Der wichtigste Zweck des rechtswissenschaftlichen Arbeitens ist für einen Jurastudenten die Erarbeitung und die Wiedergabe von juristischem Wissen. Juristisches Wissen sollte sich sowohl durch einen hohen Grad an subjektiver Überzeugtheit auszeichnen  („Ich bin der Meinung, dass …“) als auch durch die Verfügbarkeit einer nachprüfbaren Begründung, die die Wahrheit des „Gewussten“ garantiert („Ich bin der Meinung, weil …“). Da die Begründung methodisch erfolgt, spricht man von wissenschaftlichem Wissen.

                                                                                             

In Ihren juristischen Werken (➞ Klausuren, ➞ Hausarbeiten, ➞ Referaten) sollten sich folgende wissenschaftlichen Grundsätze verkörpern:

  1. Wissenschaftliches juristisches Arbeiten hat als oberstes Ziel, Studenten anzuleiten, sich ihres juristischen Verstandes zu bedienen ohne die Anleitung anderer.

 

Sie sollen also zu wissenschaftlicher Mündigkeit, Selbstständigkeit und individueller Persönlichkeit geführt werden. Ein Referat oder eine Hausarbeit sollen nicht ausschließlich „Marktübersichten“ über wissenschaftliche Veröffentlichungen und Gerichtsentscheidungen sein, kein bloßes „Wiederkäuen“ bereits gedachter Gedanken – das auch. Sie sollen zeigen, dass der Studierende „sich eigene Gedanken“ zu machen in der Lage ist und diese, emanzipiert, eingebettet in die Erkenntnisse der Rechtsliteratur und Rechtsprechung, in einer für andere verständlichen Sprache, selbstbewusst und mit guten wissenschaftlichen „Manieren“ darstellen kann. (➞ Denkableitungen beim Jurastudium)

 

  1. Wissenschaftliches juristisches Arbeiten ist immer systematisches Arbeiten.

 

Die Arbeit folgt einem klaren, strukturierten, gegliederten, gedanklichen Aufbau, einer organisierten Ordnung. (➞ Hausarbeit)

  1. Wissenschaftliches juristisches Arbeiten heißt immer: objektiv begründen.

 

Rechtsprechung und Literatur müssen immer in ihrer Originalität wiedergegeben werden. (➞ Rechtsprechung Literatur)

 

  1. Wissenschaftliches juristisches Arbeiten basiert immer auf der Grundlage umfangreicher Rechtsprechungs- und Literaturauswertung

 

Es ermöglicht damit, bestimmte Aussagen nachvollziehbar und vor allem nachprüfbar zu machen. (➞ Texte juristisch erarbeiten)

 

  1. Wissenschaftliches juristisches Arbeiten muss immer eigenständiges Arbeiten sein.

 

Alle direkt oder indirekt übernommenen Gedanken oder Zitate sind zu kennzeichnen: Der Kern aller dieser Arbeiten aber muss eine originäre Geistesleistung des Studenten sein, nicht ein Tummelplatz fremder Geister. (➞ Zitiertechnik)

  1. Wissenschaftliches juristisches Arbeiten erfordert nicht die Darbietung absolut richtiger, unter Fachkundigen nicht bezweifelbarer, starrer Aussagen, sondern stellt einen Prozess dar.

 

In diesem Prozess müssen Rechtsprobleme und Streitstände entwickelt werden, Gründe geltend gemacht werden, andere Gründe dagegen gestellt werden, gewogen und gewichtet werden und schließlich müssen die besseren Gründe den Ausschlag geben. „Satz“ und „Gegensatz“, These und Antithese bringen den Studenten voran! (➞ Meinungsstreit)

 

  1. Wissenschaftliches juristisches Arbeiten ist immer ein methodisches und logisches Arbeiten.

 

Hier werden Anleihen bei den Formalwissenschaften genommen. (➞ Rechtswissenschaft)

 

  1. Wissenschaftliches juristisches Arbeiten verlangt die Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung, zu Toleranz und Fairness und die Offenheit für neue Gedanken.
  2. Wissenschaftliches juristisches Arbeiten erfordert die Nachprüfbarkeit der übernommenen Argumente und Meinungen durch ehrliche Zitate. (➞ Zitiertechnik)

 

  1. Wissenschaftliches juristisches Arbeiten erfordert Disziplin.

 

Die disziplinierte Bewältigung typischer Arbeitsphasen ermöglicht es, in einer vorgegebenen Zeit zum Abschluss zu kommen.

  1. Wissenschaftliches juristisches Arbeiten heißt immer auch die Vollständigkeit der Themen- oder Fallbehandlung.

 

  1. Wissenschaftliches juristisches Arbeiten ist immer auch ein Arbeiten im handwerklichen Sinn.

 

Zur Einhaltung dieser Grundsätze benötigt man Handwerkszeug, mit dem man verlässlich wissenschaftlich arbeiten kann: Das Formale ist genauso wichtig wie das Materielle. Ohne Form kein Inhalt! (➞ Hausarbeit)

 

Vom methodisch (➞ Methode), systematisch (➞ Systematisierung) und wissenschaftlich geschulten Vollzug Ihres Denkens (➞ Denkableitungen beim Jurastudium) hängt Ihr juristischer Erfolg in Zukunft immer ab. Unrichtiges oder fehlendes juristisch-wissenschaftliches Denken gefährden die Richtigkeit Ihrer Erkenntnisse in sämtlichen Leistungsnachweisen und die Haltbarkeit Ihrer Gedankenbildung. Wenn das, was man in juristischen Arbeiten schreibt,

bleibt es beim leeren Wortemachen.