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Notarielle Beurkundung

Vorgang, durch den Urkunden hergestellt werden, die vor und von einem Notar den Regeln des Beurkundungsgesetzes entsprechend niedergeschrieben werden, § 128 BGB. (➞ Formen des Rechtsgeschäfts)

 

Beispiele:

  1. Zur Beilegung eines längeren Nachbarstreits über den gemeinsamen Grenzverlauf einigen sich die Grundstückseigentümer E und N darauf, dass beide je eine kleine Teilfläche von ihrem Grundstück dem anderen übereignen. Zur Besiegelung ihrer Einigung errichten sie hierüber einen schriftlichen Tauschvertrag.

 

  1. Onkel O verspricht der Studentin S, ihr ein VW-Cabrio zu schenken, wenn diese ihr Examen besser als mit „ausreichend“ bestehe.

 

Alle angesprochenen Funktionen des Formzwanges (➞ Formen des Rechtsgeschäfts) werden am besten erfüllt bei der Beurkundung des Rechtsgeschäftes durch einen Notar. Denn dieser hat die Parteien gem. § 17 Abs. 1 BeurkG über die rechtliche Tragweite des zu beurkundenden Rechtsgeschäftes zu belehren, die Parteien zu beraten und über Tücken aufzuklären. Die notarielle Beurkundung ist deswegen auch bei besonders bedeutsamen, rechtlich oder wirtschaftlich weitreichenden Rechtsgeschäften durch das Gesetz vorgeschrieben.

Von zentraler Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der sich aus § 311 b Abs. 1 S. 1 BGB ergebende Beurkundungszwang bei Grundstücksgeschäften. Er betrifft nach dem weitreichenden Wortlaut des § 311 b Abs. 1 S. 1 BGB nicht etwa nur die in der Rechtspraxis im Vordergrund stehenden Kaufverträge, sondern jede Art von Verträgen, in denen eine Verpflichtung zur Übertragung oder zum Erwerb des Eigentums an einem Grundstück begründet wird. Erfasst sind daher z.B. auch Tauschverträge (Beispiel a.) und Schenkungen. Der Beurkundungszwang gilt im Übrigen auch für die Übereignung von bloßen Teilflächen (Beispiel a.), weil diese im Rechtssinne ebenfalls Grundstücke darstellen.

Ebenfalls der notariellen Beurkundung bedürfen Schenkungsversprechen, § 518 Abs. 1 S. 1 BGB (Beispiel b.).

Andere bedeutsame Fälle enthält insbesondere das Nachlassrecht und das Familienrecht. Dabei handelt es sich immer um Rechtsgeschäfte von weitreichender rechtlicher, persönlicher oder wirtschaftlicher Tragweite.

 

Ist die öffentliche Beurkundung einer Willenserklärung vorgeschrieben, so ist die Erklärung nach förmlichen Regeln von einer Urkundsperson in einer schriftlichen Urkunde niederzulegen. Die formalen Einzelheiten hierzu ergeben sich aus dem Beurkundungsgesetz (BeurkG), das wegen seines spezifischen Inhalts aus dem BGB zu seiner „Entlastung“ herausgelöst worden ist.

 

Neben eher formalen Bestandteilen der Niederschrift – wie Bezeichnung des Notars und der Beteiligten – hat der Notar die Erklärungen des oder der Beteiligten in die Niederschrift aufzunehmen (§ 9 Abs. 1 Ziff. 2 BeurkG). Hierzu wäre es falsch anzunehmen, dass die Beteiligten dem Notar den fertigen Text etwa eines Kaufvertrages präsentierten, den dieser nur noch aufzuschreiben hätte. Tatsächlich ist es in der Praxis regelmäßig gerade umgekehrt so, dass der Notar den Parteien einen Vertragstext vorlegt, den er – häufig nach einem Vorgespräch – zuvor entsprechend den Wünschen der Beteiligten entworfen hat.

Die Beteiligten wären in den Fällen, in denen Beurkundungszwang besteht, zumeist auch gar nicht in der Lage, selbst einen geeigneten Vertragstext zu erstellen.

Darüber hinaus können die Parteien aufgrund der Vertragsfreiheit von sich aus auch Zusatzvereinbarungen treffen, die zwar zum Abschluss eines Kaufvertrages nicht notwendig sind, von ihnen aber für den konkret abzuschließenden Vertrag als sinnvoll erachtet werden. Auch solche Zusatzvereinbarungen müssen mit beurkundet werden, weil der Formzwang „alle Vereinbarungen erfasst, aus denen sich nach dem Willen der Vertragspartner das schuldrechtliche Rechtsgeschäft zusammensetzt“ (BGH NJW 73, 37).

 

Beispiel: Während des Vorgespräches stellt sich heraus, dass a) der Kaufpreis für das Grundstück in Raten gezahlt werden, und b) der Verkäufer noch zwei Jahre ein Wohnrecht in der Dachgeschosswohnung des Hauses haben soll. Beide Zusatzvereinbarungen muss der Notar in die Urkunde aufnehmen, weil sonst das Beurkundungserfordernis nicht eingehalten wäre.

 

Vor dem Hintergrund, dass aus den vorgenannten Gründen häufig umfangreiche Vertrags­texte zu beurkunden sind, die in aller Regel auch eine Anzahl abstrakter juristischer Begriffe enthalten, wird die weitere wichtige Funktion des Beurkundungszwanges deutlich: Der Notar soll durch die juristische Formulierung der Erklärungen sicherstellen, dass dasjenige, was die Parteien erklären wollen, auch tatsächlich Inhalt ihrer Erklärungen wird, eben die Aufklärungs- und Belehrungsfunktion.

Diese wichtige Aufgabe des Notars kommt auch in der zentralen Vorschrift des § 17 BeurkG zum Ausdruck. Nach dessen Abs. 1 S. 1 soll (= muss) der Notar: den Willen der Beteiligten erforschen, den Sachverhalt klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiedergeben.

Nach Erstellung der Niederschrift muss diese den Beteiligten in Gegenwart des Notars vorgelesen, von ihnen genehmigt und eigenhändig unterschrieben werden (§ 13 Abs. 1 S. 1 BeurkG).

Dass dies geschehen ist, soll in der Niederschrift – vor den Unterschriften – niedergelegt werden (§ 13 Abs. 1 S. 2 BeurkG). Zuletzt unterschreibt der Notar, der seiner Unterschrift seine Amtsbezeichnung beifügen soll (§ 13 Abs. 3 BeurkG).

 

Beispiel für eine notarielle Beurkundung (Gerüst einer Niederschrift), § 128 BGB, § 8 ff. BeurkG:

  • Die Beurkundung von Distanzgeschäften

Im BGB findet sich zum notariellen Beurkundungsverfahren lediglich die Bestimmung des § 128 BGB, die das sogenannte Distanzgeschäft regelt, sonst nichts. Ist im Gesetz Beurkundungszwang für beide Willenserklärungen eines Vertrages (Angebot und Annahme) vorgesehen, wie z.B. durch § 311 b Abs. 1 S. 1 BGB, so genügt es gem. § 128 BGB, wenn – jeweils ohne Anwesenheit des anderen Beteiligten – zuerst das Angebot und später, auch von einem anderen Notar, die Annahme beurkundet wird. Diese Bestimmung ermöglicht mithin den Abschluss von beurkundungspflichtigen Geschäften zwischen Vertragsparteien, die sich nicht am selben Ort aufhalten.

Wird auf diese Weise verfahren, so bestimmt § 152 BGB, dass der Vertrag – abweichend von § 130 Abs. 1 BGB – schon mit der Beurkundung der Annahme und nicht erst mit deren Wirksamwerden durch Zugang bei dem Anbietenden wirksam wird.

Beispiel: Käufer K aus Köln möchte ein Grundstück des in Hamburg lebenden Verkäufers V kaufen. Er kann gem. § 128 BGB in Abwesenheit des V von einem Notar in Köln das Vertragsangebot beurkunden lassen. Lässt V daraufhin in Hamburg die Annahme beurkunden, so kommt der Vertrag gem. § 152 BGB mit dieser Beurkundung zustande, obwohl K als Zugangsadressat nicht anwesend ist.

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