ist die Erlangung eines Vermögensvorteils ohne Rechtsgrund. Die Vorschriften des § 812 ff. BGB begründen ein gesetzliches ➞ Schuldverhältnis und haben gemeinsam den Grundgedanken, einen Anspruch auf Rückgängigmachung eines Rechtserwerbs zu gewährleisten, der z.B. aus Gründen des ➞ Abstraktionsprinzips oder zum Schutz eines ➞ gutgläubigen Erwerbes zwar gültig vollzogen ist, aber im Verhältnis zu dem Benachteiligten des rechtfertigenden Grundes entbehrt. Ziel der ungerechtfertigten Bereicherung ist es, dort einen gerechten und billigen Ausgleich durch Herausgabe des Erlangten bzw. Wertersatz zu schaffen, wo das Recht zunächst einen wirksamen Vermögenserwerb herbeiführt, obwohl dieser mit den Anforderungen materieller Gerechtigkeit nicht in Übereinstimmung steht.
Die ungerechtfertigte Bereicherung des § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB setzt tatbestandlich voraus, dass der Anspruchsgegner ein „Etwas“ durch die „Leistung“ des Anspruchsstellers „ohne Rechtsgrund“ erlangt hat und ordnet als Rechtsfolge die Herausgabe des „Etwas“ an.
Beispiel: Bei dem Erwerb eines Fahrrades ist der Kaufvertrag zwischen V und K wegen Wuchers gem. § 138 Abs. 2 BGB unwirksam. Kaufpreiszahlung und Übereignung des Fahrrades sind aber wirksam erfolgt. (➞ Abstraktionsprinzip)
Den erforderlichen Ausgleich schafft § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB. Dieser Anspruch, der Leistungskondiktion genannt wird, dient dazu, rechtsgrundlose, also „ungerechtfertigte“ Zuwendungen, also Bereicherungen (TBM „etwas“ in § 812 Abs. 1 S. 1 BGB) rückgängig zu machen. Das ist sein einziger Zweck! Wer A – wie Abstraktionsprinzip – sagt, muss auch B – wie Bereicherungsrecht – sagen!
Der Tatbestand dieser Anspruchsgrundlage des § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB enthält drei Voraussetzungen:
- Der Anspruchsgegner muss ➞ „etwas“ erlangt haben, er muss also bereichert sein. Eine Bereicherung liegt vor, wenn ein irgendwie gearteter Vermögensvorteil feststellbar ist. Im Beispielsfall ist der Käufer um das Eigentum und den Besitz an dem Fahrrad bereichert.
- Die Bereicherung muss durch eine ➞ „Leistung des Anspruchsstellers“ eingetreten sein. Dabei wird unter Leistung jede bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens zur Erfüllung einer bestehenden oder vermeintlich bestehenden Verbindlichkeit verstanden. Im Fallbeispiel wollte der Verkäufer V das Vermögen seines Käufers K zum Zwecke der Erfüllung des Kaufvertrags durch Übereignung des Fahrrades und Besitzverschaffung vermehren.
- Schließlich muss diese Vermögensmehrung „ohne rechtlichen Grund“ (lat.: sine causa) erfolgt sein. ➞ Rechtsgrund für die Vermögensverfügung könnte hier der Kaufvertrag über das Fahrrad gewesen sein (§ 433 BGB). Ist der Kaufvertrag jedoch unwirksam, so fehlt es an einer ➞ Causa für die Eigentumsübertragung.
Für diesen Fall des kumulativen Zusammentreffens der drei Tatbestandsmerkmale bestimmt § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB als Rechtsfolge, dass das Erlangte, im Beispielsfall also das Eigentum und der Besitz am Fahrrad, wieder an den ursprünglichen Berechtigten herauszugeben ist. V hätte gegen K also einen Anspruch auf Rückübereignung des Fahrrades aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB, wenn der Kaufvertrag aus irgendeinem, vom Klausurersteller in dem Sachverhalt versteckten Grund unwirksam gewesen wäre. K ist dann „ungerechtfertigt“, d.h. ohne Rechtsgrund auf Verpflichtungsebene, „bereichert“ auf Verfügungsebene um Eigentum und Besitz. Die Rückabwicklung rechtsgrundloser Zuwendungen (das Gesetz nennt dies „ungerechtfertigte Bereicherung“), also wirksamer Verfügungsgeschäfte ohne wirksame Verpflichtungsgeschäfte, erfolgt über den Anspruch des § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB, der Leistungskondition genannt wird. (➞ Verpflichtungsgeschäft ➞ Verfügungsgeschäft ➞ BGB ➞ Rechtsgebiete im Grundstudium)