufbruchstimmung (➞ Studienaufbruch) nicht abbrechen. Wie schön ist es, wenn man mit Mut und Schwung sein ➞ Jurastudium ins Auge fasst. Wie schade, dann schon am Anfang hängen zu bleiben. Sie sind kein verlassener Robinson! Erst nachdem Sie zwei Monate Jura studiert haben, sollten Sie einmal ehrlich in sich gehen. Zwar ist es viel zu früh, um zu übersehen, ob Jura die richtige Wahl ist, aber man kann dann sehr wohl erkennen, ob es einem gar nicht liegt. Orientieren Sie sich dabei nicht so sehr an der Uniatmosphäre. Fragen Sie sich vielmehr, ob es Ihnen prinzipiell Spaß macht, mit Rechtsfällen umzugehen, gutachtlich zu arbeiten, logisch zu subsumieren und juristisch zu argumentieren. Kommen Sie damit wenigstens im Grundsatz zurecht? (➞ Eignung zum Jurastudium)

 

Selbstverständlich können Sie Ihr angedachtes „Juraspiel“ jederzeit abbrechen. Die rationalisierte Welt, wie sie unsere Juristerei beherrscht, ist nicht jedermanns Sache. Bevor Sie aber Ihre schon in Stellung gebrachten Jura-Figuren bereits nach den Eröffnungszügen umstoßen, sollten Sie gut überlegen, ob Sie nicht doch weiterspielen. Solange Sie keine neue konkrete Vorstellung von einem anderen Studium oder einer anderen Ausbildung haben, sollten Sie das „Juraspiel“ weiterspielen. Wahrheiten, die Sie über Ihr anvisiertes Studium zu sagen versuchen, können nur das Produkt einer gewissenhaften Selbstprüfung sein. Erforderlich ist eine genaue Analyse und Beschreibung der Situation.

Den typischen „Jurabegeisterten“ gibt es mangels schulischer Vorkenntnisse ohnehin nicht. Ein möglicher Abbruch des Jurastudiums schon vor dem eigentlichen Aufbruch ist immer die Folge des Zusammenwirkens mehrerer Faktoren:

  1. Ein „durchgezogenes“ Jura-Studium im Freischussstress befriedigt nicht
  2. Große Zweifel an persönlicher Eignung
  3. Furcht vor Misserfolgen in Klausuren
  4. Ausbleiben von Erfolgserlebnissen im Anfang
  5. Interessen, vielleicht Erfolge oder attraktive Angebote auf anderen Gebieten liegen vor
  6. Finanzielle Schwierigkeiten
  7. Zu hoher Leistungsdruck an der Uni
  8. Jurastudium war Ausweichfach – nicht Wunschfach
  9. Fehlender Praxisbezug frustriert
  10. Fehlende Anschaulichkeit infolge hoher Abstraktion
  11. Schlechtes soziales Klima in den Massenfakultäten der Juristerei
  12. Schlechte Berufsaussichten bei fehlendem Prädikatsexamen
  13. Erkenntnis, dass Prädikatsexamina nur sehr schwer zu erreichen sind
  14. Anschluss an Mitstudenten scheint verpasst
  15. Keine greifenden Lernstrategien für diese verdammt komplexe Juristerei
  16. Erhebliche Beratungs- und Betreuungsdefizite
  17. Schlechte Didaktik in den juristischen Hörsälen.
  18. Die Diskontinuität zwischen Gymnasium und Juristischer Fakultät.

 

Gegen den Abbruch ein paar Ratschläge:

 

 

 

 

 

 

Der Kluge tut gleich anfangs, was der Dumme erst am Ende tut. Der eine tut es zur rechten, der andere zur unrechten Zeit. Sie sollten nach dem ersten Semester eine strenge Potenzialitätenanalyse vornehmen und nicht erst nach dem zweiten. Viele Studenten leben lieber in ihrem bekannten depressiven Jurastudiumunglück als zu dem ihnen (noch) unbekannten Glück des erfolgreichen juristischen Studiums aufzubrechen.

 

Im ewigen Kontinuum von Ursache und Wirkung fühlt sich der Jurastudent, wie jeder Mensch, dann besonders unwohl, wenn er nicht mehr wegschauen kann und erkennt: „Das da bin ja ich! Und das ist, was ich tu! Und das ist, was ich nicht tue! Und wenn ich so weitermache, dann … “.

 

Um das klar zu machen, füllen Sie bitte folgenden Fragebogen gewissenhaft aus (keine mehrfachen Ankreuzungen!). Ein kleiner Test für Sie, damit Sie nie sagen: „Warum hat das mit mir keiner früher gemacht?“

Wenn Sie insgesamt zwischen 34 und 50 Punkten erreicht haben, macht Jura Ihnen Spaß und Freude und Sie haben keine echten Lernschwierigkeiten. Ihnen kann man nur raten: Machen Sie weiter, Sie sind auf dem richtigen Weg! Falls Ihr Gesamtergebnis zwischen 51 und 114 Punkten liegt, werden Sie sehr viel Nutzen aus der Interpretation Ihres Fragebogenergebnisses ziehen können. Liegt Ihre Gesamtpunktzahl zwischen 115 und 136, können Ihnen Lern-Ratschläge kaum noch helfen. Ihr Einstieg in die Juristerei ist nicht gelungen! Sie müssen Ihr Studium von Anbeginn neu konzipieren, Ihr Lernverhalten völlig ändern, sich besser motivieren und vor allem: diszipliniert lernen wollen. Sie müssen sich die Frage stellen: „Was muss ich tun, um mein Jurastudium so richtig in den Sand zu setzen?“ Die Antwort: „So weitermachen, wie bisher!“

 

Wichtig ist, dass Sie beim Ausfüllen des Fragebogens festgestellt haben, wie Sie bisher gelernt haben. Sie haben reflektiert! Jetzt entsteht die notwendige Offenheit, nach Lösungen zu suchen. Es ist Ihnen klar geworden, woran Ihr Studium „krankt“, worin Ihre Unlust, Ihre Fehler, Ihre Fluchttendenzen aus den wahren Lernaktivitäten in die Scheinaktivitäten begründet sind. Es nützt kein allgemeines Lamento, sondern nur die Ihnen durch den Fragebogen anempfohlene genaue Selbstanalyse, das schonungslose Beschreiben Ihrer Fehler und gegebenenfalls ein Umsteuern. Denken Sie daran: Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war.

 

Nach meiner Erfahrung ist ein Abbruch des Jurastudiums meist der Schlusspunkt einer durch Enttäuschung und Nichtverstehen der juristischen Materie entstandenen Resignation. Man sagt sich: „Ich könnte es schaffen, aber es ist zu schwierig.“ Sagen Sie sich doch: „Es könnte schwierig sein, aber ich werde es jetzt schaffen!“ Einen Versuch kann man nicht als gescheitert bezeichnen, den man gar nicht unternimmt. Sie haben vielleicht Ihr Studium noch gar nicht richtig versucht, zu beginnen. Versuchen Sie es! Doch bitte kein Abbruch vor dem Aufbruch!

Ihre Entscheidung für oder gegen Jura sollte auf sechs Erkenntnissen basieren:

 

Erkenntnis 1:     „Was will ich eigentlich genau?“ (Selbstanalytischer Faktor)

Erkenntnis 2:    „Welche Alternativen gibt es für mich und mein Jurastudium?“ (Horizont-absuch-Faktor)

Erkenntnis 2a: „Welche Alternative hat welche Konsequenzen?“ (Zu-Ende-denk-Faktor)

Erkenntnis 2b: „Welche ‚Schmerzen‘ treten bei welcher Alternative auf?“ (Weh-tun-Faktor)

Erkenntnis 2c: „Welche konsequenten Handlungsweisen erfordert welche Alternative von mir?“ (Interventionsfaktor)

Erkenntnis 3:    „Was sind meine wahren, ganz ehrlichen Wünsche, Triebe und Instinkte?“ (Freud‘scher Faktor)

 

Ihre Aufgabe muss jetzt eine ehrliche Analyse der „Wackel-Situation“ sein, um aus dem langgezogenen „Jein“ der halben Möglichkeiten ein knappes „Ja“ oder „Nein“ zu Jura zu machen. Sie sind kein gegängelter Schüler mehr. Sie müssen Ihre Rolle als freier Jurastudent neu lernen. Dabei müssen Sie sich darüber im Klaren sein, dass es bei wichtigen Entscheidungen, wie der Aufnahme oder Fortsetzung eines Jurastudiums, niemals ein 90 : 10 oder gar ein 99: 1 gibt, sondern (fast) immer ein 51 : 49. Und: Dass der unterlegene Teil oft und lange, manchmal bis ins Examen, rebelliert.

Wenn’s allerdings nicht mehr passt: Finden Sie etwas Besseres! In jedem Menschen steckt mindestens ein zweiter, nämlich der, der er auch sein könnte. Bei einem Jurastudiumabbruch scheitert nie der ganze Mensch, sondern immer nur ein Teil, nur der Student in seinem konkreten Vorhaben des Studiums von Jura.

 

 

 

Ein guter Tipp:

Nehmen Sie zwei DIN-A4-Bögen, beschriften Sie den einen mit „Abbruch“, den anderen mit „Weitermachen“ und ziehen Sie in der Mitte jeweils einen langen Strich. Über die jeweils linke Spalte malen Sie ein Plus, über die jeweils rechte ein Minus, und nun schreiben Sie alles, was für und was wider „Abbruch“ oder „Weitermachen“ spricht, in einem „brainstorming“ innerhalb einer halben Stunde nieder. Lassen Sie Ihrer Feder freien Lauf. Sie werden erstaunt sein, was da so alles zusammenkommt.