EntdeckeJura

Beurteilung juristischer Klausuren und Hausarbeiten

Warum müssen Sie das eigentlich wissen – das Beurteilen und Bewerten von Klausuren, Referaten und Hausarbeiten? 

Für die Studenten sind diese Überlegungen von erheblicher Bedeutung, da der Student „Opfer“ von Bewertungs- und Beurteilungsfehlern, Voreingenommenheiten, fehlenden, undurchsichtigen oder untauglichen Benotungsmodellen oder Messfehlern werden kann. Sie sind auch dazu geeignet, für junge Studenten Unsicherheiten und schmerzliche Erfahrungen vermeiden zu helfen, indem sie einige Vorstellungen darüber vermitteln, was alles zu den Leistungen einer wissenschaftlichen Arbeit gehört und aus welchen Komponenten sich die Bewertungen aufbauen, um diese Leistungen einigermaßen vernünftig und vergleichbar überprüfen und beurteilen zu können.

Optimale juristische Leistungen kann nur der Student erbringen, der weiß, welche Beurteilungskriterien maßgebend sind. 

 

  • Nur wer weiß, wie eine juristische Prüfungsaufgabe erstellt wird, wird in den Tiefen und Höhen der Komposition mitspielen können.
  • Nur wer weiß, welche Maßstäbe für gelungene juristisch-wissenschaftliche Arbeiten gelten, wird sich um diese Maßstäbe bemühen.
  • Nur wer weiß, welche Gütekriterien die juristischen Arbeiten dominieren, wird sich vom sklavischen Auswendiglerner und Nachbeter zum mündigen Studenten emanzipieren.

 

Es geht in den Hochschulen allein um das Leistungsprodukt, also um Ihre vollbrachte  juristische Klausur, Ihr Referat oder Hausarbeit, nicht um den Leistungsprozess, also darum, wie Sie diese Leistungen erzeugt und entwickelt haben. Um den Prozess haben Sie sich – leider häufig allein gelassen – selbst zu kümmern. Periodische Zeugnisse, die wie auf der Schule in regelmäßigen Abständen Auskunft über Leistungen geben, sind auf der Hochschule abgelöst durch studienbegleitende Leistungsnachweise, die punktgenau erbracht werden müssen. Den Weg zu diesem Punkt bestimmen ausschließlich Sie selbst durch Ihren Lernprozess.

 

Der Transparenz der Leistungskontrollen kommt dabei eine große Bedeutung zu. Denn damit Studenten daran lernen können, in Eigenverantwortung durchgeführte Lernprozesse zu überprüfen und zu verbessern, müssen die Maßstäbe für die Bewertung der Leistungsprodukte bis ins Einzelne offengelegt und verständlich gemacht werden.

 

Beurteilt zu werden, ist unangenehm! Das Beste, was Sie dagegen tun können, ist, Klarheit zu gewinnen über das, was Sie dabei erwartet. Die Beurteilung von juristischen Leistungsnachweisen ist eine Messung, deren Anforderung bestimmten Güte- und Beurteilungskriterien genügen muss. Diese Kriterien für Klausur, Hausarbeit und Referat  sollten den Studenten bekannt sein. Optimale wissenschaftliche Arbeiten kann nur der Student erstellen, der weiß, welche Maßstäbe für gelungene Arbeiten gelten. Denn nur dann wird er sich um diese Maßstäbe bemühen. Wenn solche Leistungen einigermaßen gerecht, also gleich, überprüft und beurteilt werden sollen, müssen bei den Studenten 

  • konkrete Vorstellungen über die Beurteilung und Bewertung eines Referats, einer Klausur oder einer Hausarbeit als „Messvorgang“ vorherrschen,
  • die Gütekriterien für diese „Messung“ bestimmten Minimalanforderungen genügen,
  • die Beurteilungskriterien und das Benotungssystem im Detail transparent sein,
  • die Genealogie der Endnote anhand einer Checkliste offen liegen.

 

1. Bewerten heißt messen: Auf welchem Skalenniveau wird juristisch gemessen?

„Messen“ soll hier als die Zuordnung von Noten zu Eigenschaften der studentischen wissenschaftlichen Leistung verstanden wer-den. Dieses Messen kann auf drei verschiedenen Skalenniveaus erfolgen. 

 

Beispiel: Springen die drei Weitspringer Müller, Meier, Schneider 3,10 m, 6,20 m und 1,55 m weit, so hat man die jeweilige Weite zunächst aufgrund eines technischen Messvorgangs mittels eines Bandmaßes oder elektronisch festgestellt, also (Mess-)zahlen einer (Sprung-) eigenschaft der Sportler Müller, Meier und Schneider zugeordnet. 

 

  • Will man lediglich feststellen, wer Erster, Zweiter oder Dritter geworden ist, so werden die Messzahlen (im engeren Sinne) in eine Rangordnung gebracht (ranking). Meier: Erster; Müller: Zweiter; Schneider: Dritter. Es wird auf Rangniveau gemessen.
  • Will man dagegen feststellen, welche Abstände zwischen den Weiten stehen, wird auf Intervallniveau gemessen. Gleich große Unterschiede der gemessenen (Sprung-)eigen-schaft entsprechen gleichgroßen Unterschieden in den (Mess-)zahlen. Meier ist 3,10 m weiter als Müller und 4,65 m weiter als Schneider gesprungen; Müller ist 3,10 m kürzer als Meier, aber 1,55 m weiter als Schneider gesprungen; Schneider ist 4,65 m kürzer als Meier und 1,55 m kürzer als Müller gesprungen.
  • Will man feststellen, welche Abstände bei den gemessenen Weiten von einem definierten Nullpunkt bestehen, messen wir auf Verhältnisniveau. Beim Weitsprung haben wir einen Nullpunkt: 0,0 m, die Weite, die wir dem Sportler eintragen, wenn er übergetreten ist. Jetzt erst besteht die Möglichkeit, Aussagen über Größenverhältnisse zu machen; Meier ist doppelt so weit wie Müller und viermal so weit wie Schneider gesprungen; Müller ist halb so weit wie Meier, aber doppelt so weit wie Schneider gesprungen; Schneider ist halb so weit wie Müller gesprungen, hat aber nur ein Viertel der Weite des Meier erreicht.

 

  1. Wie „messen“ nun die Dozenten eigentlich die juristischen „Klausur-, Referats- und Hausarbeitsweitsprünge“?

Viele meinen, bei einer Benotung handele es sich um den gleichen Messvorgang. Der Dozent ordne eine (Noten-)Zahl einer (Fach- und Sach-)Eigenschaft der Studenten Müller, Meier und Schneider zu. Das stimmt aber nicht!

Die verbalisierten Ziffernoten „sehr gut“ (18-16 Pkte), „gut“ (15-13 Pkte), „vollbefriedigend“ (12-10 Pkte), „befriedigend“ (9-7 Pkte), „ausreichend“ (6-4 Pkte), „mangelhaft“ (3-1 Pkte) und „ungenügend“ (0 Pkte) werden Objekteigenschaften, nämlich bestimmten Kriterien für Ihre Arbeit (welche das sind: gleich mehr), zugeordnet. Es werden also inhaltliche und formale Qualitäten der wissenschaftlichen Arbeit in zahlenmäßige Quantitäten verwandelt. Das ist schwierig! Auf welchem Zahlenniveau geschieht das?

  • Bringen die Noten eine Rangfolge innerhalb einer bestimmten Studentengruppe zum Ausdruck (Rangniveau)?
  • Dokumentieren die Noten die Abstände (Intervalle) der Studenten untereinander (Intervallniveau)?
  • Definieren die Dozenten einen bestimmten “Nullpunkt“ und treffen von diesem Punkt aus Aussagen über Abstandsverhältnisse (Verhältnisniveau)?

Die Rolle des benotenden Dozenten kompliziert sich nunmehr dadurch, dass er seine „Leistungsmessung“ nicht an einem Bandmaß ablesen kann, sondern sie zu bewerten hat. Es genügt ja nicht festzustellen, dass Meier in der Klausur 60 Punkte, Müller 30 Punkte und Schneider 15 Punkte „gesprungen“ sind (wenn überhaupt ein Punkteschema existiert und nicht aus dem „hohlen Bauch“ heraus beurteilt wird). Verlangt wird eine Entscheidung darüber, ob das nun eine „sehr gute“ oder „vollbefriedigende“ oder „mangelhafte“ wissenschaftliche (Sprung-) Leistung gewesen ist. Es wird vielleicht formal gemessen, inhaltlich aber eindeutig bewertet. Die Note sieht nach außen so aus, als wäre sie das Resultat eines exakten Messvorgangs, während sie tatsächlich das Produkt eines mehr oder weniger verdeckten Bewertungsvorganges darstellt auf dem Bewertungsstrahl von „sehr gut“ (18) bis „ungenügend“ (0). Wenn man aber bewertet, dann kann man das nur in Bezug auf eine Norm tun. Von welcher Norm her bestimmt sich aber, was der Dozent als „sehr gut“, „vollbefriedigend“ oder „mangelhaft“ ansieht?

 

Zwei Bezugsnormen kommen in Betracht:

  •  Zum einen die innere Bezugsnorm: Man beurteilt die Leistung nach ihrem Verhältnis zur Leistung innerhalb der Studentengruppe, die die wissenschaftlichen Arbeiten erbringt. Sie ist „sehr gut“, wenn sie die Gruppenleistung weit übertrifft, „gut“, wenn sie die Gruppenleistung erheblich übertrifft, „befriedigend“, wenn sie der Gruppenleistung entspricht, „mangelhaft“ oder „ungenügend“, wenn sie hinter dieser Gruppenleistung erheblich oder ganz erheblich zurückbleibt.
  • Zum anderen die äußere Bezugsnorm: Man kann sich von der Gruppenleistung gänzlich lösen und die Leistung nach objektiven, fachlich-juristischen, erfahrungsbasierten Anforderungen bewerten, die unabhängig von der Gruppenleistung formuliert werden. „Sehr gut“ ist dann eine wissenschaftliche Arbeit, welche diese Anforderungen weit übertrifft, „gut“, wenn sie diese Anforderungen erheblich übertrifft usw. … siehe oben.

An welcher Bezugsnorm justieren die juristischen „Mess“dozenten nun ihre Werturteile? Suchen sie letzte Orientierung am „Gruppendurchschnitt“ oder an außerhalb der Gruppe gelegenen objektiven Kriterien, gewissermaßen an einem überindividuellen, allgemeinen, quasimetaphysischen, wissenschaftlichen „Bewertungserfahrungsdurchschnitt“? 

Wie immer sollte ein Blick ins Gesetz unnötige Schwierigkeiten ersparen. Aber auch dieser Blick hilft uns nicht weiter. In den Prüfungsordnungen werden für die Noten zwar verbindliche Wortbedeutungen festgelegt, sie orientieren sich aber für nahezu sämtliche Notenbeschreibungen an sogenannten „durchschnittlichen“ Anforderungen. Ist durch diese stereotypen Wendungen „durchschnittliche Leistung“, „überdurchschnittliche Leistung“, „noch durchschnittliche Leistung“, „durchschnittlichen Anforderungen nicht mehr genügende Leistung“ die innere oder äußere Bezugsnorm intendiert? Da die innere Bezugsnorm keine generelle, sondern lediglich eine gruppenindividuelle Vergleichbarkeit zulässt, muss wohl die äußere Bezugsnorm gemeint sein. Wer gibt aber – insbesondere jungen – Dozenten die Kriterien für diese anonymen, vorgeblich an sachlichen Erfordernissen und gewachsenen Erfahrungen orientierten „durchschnittlichen“ Anforderungen vor, und wer macht sie für Studenten transparent? 

 

  1. Die drei Gütekriterien für eine wissenschaftliche Leistung 

Für die Bewertung Ihrer Arbeiten muss zwingend eine faire Beurteilungseiteilung gefunden werden, die den Gütekriterien der Objektivität (Vorurteilsfreiheit), Reliabilität (Genauigkeit) und Validität (Gültigkeit) entspricht. Darüber hinaus aber auch möglichst bei allen Leistungen gleichermaßen angewendet werden kann, damit für den Studenten eine Beurteilung nach einem einheitlichen und vor allem gerechten, weil immer gleichem Modell, nachvollziehbar ist.

Objektivität (lat.: Vorurteilsfreiheit) Die Objektivität einer Messung bezeichnet den Grad, in welchem die Ergebnisse unabhängig von der Person des Messenden sind; Objektivität bedeutet beobachtende Unabhängigkeit. Die Objektivität einer Leistungsbeurteilung müsste sich darin zeigen, dass verschiedene Dozenten dieselbe Leistung in Klausur, Hausarbeit oder Referat unter gleichen Umständen gleich beurteilen und mögliche Beurteilungsdifferenzen äußerst gering ausfallen. Allgemein bekannt sind aber die enormen Schwankungsbreiten in der Beurteilung akademischer – wie im Übrigen auch schulischer Leistungen. 

Die Beurteilungs- oder Punktunterschiede zwischen Dozenten bei ein- und demselben Leistungsnachweis gehen zum großen Teil auf ihre Persönlichkeitsmerkmale zurück. Unter anderem beeinflussen sie Alter, Geschlecht, Ausbildung, Motivation, Engagement, ihre Auffassung von der eigenen Bedeutung und Wichtigkeit, ihr Narzissmus, ihr Status innerhalb der Hochschule, ihre schon vorher existierenden negativen oder positiven Vorstellungen von dem Studenten (sog. HALO-Effekt, benannt nach dem farbigen Ring um Sonne oder Mond), der erste Eindruck, für den man bekanntlich keine zweite Chance bekommt, der Grad der Ermüdung des Dozenten, erstes oder viertes Referat, erste oder dritte Klausurenkorrektur, das eigene Interesse am Thema, der persönliche Bezug zum Thema, unterschiedliche Gewichtung der Beurteilungsdimensionen und -kriterien und die berühmt-berüchtigten individuellen „Steckenpferde“ oder Marotten des Dozenten.

Reliabilität Die Reliabilität bezeichnet die Genauigkeit und die Zuverlässigkeit einer Messung. Ein Messinstrument ist von dem Dozenten so zu konzipieren, dass es zum Zeitpunkt Z1 ein gleiches Ergebnis zeigt wie zum Zeitpunkt Z2 (sog. Retest-Reliabilität). Auf die Situation der Referats-, Klausur- und Hausarbeitsbeurteilungen bezogen lauten für den Dozenten die Grundfragen der Reliabilität:

  1. Inwieweit bin ich sicher, dass meine Note den wahren Ausprägungsgrad der studentischen Leistung repräsentiert?
  2. Inwieweit bin ich sicher, dass mein Beurteilungsergebnis nicht von Messfehlern verfälscht ist?
  3. Inwieweit bin ich sicher, dass an einem anderen Tag bei gleicher Klausur oder gleicher Hausarbeit die gleiche Note vergeben worden wäre?

Validität  Validität bezeichnet die Gültigkeit und Verlässlichkeit einer Messung. Sie ist dann gegeben, wenn gewährleistet ist, dass tatsächlich das gemessen wird, was man auch messen will. Ein „valider“ Intelligenztest etwa erhebt Intelligenz und keine anderen Variablen, wie z.B. Schulleistung, Wissen oder Bildung. Bezogen auf die juristischen Leistungsüberprüfungen lautet die dozentische Grundfrage der Validität: Misst meine Leistungsprüfung wirklich vor allem jene Fachkompetenzen, die sie bei Hausarbeit, Klausur oder Referat auch messen will und soll? Eine völlig isolierte Messung einzelner Fachkompetenzen (nur BGB, nur StGB, nur GG) ist freilich nicht möglich! In irgendwelchen Graden wird immer auch sprachliche Kompetenz, Methodik, Logik, juristisches Grundwissen, gesunder Menschenverstand, Auslegungskönnerschaft, Gutachtenstil, Subsumtionstechnik und Gedächtnis mit geprüft, egal mit welchem juristischen Prüfungsinstrument. 

 

Bei der Beurteilung einer wissenschaftlichen Arbeit muss der Gesamteindruck anhand detaillierter Einzelbeobachtungen und –befunde überprüft werden; man nennt das auch „operationalisieren“. Die schillernde Vieldimensionalität der Bewertungen einer juristischen Leistung muss bei der Benotung durch den Dozenten beherrschbar und durch den Studenten nachvollziehbar sein. Das ist schwierig! Gewöhnlich ist die Leistung nämlich nicht überall gleich gut. Wohl nur in absoluten Ausnahmefällen zeigt die Leistung eines ja noch übenden Studenten von A bis Z dasselbe Niveau. Die Regel wird eher sein, dass mehr und weniger gelungene Teile sich miteinander abwechseln. Damit diese Unterschiede nicht hinter einem „Gesamteindruck“ eingeebnet werden oder verwischen, sollten die wissenschaftlichen Arbeiten in Analyseeinheiten – sog. Dimensionen – unterteilt werden. Allerdings muss zwingend eine Beurteilungseinteilung gefunden werden, die zunächst den oben angezeigten Gütekriterien der Objektivität (Vorurteilsfreiheit), Reliabilität (Genauigkeit) und Validität (Gültigkeit) entspricht, darüber  hinaus aber auch möglichst bei allen Leistungen gleichermaßen angewendet werden kann, damit eine Beurteilung nach einem einheitlichen und gerechten, weil gleichen Modell möglich ist. 

Bei einer analytischen Beurteilungsweise ist das Gesamtbild der Leistung aus diagnostizierten Einzelleistungen aufzubauen, wie etwa durch abzuzählende Lösungsansätze, aufgelistete Problemlösungen und die Zahl und Schwere der Fehler, um klar zu dokumentieren, wie der Gesamteindruck zustande gekommen ist. 

Für die Studenten hat ein solches Beurteilungsmodell den Vorzug, dass der Dozent jederzeit in der Lage ist, ihnen im Einzelnen darzulegen, worauf es bei einer guten Arbeit ankommt. Dabei muss die Transparenz der Beurteilungskriterien bereits im Vorfeld der Leistungskontrolle hergestellt werden, nicht erst hinterher, wo ja meistens nur noch  Rechtfertigungen für einmal gefällte Noten hartnäckig geäußert und verteidigt werden. 

 

Beurteilungen sind immer nur so gut, wie die Daten, auf die sie sich stützen. Deshalb können Sie anhand der nachfolgenden Seiten genau beobachten, welche Beurteilungskriterien und Ausprägungsgrade Ihre Arbeiten dominieren. Sie können sich anhand dieser „Checkliste“ auf eine nachvollziehbare Bewertung einrichten. Die Bewertungskriterien werden Ihnen hier transparent machen; ein Angebot für Ihre Vor- und Nachbereitung. 

 

Zunächst ein gut gehütetes Geheimnis: Alle Klausuren müssen ministeriell danach entworfen und von den Prüfungsämtern danach ausgesucht werden, ob mit ihnen 

 

  • Problembewusstsein Sachverhaltserfassung Überblicke über die Rechtsgebiete BGB, StGB, ÖR Methodisches Denken Juristisches Denken und Arbeiten Argumentationsfähigkeit Strukturiertes, gegliedertes Denken Formal-logischer Aufbau Schwerpunktsetzungen (wichtig/unwichtig) Juristischer Sprachstil und Juristische Verständnis 

 

nachgewiesen werden können. Das ist im Übrigen in der Summe genau der Stoff, aus dem die Prädikatsexamen gemacht sind. 

 

Etwas bescheidener, aber dafür konkreter ausgedrückt, nur in Negativform, folgt für Sie daraus: Sie müssen vermeiden, dass Sie 

 

  • den Sachverhalt nicht erfassen
  • die für die Lösung relevanten Gesetze nicht finden
  • nicht sauber im methodischen Denken mit der gefundenen Norm arbeiten (Gutachtentechnik)
  • das Problembewusstsein noch nicht entwickelt haben, d.h. die versteckten Fragen nicht finden
  • die Begründungsbedürftigkeit für ein Problem nicht entdecken
  • die Argumente nicht finden und nicht gegeneinander gewichten und abwägen
  • bei Ihren Ausführungen den Bezug zum Fall vermissen lassen
  • Gedankensprünge oder Widersprüche einbauen
  • einen falschen, weil formal unlogischen Aufbau wählen
  • die im Sachverhalt angedeuteten Differenzierungen nicht aufgreifen
  • keine Schwerpunktsetzung vornehmen
  • im juristischen Sprachstil Mängel aufweisen.

Wenn Sie lernen, das alles aus dem ersten Absatz zu zeigen und die Fehler aus dem zweiten Absatz zu vermeiden, dann heißt es unter Ihrer Klausur oder Hausarbeit demnächst: „Verfasser präsentiert eine fehlerfreie Arbeit in Inhalt, Stil und Aufbau – sehr gut“.

 

Um das zu erreichen, hier nun für Sie die gängigsten Prüfsteine für die Bewertung der juristischen Klausuren, und das greifbar und unmissverständlich. 

 

Legen Sie jedes einzelne Kriterium auf die Goldwaage! Alle (!) Korrektoren legen 30 Prüf(ungs)steine ihren Endnoten zugrunde! Es lohnt sich, die Maßstäbe ganz langsam zu lesen.

 

  1. Der Sachverhalt wird vollständig / nicht vollständig erfasst und ausgeschöpft.

 

  • Der Verfasser geht von der richtigen / nicht richtigen Aufgabenstellung aus.

 

  1. Es gelingt  dem Verfasser / es gelingt ihm nicht, die Probleme des Falles he-rauszustanzen, richtig zu priorisieren und zu gewichten.

 

  1. Der Verfasser klärt / klärt nicht die von ihm verwendeten Begriffe.

 

  1. Die Definitionen werden beherrscht / nicht beherrscht.

 

  1. Die Subsumtion erfolgt methodisch gekonnt und stringent / nicht gekonnt und nicht stringent

 

  1. Es gelingt / es gelingt nicht, die zentralen Probleme der Aufgabe zu analysieren und zu fokussieren.

 

  1. Die Probleme werden überzeugenden / nicht überzeugenden Lösungen zugeführt.

 

  1. Gutachtenstil, Urteilsstil und Feststellungsstil werden im rechten Verhältnis / nicht richtigen Verhältnis methodisch sauber / unsauber verwandt.

 

  1. Die Proportionen und Prioritäten innerhalb des Gutachtens sind stimmig / unstimmig.

 

  1. Der Verfasser emanzipiert sich / emanzipiert sich nicht von Literatur und Rechtsprechung.

 

  1. Der Verfasser versteckt sich zu oft / versteckt sich nicht hinter Lehrmeinungen und dem BGH.

 

  1. Sprachlich gelingt es / gelingt es nicht, die Gedanken im Gutachten so darzulegen, dass ein fachkundiger, nicht spezialisierter Leser zufriedenstellend informiert wird.

 

  1. Es wird / es wird nicht Einfachheit gegen Komplexität gesetzt.

 

  1. Der Verfasser neigt / neigt nicht zu Weitschweifigkeit. Er drückt sich / drückt sich nicht klar und verständlich aus.

 

  1. Das juristische Vokabular (Diktion) und seine Methodik können gefallen / nicht gefallen.

 

  1. Das notwendige juristische Wissen wird dargeboten / nicht dargeboten (Reproduktionsgehalt).

 

  1. Der Aufbau ist formal-logisch in Ordnung / nicht in Ordnung.

 

  1. Untergeordnete Punkte werden übergeordneten Punkte richtig / nicht richtig zugeordnet.

 

  1. Die Ausführungen entwickeln sich schlüssig / nicht schlüssig aus der Ableitung der Gesetze.

 

  1. Die Gedanken entwickeln sich bündig / nicht bündig zu den Problemen.

 

  1. Die Arbeit bringt / bringt keine neuen Erkenntnisse (Innovationsgehalt). Der Verfasser entwickelt eigene / keine eigenen Ideen (Kreativitätsgehalt).

 

  1. Die Arbeit ist frei / nicht frei von Widersprüchen und Brüchen.

 

  1. Die Arbeit enthält / enthält keine Wiederholungen.

 

  1. Die Darstellung entspricht / entspricht nicht in der äußeren Form und der gegliederten Gestaltung den Standards.

 

  1. Der Verfasser stellt / stellt keine Behauptungen auf, die gesetzlich oder argumentatorisch nicht unterlegt sind.

 

  1. In allen / nur wenigen Passagen zeigt der Verfasser / zeigt nicht den gekonnten Umgang mit dem terminologisch-juristischen Instrumentarium.

 

  1. Juristische Termini werden korrekt / nicht korrekt gebraucht.

 

  1. Die Klausur ist / ist im Wesentlichen / ist nicht frei von sprachlichen Mängeln in Interpunktion, Orthographie und Grammatik.
  2. Die Darstellung ist vollständig / nicht vollständig.

 

  1. Notengebung    

Dass man in den meisten Fächern an den Universitäten und Fachhochschulen gute oder sehr gute Noten bekommt, ist seit längerem bekannt, darf Sie aber nicht schrecken. Die Inflation guter Noten hat sich in den letzten Jahren weiter verstärkt. Während im Jahr 2000 durchschnittlich 70 Prozent eines Abschlussjahrgangs eine gute oder sehr gute Note erhielten, waren es 2011 über 80 Prozent (Studie des Wissenschaftsrates). Die Gründe für diese Entwicklung sind mannigfach:

  • Eine laxe Benotungspraxis in Geistes- und Sozialwissenschaften, speziell in Psychologie, Kunstgeschichte, Pädagogik, Betriebswirtschaftslehre, Soziologie
  • Kompensatorisches Verschenken von guten Noten in Fächern mit schlechten Berufsaussichten
  • Kompensatorisches Verschenken von guten Noten für schlechte Lehre und schlechte Studienbedingungen
  • Interesse, den eigenen Studenten bildungsbiografische Vorteile zu verschaffen
  • Angst vor zeitintensiven Rechtfertigungen für schlechte Noten in Sprechstunden und Nachgesprächen
  • Angst vor Protesten, dem Verlangen nach Nach- oder Neuschreiben, letztlich vor Verwaltungsgerichtsverfahren
  • Hineinwachsen in eine Positivhaltung seitens der Dozenten durch intensiven Betreuungsprozess (wenn ein solcher überhaupt stattfindet)
  • Belohnung für das Durchhalten in vermeintlich schwierigen Fächern
  • Angst vor Kollegenhäme im akademischen Wettbewerb

 

Dies alles können Sie in der juristischen Ausbildung getrost vergessen!

 

Die Noteneinteilung reicht bei juristischen Leistungskontrollen aufgrund der Prüfungsordnungen der Länder zwar von 0 Rangpunkten = ungenügend bis zu 18 Rangpunkten = sehr gut.

I. Erfassen des Sachverhalts und der Aufgabenstellung

II. Aufbau und Gliederung der Arbeit

III. Inhaltliche Ausführungen zu den erkannten Problemen und deren Lösungen und Begründungen

IV. Formale Gestaltung

V. Stil und Methodik

Da der Korrektor fünf unterschiedliche Kategorien verwendet, ergibt sich für ihn als abschließendes Problem die Zuordnung eines Gewichtungsfaktors zu den einzelnen Kategorien.

Im Regelfall könnte man sich folgende Gewichtung vorstellen:

 

4 Rangpunkte = ausreichend minus

Während die Rangpunkte für die Kategorien I, II, IV und V mehr aus der didaktischen Lehrerfahrung gegeben werden, werden die Rangpunkte für die Hauptkategorie III „Problemerkennung und inhaltliche Ausführungen“ anhand einer vom Klausurenersteller als verbindlich vorgegebenen Tabelle für sog. „LEISTUNGSPUNKTE“ ermittelt. Dabei wird die Zuordnung der für diese Kategorie zu ermittelnden Note anhand einer Musterlösung nach logisch isolierbaren Einzelleistungen vorgenommen, wie Anzahl der richtigen Denkansätze, Umgang mit Literatur und Rechtsprechung, Definitionen, reines Reproduktionswissen, Kreativität, Vertretbarkeit der Problemlösungen, Schlüssigkeit der Begründungen, Innovationsgehalt, bewältigte Teilleistungen und der darauf gegebenen Punkte. 

 

Nehmen wir an, der Dozent käme auf diese mathematisierte Weise bei unserem Musterstudenten Jupp Schmitz für die Hauptkategorie III nach der Vergabe von 48 Einzel-Leistungspunkten von beispielsweise 60 Gesamtleistungspunkten auf die Rangpunktzahl von 13 (gut minus).

Daraus ergäbe sich für „Musterstudent Jupp“ folgende Gesamtberechnung:

Nun würde die Arbeit des Studenten Jupp Schmitz „gemessen“ mit 11 Rangpunkten und mit „vollbefriedigend glatt“ bewertet.

 

Ein solchermaßen mathematisiertes Verfahren garantierte eine bestmögliche Gleichbehandlung, insbesondere dann, wenn mehrere Korrektoren ihr Werk tun. Die verabredete Verbindlichkeit der vom Ersteller allen an der Korrektur Beteiligten ausgehändigten Tabellen sollte Willkür, Ungleichbehandlung und damit Ungerechtigkeiten vorbeugen. Und: Für die Studenten wäre es ein transparentes, nachvollziehbares und damit akzeptierbares Instrumentarium.

 

Verified by MonsterInsights