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Meine erste Hausarbeit – ‚Ich habe ein Problem!‘

Die Hausarbeit soll zeigen, dass Sie in der Lage sind, innerhalb einer vorgegebenen längeren Zeit einen juristischen Sachverhalt bzw. eine juristische Fragestellung (im Regelfall fallorientiert, selten themenorientiert, noch seltener entscheidungsorientiert) selbstständig nach wissenschaftlichen Methoden und Standards zu bearbeiten. Sie errichten ein gedankliches Gebäude, indem Sie juristischen Stein auf juristischen Stein setzen.

Die Anfertigung von Klausuren setzt erhebliches präsentes theoretisch-juristisches, methodisches sowie klausurentechnisches Wissen voraus. Bei Hausarbeiten ist dieses Wissen nur scheinbar entbehrlich. Ein wesentlicher Unterschied besteht zwar insoweit, als Rechtsprechung und Literatur nachgeschlagen werden können. Dennoch ist es dem Studenten in einer vier- bis sechswöchigen Hausarbeitszeit unmöglich, ohne aktuelles Wissen, ohne präsente Methodik und ohne grundgelegte Kenntnisse des wissenschaftlichen Arbeitsprozesses sich quasi eigens für diesen Zweck so „nebenbei“ in die Hausarbeit „einzulesen“.

Bei juristischen Hausarbeiten gilt dieselbe Weisheit wie bei einer Schifffahrt auf hoher See: Man orientiere sich an den Lichtern der Sterne (an: Systemen, Gesetzen, Methoden, Strukturen), statt an den Lichtern der vorbeifahrenden Schiffe. Und von diesen gibt es leider viele:

  • Studenten höherer Semester („Die Freundin von Rolf ist im 10. Semester und sagt: ‚Klassischer Fall von xy‘). Verlassen Sie sich darauf, die kann nicht mehr als Sie nach intensiver Einarbeitung!
  • Eltern im Anwalts- oder Richterberuf (Null-Ahnung von Ihrem speziellen Fall)!
  • Die herrschende Mensa-Meinung („Alle sind der Ansicht“)!
  • Kommilitonen, die sofort wissen, wo’s lang geht („Also, das ist doch ganz einfach“)!
  • Dummschwätzer, die mit „Larenz“ und „Wessels“ nur so um sich schmeißen („Ich und Larenz sind der Meinung“)!
  • Assistenten („Die Sanni hat da in der Disco so’n Assi kennen gelernt, der hat gesagt, …“)!
  • Kollegen, die einen Tag vor Abgabe anrufen („He! Ich hab das Problem!“)!


Alles Lichter vorbeifahrender Schiffe! Verlassen Sie sich auf sich selbst und Ihre Leitsterne!

Die Hausarbeit müssen Sie alleine schreiben! Und dennoch: Vielleicht gelingt es Ihnen, andere aus Ihrer ganz persönlichen Umgebung für Ihr wissenschaftliches Thema zu begeistern. Von an Ihnen interessierten Gesprächspartnern können Sie gar nicht genug haben, ist man bei einer Hausarbeit doch Einzelkämpfer, weil nur Sie dieses Thema bearbeiten, alleine sind und Gefahr laufen, sich zu verrennen. Man sollte sich also möglichst über die ganze Zeitphase der Hausarbeitsaufbereitung Gesprächspartner aus dem engeren Umfeld suchen. An anderen Ansichten kann man sich reiben und die schlüssige Argumentationstiefe der Arbeit ausloten. Auch wird der gesunde Menschenverstand der Freunde, der Familie und deren Parallelwertung in der Laiensphäre helfen, sich nicht in abwegigen Ansichten zu verlaufen und vor allem, sich verständlich auszudrücken.

Die Hausarbeit, die nach einer ersten Klausurfassung, einem groben Exposé und einer schon feinen Rohfassung Ihre wissenschaftliche Leistung dann in einer Endfassung präsentiert, fällt allerdings nicht vom Himmel, sondern bedarf harter Arbeit. Die Erstellung einer juristischen Hausarbeit, gleich welcher Orientierung, umfasst so viele Einzeltätigkeiten, dass der  Student ohne planvolles Vorgehen leicht die Übersicht verlöre. Störungen liegt oft ein Teufelskreis zugrunde. Ein oft unverschuldetes Nichtbescheid-„wissen“ (niemand hat ihn darauf so richtig vorbereitet), dadurch Fehlplanung – dann „Aufschieberitis“ – Suche nach Ablenkung – Frust über die vergeudete Zeit – Selbstbestrafung durch unrealistische Neu-(Fehl-) Planung – jetzt kommen Versagerängste – Vermeidung durch Weglauftendenzen– Stillstand! Probleme beim Schreiben von Hausarbeiten hat jeder! Aber keiner spricht darüber, deshalb ist es so schwer, Erfahrungen auszutauschen.

Ein Tipp: Von Anfang an hilft auch hier die Formel: P.O.K.E.R! – und Sie sind König in Ihrem wissenschaftlichen Arbeitsreich:

  • Planen Sie Ihre Arbeit von Anfang an! Vermeiden Sie jeden Zeitdruck! Sie müssen einen Arbeitsplan erstellen von Tag 1 bis Tag X! Schauen Sie zu, wie sich Ihr Plan verwirklichen lässt.
  • Organisieren Sie Ihre Arbeit! Sorgen Sie für einen disziplinierten, reibungslosen, störungsfreien Ablauf! Halten Sie die festgelegten regelmäßigen Arbeitszeiten, Freizeiten, Pausen und vorbereitete Erholungsphasen planmäßig ein! Haken Sie an Ihrem Arbeitsplan an Ihrer Pinwand ab, was erledigt ist.
  • Kontrollieren Sie Ihre Inhalte, Ihr Literaturumfeld und Ihre Arbeitsbedingungen! Ziehen Sie immer Zwischenbilanz.
  • Entlohnen Sie sich für Ihre Arbeit! Vergessen Sie nicht, sich öfter etwas Gutes zu tun.
  • Rhythmisieren Sie Ihren Arbeitsalltag! Streben Sie ein Gleichmaß, einen periodischen Wechsel, die regelmäßige Wiederkehr von Anspannungs- und Entspannungszeiten an.


Das Problem vieler guter Studierender ist weniger, dass sie mit ihrer Hausarbeit die Erwartungen ihrer Dozenten nicht erfüllen, als dass sie unter ihren eigenen Anforderungen zurückbleiben könnten. Kämpfen Sie gegen dieses alles lähmende Gefühl an!

Probleme beim Abfassen von wissenschaftlichen juristischen Hausarbeiten und Halten von Referaten hat jeder, aber keiner spricht darüber! Deshalb ist es so schwer, Erfahrungen auszutauschen. Störungen liegt oft ein Teufelskreis zugrunde: Fehl-planung – „Aufschieberitis“ – Ablenkung – Frust – Selbstbestrafung durch unrealistische Neu-(Fehl-)Planung – Versagerängste – Vermeidung – Stillstand!

Häufig stoßen Sie wahrscheinlich auf folgende Probleme:


 „Ich finde den passenden Einstieg nicht“.

Der Einstieg in die Hausarbeit kann nur auf zwei Wegen erfolgen: entweder über Lehrbücher oder über Kommentare. Das hängt davon ab, ob die Fragen Ihrer Arbeit zunächst bei einer bestimmten Gesetzesvorschrift liegen – dann führt der Weg direkt in die Kommentare – oder aber bei einem umfänglichen Rechtsinstitut. Der Kaufvertrag ist klar, aber die Vertretungsproblematik beim Insichgeschäft undurchsichtig; der Diebstahl weist keine Problematik auf, sehr wohl aber die Frage, ob Täterschaft oder Teilnahme vorliegt.


 „Alles auf einmal, sofort und gleichzeitig, mir schwirren die Sinne“

Immer nur ein Problem angehen, abschließend eruieren (lat.: eruere, herausgraben) und auch schon versuchen zu formulieren. Dann erst das nächste Problem ermitteln und ergründen. Alle Probleme gleichzeitig und sofort anzugehen, ist unproduktiv. Man schreibt sinnlos heraus, was man später nicht mehr oder nur mit größter Mühe wieder einordnen kann. Aber Vorsicht: Nicht bei einem Problem stehen bleiben und verkümmern! Zeit im Auge behalten!


   „Ich kann mich einfach nicht ausdrücken!“ 

Das ist häufig nur die Verhüllung von „Ich habe kein Wissen über wissenschaftliche Darstellungsform, Schwierigkeiten bei der Strukturierung, fehlende Planungsstrategien und Defizite in der Literaturauswahl!“ Zerschlagen Sie den unüberwindlichen Brocken in lauter kleine Stücke und nehmen Sie sich jedes kleine Stück einzeln vor!


   „Ich kann nicht anfangen.“ 

Beginnen Sie möglichst früh mit dem Schreiben und haben Sie Mut zum Müll! Der Papierkorb ist wichtig! Fangen Sie bald mit Grobgliederung, Klausurlösung und Exposé an! Dabei dürfen Sie durchaus Vorläufiges produzieren! Die große Angst vor dem leeren Blatt überwinden Sie durch Portionierungen. Die Tour de France wird auch nicht „am Stück“ gefahren! Entscheiden Sie sich dafür, zunächst das Wichtigste anzugehen! Das Wichtigste ist das Nächste! Ihr Text muss nicht auf Anhieb stehen. Er ist zunächst doch nur eine Arbeitsgrundlage. Das Wichtigste gegen das Nichtanfangenkönnen ist: Fangen Sie noch heute an!


   „Das klingt blöd!“ 

Also: löschen! „Ich telefoniere erst mal!“ Keine Aufschieberitis! Schreiben Sie sich frei! Schreiben Sie alles auf, was Ihnen so durch den Kopf geht zu diesem oder jenem Punkt – ja, auch unsortiert. Aber schreiben Sie! So überwinden Sie schreibend Ihre Angst vor dem Schreiben. Jeder unvollkommenste Text ist besser als gar kein Text. Denn man kann ihn bearbeiten, verändern, umschreiben, ergänzen – den „blöden Text“.


  „Ich bin so allein.“

Holen Sie sich von Freunden Feedback! Erklären Sie ihnen doch einmal Ihr Thema! Suchen Sie sich einen Gesprächspartner!


   „Ich finde einfach keine Anspruchsgrundlage!“

Dann beginnen Sie Ihre Arbeit eben nicht mit der ersten Anspruchsgrundlage oder dem ersten Tatabschnitt. Fällt Ihnen zum ersten Punkt nichts Genaues ein, können Sie auch ruhig mittendrin ansetzen, bei dem Teil nämlich, der Ihnen am besten liegt oder am meisten Spaß macht. Wichtig ist, überhaupt erst einmal ins Schreiben und wissenschaftliche Arbeiten zu kommen und ermutigende Erfahrungen zu machen. Später können Sie dann die Einzelteile zusammenpuzzeln!


   „Ich verliere den Mut.“

Machen Sie zwischendurch öfter einmal eine Bestandsaufnahme nach dem Motto: „Was ich schon alles habe!“ Das wärmt!


   „Ich kann am Morgen nicht anfangen.“

Lesen Sie sich den Text vom Vortag immer noch einmal vor! Und zwar laut! So stellen Sie den Zusammenhang klar und schließen bewusst am Alten an! – Trick: Brechen Sie Ihren Text am Vortage mittendrin ab und skizzieren Sie nur den Fortgang! Am folgenden Tag werden Sie spontan das Bedürfnis haben, den angefangenen Gedanken auszuführen – und schon haben Sie begonnen!


   „Stimmt das überhaupt?“ – „Ist das überhaupt wissenschaftlich?“„So kann man das doch nicht sagen!“ 

„Die anderen kriegen das bestimmt viel besser hin!“ Bei einer wissenschaftlichen Leistung kann man sich selten mit einem anderen vergleichen und so verliert man nach und nach das Gefühl für seine Stärken und Schwächen. Sie sind Einzelkämpfer im Kampf gegen den Zeitdruck, den Perfektionismus, die Selbstüberforderung. Der innere Kritikus hat in dieser Situation immer leichtes Spiel. Deshalb: Gestehen Sie sich ein, dass es natürlich immer noch besser, präziser, überzeugender, ausführlicher, wissenschaftlicher und anschaulicher ginge, dass Sie aber nun einmal nur eine begrenzte Zeit für Ihre Arbeit zur Verfügung haben. Einsicht gewinnen in die notwendige Unvollkommenheit.


  „Was wird mein Dozent nur von mir denken?“

Denken Sie nicht an den Dozenten, seine krause Stirn, seinen prüfenden Blick, seinen Wissensvorsprung – dabei kann man leicht den Mut verlieren! Treten Sie aus dem ständigen zermürbenden Dialog mit dem Dozenten aus und in den mit Ihnen selbst ein! Das hilft beim Reduzieren der eigenen überfordernden Ansprüche und gibt eine realistische Messlatte. Welche Ziele wollen Sie mit Ihrer Arbeit erreichen? Vielleicht wollen Sie mehr erreichen, als Sie sich selber eingestehen? Konfrontieren Sie Ihre eigenen Anforderungen mit den gestellten Anforderungen. Überzogene Selbstkritik ist die Last von Perfektionisten. Sie sehen im großen Gesamtwerk immer nur die Winzigkeiten, die nicht klappen. Seien Sie kein Perfektionist!


   „Ich finde nicht die passende Entscheidung.“

Steigen Sie nicht irgendeiner Entscheidung nach, die Ihr Thema angeblich genau trifft. Eine solche gibt es nicht! Glätten Sie nicht immer wieder Formulierungen, indem Sie dreimal neu ansetzen! Leben Sie mit dieser Formulierung! Suchen Sie nicht Zitate, von denen Sie nicht mehr genau wissen, wo sie standen. Eine Endlossuche! Lassen Sie diese einfach weg! Lösen Sie Ihre „Schreibkrämpfe“ durch Lockerungsübungen, indem Sie einmal ganz spielerisch zu einer Unterfrage Ihres Themas Stellung nehmen.


   „Alles ein einziges Chaos!“

Chaos!! Dieses Gefühl kennt jeder – nicht nur Sie! Sie haben Unmengen gelesen, sind Fotokopierweltmeister, haben Krämpfe vom Exzerpieren, haben viel nachgedacht, das dritte Exposé geschrieben, der Computer quillt über – und trotzdem keinen Überblick gewonnen. Statt dessen füllt sich nun Ihr Papierkorb – nicht Ihre Literatur- und Schlagwortkartei. Ihnen ist schon gar nicht mehr klar, worum es bei Ihrer Hausarbeit eigentlich geht?! Pause einlegen! Abwechslung schaffen! Gedanken ordnen! Alle Gedanken drängen gleichzeitig nach vorne, sortieren Sie sie untereinander auf einem Stück Papier! Schreiben Sie einen kurzen Kommentar zu Ihrer Stimmung – danach geht’s wieder! „Was ist gerade für mich so schwierig?“ – „Warum droht bei mir alles zusammenzustürzen?“ – „Was könnte mir helfen?“


   „Ich kann mich nicht motivieren.“

Die eigene Motivation ist äußerst wichtig! Deshalb: Versuchen Sie, Interesse (lat: interesse, d.h. darin-sein, dazwischen-sein) am Thema zu finden. Machen Sie es vom „Dozenten-Feind-Thema“ zu Ihrem eigenen „Studenten-Freund-Thema“! Setzen Sie Reize, lassen Sie Neugier und Entdeckerfreude lebendig werden! Oft sinkt die Motivation bei wissenschaftlichen Arbeiten einfach deshalb, weil man vor Bergen von Materialien hockt, die nicht mehr zu überschauen sind. Dagegen helfen kleine „überschaubare“ Arbeitsaufträge an sich selbst. Unterteilen Sie, portionieren Sie die vor Ihnen liegende Arbeit.


Es können grob sieben Schritte beim Anfertigen Ihrer wissenschaftlichen Hausarbeit unterschieden werden:

1.  Zunächst die Sachverhaltspräzisierung und –begrenzung, notfalls eine Themenklarstellung durch Exemplifikation mittels eines Fallbeispiels.

2.  Die Erarbeitung einer Klausurlösung im Gutachtenstil als ersten überschlägigen Entwurf zur Sichtung, Sichtbarmachung und Trennung des „Normalen“ vom „Unnormalen“.

3.  Die Materialsuche, d.h. das Auffinden der in Betracht kommenden Literatur.

4.  Die Materialsammlung, die Literatursichtung und Rechtsprechungsdurchforstung zur Vertiefung und Auslegung der georteten „unnormalen“ Probleme.

5.  Die sichtbar gemachte systematische Aufbereitung des gesichteten und als einschlägig empfundenen Materials als zweiten Entwurf in einem sog. „Exposé“, schon mit Gliederung und Schwerpunktbildung für die Probleme.

6.  Eine Rohfassung als dritten Entwurf.

7.   Schließlich die Endfassung als Ihre präsentierende Darstellung.

Diese Abfolge von Phasen ist nicht starr. Einzelne Schritte können im Einzelfall wegfallen. Manchmal ist auch ein mehrmaliges Durchlaufen aller oder nur einzelner Arbeitsphasen erforderlich, bis die Arbeit endgültig steht. So kann die Materialauswertung beispielsweise dazu führen, dass die Probleme der Arbeit anders definiert oder geordnet werden müssen, als ursprünglich von Ihnen vorgesehen war; dadurch wird eine erneute Materialsuche und -auswertung erforderlich.

Die Sachverhaltspräzisierung

Im Zentrum Ihrer wissenschaftlichen Hausarbeit steht immer das Thema. Praktisch handelt es sich fast ausschließlich um eine Fallbearbeitung. Sie müssen vorab klären, auf welche konkrete Frage (oder Fragen) Sie mit Ihrer wissenschaftlichen Arbeit eine Antwort geben sollen und auf welche nicht. Klarheit zu gewinnen heißt, herauszubekommen, was Ihr Dozent mit dem vorgegebenen Sachverhalt gemeint hat und was nicht. Was ist sein inhaltlicher Schwerpunkt?

  • Verschaffen Sie sich den Überblick durch Blicke in Kurz- und Großkommentare!
  • Vergewissern Sie sich, dass Ihre Vorstellung vom Sachverhalt mit dem vom Dozenten vorgegebenen übereinstimmt.
  • Suchen Sie das Gemeinte hinter dem Gesagten im Sachverhalt, sonst heißt es womöglich: „Thema verfehlt!“

Eine solche Sachverhaltsklarstellung ist zur Vermeidung einer Beurteilung wie „Verfasser löst anderen Fall“ dringend anzuraten. Umgekehrt formuliert: Sie müssen angrenzende Sachverhaltsvarianten ausschließen, um Ihre Arbeit in angemessener Zeit und in angemessenem Umfang inhaltlich präzise bewältigen zu können. Sie müssen feststellen, „um was es eigentlich geht“. Hier kommt Ihnen der gleich anzusprechende Klausurenaufbau sehr zur Hilfe, wird doch regelmäßig auch in wissenschaftlichen juristischen Arbeiten ein reiner Anspruchsaufbau oder Deliktsaufbau verlangt.

Hier sei auf den besprochenen ganz wichtigen ersten Schritt bei der Klausurlösung: „Die Arbeit am Sachverhalt“ hingewiesen. Alles, was dort über das intensive Sachverhaltsstudium gesagt ist, gilt hier in gleichem Maße. Also: Schlagen Sie doch noch mal diesen Beitrag nach!

Was folgt, ist die Klausurlösung als Ihr erster Entwurf

Eine Hausarbeit unterscheidet sich von der Abfassung einer schriftlichen juristischen Klausur inhaltlich, formal und organisatorisch sicherlich erheblich. Jedoch umfasst auch der Aufgabentext einer wissenschaftlichen juristischen Hausarbeit sehr häufig einen Sachverhalt mit einer Fallfrage. Sie sollten folglich versuchen, den Hausarbeitssachverhalt am Anfang wie eine Klausur zu lösen, um damit möglichst schnell eine Lösungsskizze auszuarbeiten, aus der sich dann automatisch auch die spätere Gliederung des Textteils ergibt. All das, was Sie über die Anfertigung von Klausuren wissen, ist deshalb bei Hausarbeiten in analoger Weise gültig. Nicht wenige halten das Anfertigen einer solchen Klausuren-Lösungsskizze für Zeitverschwendung, da sie meinen, die Ausformulierung der Hausarbeit sei zeitlich nur zu schaffen, wenn recht bald mit der Niederschrift der Endfassung begonnen werde. Diese Auffassungen sind falsch! Denn:

●     Ihre wissenschaftliche Arbeit bedarf eines logischen Aufbaus. In letzter Konsequenz bedeutet dies: Man muss am Anfang wissen, was am Ende steht. Sie müssen die Probleme analysieren (erkennen!) und strukturieren („Bäume“ pflanzen!).

●     Damit aufs Engste verknüpft ist die für eine wirklich gelungene Arbeit notwendige Schwerpunktbildung. Diese Priorisierung ist nur möglich, wenn der gesamte Lösungsweg überblickt wird. Erst dann ist sicher erkennbar, welches die wissenschaftlichen Hauptprobleme des Themas sind und wo es deshalb geboten ist, nach allen Seiten abwägend streng im Gutachtenstil darzustellen und wo die unproblematischen Teile der Lösungsstrecke knapp im Feststellungsstil oder Urteilsstil absolviert werden müssen.

●     Wenn ein Problem erkannt ist, sind sachliche Gesichtspunkte aufzuführen, welche für diese oder jene Lösung sprechen. Nach Darstellung des Streitstandes ist die gewählte Lösung von Ihnen zu begründen. Hier kann auf niedrigem oder hohem Argumentationsniveau gearbeitet werden. Folgendes drängt sich auf: Wer die Probleme und deren Lösung schon mit Blick auf das Endergebnis seiner Arbeit vorbedacht hat, besitzt ein Blickfeld für mehr und tiefgreifendere Argumente.

●     Der häufigste Einwand gegen das Erstellen eines ersten Klausurentwurfs lautet: „Dafür haben wir keine Zeit“. Der Einwand ist verfehlt. Meine Behauptung lautet: Die Lösungsskizze ist kein Zeitverlust, sondern ein Zeitgewinn. Wenn der Lösungsweg weitgehend feststeht, ist beim Abfassen des folgenden Exposés und des sich anschließenden Rohentwurfs bedeutend weniger Denkarbeitszeit aufzuwenden.

●     Wichtig auch die psychologische Facette, die Ihnen nicht fremd sein dürfte: die Paniksituation. Beim Denken und der folgenden Materialschlacht tickt plötzlich die Uhr im Kopf mit. Man ist vorangekommen, weiß aber nicht, wie viel Arbeit noch nötig sein wird, um das wissenschaftliche Ziel zu erreichen. Die Zeit rinnt jetzt im Blut. Wohl Ihnen, die Sie einen Klausurlösungsentwurf vor sich liegen haben. Sie kennen die Länge des Weges, wissen ständig, was Sie hinter und was Sie vor sich haben. Sie können das Tempo souverän bestimmen.

●     Sie zwingen sich mit der Klausuren-Lösungsskizze bereits in einem ganz frühen Stadium zu einer gliedernden Struktur Ihrer wissenschaftlichen Arbeit und geben Ihrer Arbeit bereits ein „Zuhause“, ein erstes Gerippe und damit sich selbst ein Arbeitsprogramm für die nächsten Wochen. Sie „verrennen“ sich nicht in Einzelheiten, fahren sich nicht in Aufsätzen fest und vermeiden so die Gefahr, den „Wald vor lauter Bäumen“ nicht mehr zu sehen.

●     Sie müssen die Sachverhalts- und Rechtsprobleme sofort eigenständig andenken und reduzieren damit die Gefahr, sich zu schnell von in der Literatur oder Rechtsprechung bereits diskutierten Problemlösungen oder herrschenden Meinungen gefangen nehmen zu lassen.

●     Sie vermeiden eine Blockadehaltung, die dann eintritt, wenn Sie nur Literatur und Rechtsprechung sammeln und schließlich, von Panik getrieben, glauben, die Arbeit in den letzten Tagen niederschreiben zu können.

Eine Klausurlösung bietet aber auch Nachteile. Deshalb sollten Sie wissen:

●     Die ersten Ausführungen dürfen sich nicht in einem Zettelkasten erschöpfen, sondern müssen gegliedert, strukturiert und gutachtlich aufgebaut werden.

●     Seien Sie nicht enttäuscht: Der erste Entwurf in Form einer ersten Klausur kann zahlreiche Probleme noch gar nicht enthalten. Er dient dem Überblick, nicht dem Durchblick! Verlieren Sie sich nicht in der Zeit.

●     Der erste Klausur-Lösungsentwurf ist nur eine Starthilfe und kann deshalb mit der endgültigen Fassung nicht übereinstimmen. Sie müssen deshalb trotz der Klausurlösung immer die Bereitschaft zeigen, Ihre Ergebnisse umzustoßen, sollten also nicht an Ihrer ersten Auffassung sklavisch kleben.

Nunmehr erstellt man das Exposé als zweiten Entwurf

Nach Materialsuche und Materialsammlung folgt das Exposé. Ein Exposé ist ein ausgearbeiteter Plan, eine zusammenfassende Darstellung zu einem Schriftwerk und soll den wissenschaftlichen „Arbeiter“ motivierend davon überzeugen, dass er schon tief und breit in die Materie eingearbeitet ist. Er hat sich mehr als bloß einen Überblick über die einschlägigen Rechtsfragen verschafft und erkannt, dass er wohl in der Lage ist, die gestellte wissenschaftliche Arbeit in einer überschaubaren Zeit nunmehr alsbald fertig zu stellen. Das Exposé dient sowohl der Problemorientierung anhand der Literatur als auch schon der Problemlösung. Erst nach der ersten Arbeitsphase der Klausurlösung wird jetzt der Unterschied zwischen Klausur und Hausarbeit deutlich, nämlich die Auseinandersetzung mit dem Schrifttum und der Rechtsprechung. Erst musste der Problembereich der Hausarbeit – sprich: Fragenkatalog – offen liegen. Auf der Uni sind sämtliche Hausarbeiten „schrifttumsintensiv“, da von Professoren und deren Assistenten erstellt, selten von Praktikern initiiert. Sie sind angelegt auf umstrittene Rechtsfragen, die ausführlich aus Lehrbüchern, Kommentaren und Rechtsprechung heraus entwickelt und beantwortet werden müssen. Nur ganz selten (!) werden Rechtsfragen angesprochen, die nicht oder nur unvollständig in wissenschaftlichen Publikationen dargestellt sind.

Erstellen Sie sich einen Zeitplan!

Wichtig für das Schreiben Ihrer wissenschaftlichen Arbeit wird beim Exposé jetzt der Zeitplan. Bei dem Umfang eines wissenschaftlichen Themas besteht die Gefahr, sich in Einzelprobleme zu verrennen. Ein Monat oder auch eine Woche eines Lebens sind eine viel zu lange Zeit, um diese planlos zu gestalten. Sie sollten sich deshalb Rechenschaft ablegen, was in welcher Zeit bewältigt werden muss. Sie sollten sich einen Zeit- und Arbeitsplan erstellen, um Ihr „Projekt Hausarbeit“ in überschaubare Zeit- und Arbeitseinheiten zu unterteilen. Wichtig! Bei Ihrer Zeiteinteilung müssen Sie berücksichtigen, dass Ihr Schreibwerk und die Überprüfung Ihrer Zitate und Literatur immer viel mehr Zeit in Anspruch nehmen als geplant!

Das Exposé enthält drei Teile:

den Problemaufriss,

die Gliederung,

einen gezielten Umgang mit Literatur und Rechtsprechung.

●  Der Problemaufriss

Den ersten Teil des Exposés bildet bei einem „offenen Thema“ (Seminararbeit) der sogenannte Problemaufriss. Bei einer Fallhausarbeit entfällt dieser Punkt. Versuchen Sie, sich dabei in die Person Ihrer Leser zu versetzen. Wie wecke ich deren Interesse? Wie kann ich jemanden von der Wichtigkeit meines Themas überzeugen? Warum lohnt es sich, über dieses Thema nachzudenken und nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen? Interessieren kann im Rahmen dieses Problemaufrisses beispielsweise, warum der jetzige Rechtszustand unbefriedigend ist, wem er schadet, wem er nützt, warum eine wenig plausible Rechtsprechung oder eine inkonsequente Literaturansicht zu wenig überzeugenden, ja manchmal zu ungerechten Ergebnissen führen. In diesem Rahmen können beispielsweise widerstreitende Interessen möglichst anhand von Beispielsfällen plastisch aufeinanderprallen. Mit diesem Problemaufriss leisten Sie schließlich das Entscheidende für Ihren eigenen Kopf. Nur wenn Sie selbst von dem Thema angeregt oder gar begeistert sind, werden Sie auch Andere überzeugen. Nur wer leidenschaftlich ist, kann Großes leisten! Sie schreiben mit dem Exposé nicht nur einige Seiten zusammen, sondern haben sich für Ihr Thema soweit passioniert, dass die Wahrscheinlichkeit deutlich steigt, mit Ihrer Hausarbeit auch Ihre Korrektoren von Ihrem Thema zu begeistern. Mit diesem einleitenden Problemaufriss haben Sie darüber hinaus einen motivierenden Ausgangspunkt, um einen roten Faden zu entwickeln, der dann in Ihrer Einleitung gesponnen wird.

●  Die Gliederung

Der wichtigste Teil Ihres Exposés enthält eine vorläufige Gliederung. Ziel soll es sein, sich bewusst zu werden, welche konkreten Paragrafen und Rechtsprobleme auftauchen, welche Literatur und Rechtsprechung aus Ihrer Sammlung man aufbereiten und auswerten muss und wie die Arbeit logisch aufgebaut werden könnte. Mit der Gliederung reduzieren Sie Ihre psychologische Hemmschwelle. Die Gliederung ist hier schon mehr als ein bloßes „Brainstorming“, also mehr als ein loses, ungeordnetes Zusammenwürfeln der Gedanken, die einem zu diesem Thema einfallen. Sie ist auch mehr als eine bloße Liste von Überschriften! Die Gliederung sollte nämlich jetzt schon den groben Gang der Hausarbeit und damit einen klaren Gedankengang aufweisen, der durch die Klausurenlösung vorgesponnen ist. Um diesen roten Faden in Ihrer Arbeit zu erreichen, müssen Sie in dem Exposé jetzt versuchen, den eigenen Gedankenfluss einem (Fall)Ordnungs- und einem (Fall)Gliederungskonzept zuzuführen. Sie sollten sich einen präzisen Überblick darüber verschaffen, welche Rechtsprobleme, in welcher Reihenfolge, mit welchem Schwerpunkt, wie strukturiert von Ihnen an welcher Stelle erörtert werden müssen. In diesem Zeitraum wird noch nicht erwartet, dass Sie die Rechtsprobleme sämtlich gelöst haben. Vielmehr reicht es aus, die richtigen problemorientierten Fragen zu stellen („zu erörtern ist …“). Dazu müssen Sie in Literatur und Rechtsprechung schon kraftvoll „eingestiegen“ sein!

Die Gliederung gibt Ihrer Arbeit die Struktur. Sie unterteilt sie in sinngemäß zusammenhängende Lösungsabschnitte, in Einheiten, und sie zeigt, in welcher Weise sie Ihre Gedanken im Laufe der Arbeit entwickeln. Die Grob-Gliederung in der Klausurfassung war zunächst einmal nur für Sie selbst da, und ganz am Anfang war sie auch nur eine Gliederungsabsicht. Sie hatten sich vorgenommen, bei der Behandlung Ihres Themas oder Falles die Schritte zu gehen, die Sie in den Gliederungspunkten vorformuliert hatten. Jetzt müssen Sie sie aber auch gehen! Für Ihre erste Arbeitsgliederung gilt, dass der „Lust am systematischen Untergliedern“ kein Einhalt geboten werden sollte. Eine Gewichtung sowie die erforderlichen Überleitungen und Zusammenfassungen einzelner Unterpunkte unter übergeordnete Punkte muss aber nunmehr erfolgen. Je differenzierter die ursprüngliche, Schritt für Schritt entwickelte vorläufige Klausuren-Gliederung war, desto einfacher ist die Gliederung für das Exposé. Jeder Punkt umfasst jetzt schon wichtige Gedanken zu Tatbestandsmerkmalen mit ihren jeweiligen Problemen. Eine erste einfache Formulierung findet sich ein. Umfassende und komplexe Fragestellungen bleiben noch offen. Möglichst frühzeitig sollte dabei auch bereits ein gewisses formales Gliederungsschema zugrunde gelegt werden. Sie sollten sich nicht mit der bloßen Auflistung von Gliederungspunkten (Überschriften) begnügen, sondern auch gleich die Gedanken schriftlich skizzieren, die Sie dazu bewegt haben, einen solchen Gliederungspunkt zu positionieren. Wichtig ist, dass Sie die Gedanken, die Sie sich ja zu Ihrem Fall schon haben machen müssen, um eine Gliederung überhaupt formulieren zu können, nicht wieder versickern lassen und nur diese dürftigen Überschriften in Händen halten. Sie müssen die bereits getane Arbeit auch gleich dokumentieren und fruchtbar werden lassen.

Wenn Sie unter Ihren tatbestandlichen und problemrelevanten Gliederungspunkten sofort Stichworte zum vorgesehenen Inhalt notieren oder entsprechende Gedankenfetzen zu einzelnen Entscheidungen skizzieren, erste Meinungen gegenüberstellen und eigene aufstellen, die Sie in der Arbeit beweisen oder widerlegen wollen, werden Sie auch besser feststellen können, wie gut oder weniger gut Ihre Gründe für diese Gliederung tatsächlich sind. Das wird Sie sicherlich zu einer besser durchdachten und zu einer genaueren, differenzierteren Gliederung hinführen. Im Ergebnis haben Sie im Exposé schon etwas auf dem Papier stehen, das zwar noch ausbaufähig ist, aber schon das Gefühl vermitteln kann, wissenschaftlichen Boden unter den Füßen zu haben.

Es folgt die Rohfassung als Ihr dritter und letzter Entwurf

Nachdem Sie den ersten Klausurentwurf und jetzt auch das Exposé gemeistert haben, sind Sie mit Ihren eichhörnchengleich gesammelten Rechtsproblemen aus Gesetz, Literatur, Rechtsprechung und vor allem Ihrem eigenen Kopf nun in der Lage, einen Rohentwurf zu liefern. Wenn Sie nun Ihre exzerpierten Literaturstellen, Ihre Phalanx der Entscheidungsordner, Ihre Literaturkarteien und Ihre sinnvoll markierten Kopien als Steinbruch berücksichtigen, werden Sie relativ schnell Ihr erstes Erfolgserlebnis haben. Jetzt können Sie erstmals versuchen, nicht mehr nur literaturgesteuert, sondern mehr selbstgesteuert Ihre Arbeit anhand Ihrer Gliederung darzustellen und die einschlägigen Anspruchsgrundlagen oder Straftatbestände konkret zu entwickeln. Sie sollten möglichst schnell mit dem Schreiben eines solchen Rohentwurfs beginnen. Nur so kann man die gewaltige Stoffmenge bändigen und erkennen, ob man seine Arbeit noch weiter in thematische Unterpunkte untergliedern muss. Nachdem Sie also die Literatur gesichtet, gesammelt, ausgewertet und geordnet, das Grundgerüst Ihrer Arbeit mit Hilfe des ersten Klausurentwurfs und einer Gliederung im Exposé aufgebaut, die Problembrennpunkte der Hausarbeit gefunden und mögliche Alternativen als nicht fallbezogen verworfen haben, beginnen Sie mit der Niederschrift einer Rohfassung Ihrer wissenschaftlichen Arbeit. Wichtig ist es in dieser Rohfassungsphase, überhaupt an das ausgefeiltere Schreiben zu kommen.

Um Ihre Arbeit nun Schritt für Schritt zu entfalten, brauchen Sie außer Ihrer geeigneten Gliederung vor allem den berühmten roten Faden, an dem Sie Ihre korrigierenden Adressaten durch Ihre wissenschaftliche Hausarbeit führen wollen. Gefestigt wird der rote Faden durch folgende Signale:

  • Ein Problem wird am Besten dadurch vorbereitet, dass Sie indirekte (konjunktivische) Leitfragen stellen. Wenn Ihre Korrektoren wissen, welcher konkreten Frage Sie als nächstes nachgehen, können sie sich auf Ihre um Antwort ringende Argumentation besser einstellen, weil ihnen der Problemhorizont klar ist. Leitfragen werden zwar bereits in der Einleitung zu den übergeordneten Gliederungspunkten der Arbeit angedeutet; der Rückgriff auf diese Fragen an Schaltstellen Ihrer Argumentation festigt aber den Zusammenhang (Kohärenz) Ihrer Arbeit. Die Leitfragentechnik kennen Sie ja von der Gutachtentechnik. („Es könnte …“)
  • Deutliche markierte Überleitungen – sprachlich pointiert und textuell durch Absätze klar gegliedert – explizieren die Verbindung zwischen den einzelnen Tatbe-standsmerkmalen, Argumenten und Problemkreisen, straffen so den roten Faden und schieben für alle erkennbar den Themenhorizont immer weiter vor. Wenn ein Schiff im Horizont verschwindet, sagt die eine Seite: „Es geht!“ – die andere: „Es kommt!“ Genau so deutlich muss für Ihre Hörer oder Leser sein, ob Sie noch bei dem alten oder schon bei dem neuen Problem sind. Überleitungen sind notwendige Bestandteile jeder längeren Arbeit, denn sie rekapitulieren kurz den bisherigen Stand und bereiten erklärend eine neue Argumentationskette vor. Überleitungen machen klar, in welchem Zusammenhang der neu einsetzende Problemstrang mit der bisherigen Problemführung steht.
  • Auch knappe, bündige (stringente), merkfähige Zusammenfassungen konsolidieren die Arbeit und geben dem Leser Zeit zum Luftholen. Sie bringen keine zusätzlichen Informationen ein, sondern verdeutlichen an den Gelenkstellen der Arbeit die Zwischenergebnisse. Zusammenfassungen resümieren im Unterschied zu den Überleitungen lediglich die Kernthesen eines größeren Gliederungspunktes, beantworten kurz und präzise komprimiert die „Leitfrage“. Dabei steht das Ergebnis im Mittelpunkt, nicht der Weg, der zu diesem Ergebnis geführt hat. Diese Unterscheidung ist wichtig, denn häufig versucht man fälschlicherweise, in einer Zusammenfassung schlecht und recht die gesamte Arbeit zu rekapitulieren. Die Darstellung der „Zwischen“-Ergebnisse verlangt dagegen nur die Konzentration auf die zentrale Aussage dieses und nicht jenes Abschnitts. Indem die Zwischenergebnisse knapp an exponierter Stelle präsentiert werden, können sie sich später im Bewusstsein Ihrer Adressaten verfestigend verankern.
  • Neben Leitfragen, Überleitungen und Zusammenfassungen – bei einer Fallhausarbeit sämtlich im Gutachten repräsentiert – können im Rohentwurf auch schon formale Gestaltungsmittel genutzt werden. So lassen sich Überschriften, Zwischen- und Untertitel zur Orientierung schon gut nutzen. Sie können drucktechnisch durch Kursiv- oder Fettdruck hervorgehoben werden. Absätze sollen den Beginn eines neuen Gedankens auffällig markieren. Es lohnt sich, die eigene Arbeit gezielt auf ihre schlüssige Gliederung, ihre Leitfragen, Überleitungen und Resümees hin immer wieder durchzusehen, denn dieses Vorgehen zwingt Sie, jedes Mal erneut genau auf die Argumentationsschritte und damit auf die innere Logik Ihrer Arbeit zu achten.

Stets sollten Sie sich der Gefahr bewusst sein, dass Ihre Ansätze trotz Ihrer vorgenommenen Präzisierungen in den vorausgegangenen Arbeitsschritten zu weit oder zu eng gefasst sein können, Sie ihre Antworten also auch noch während des Rohentwurfs weiter eingrenzen oder erweitern müssen. Diese Arbeitsweise ähnelt oftmals einem evolutionären Vorgehen nach Maßgabe von „try and error“. Sie werden feststellen, dass Ihre endgültige Fassung vom ursprünglichen Exposé, aber auch vom Rohentwurf, in einigen Teilen nicht selten durchaus abweichen wird. Das ist normal!

...

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