Wegen der häufig komplexen Prüfungen der Anspruchsgrundlagen ist eine „Dreischrittprüfung“ bei jeder Anspruchsgrundlage sinnvoll!

 

Schritt 1: Ist der Anspruch entstanden?

  1. Suche nach anspruchsbegründenden Tatsachen/Normen z.B. § 433 Abs. 2 BGB, § 985 BGB. Das sind Tatsachen/Normen, die die Tatbestandsmerkmale der Anspruchsgrundlage nachweisen. Im Bild: Eine Rakete wird gebaut.

 

  1. Suche nach anspruchshindernden Tatsachen/Normen z.B. § 104 BGB, § 125 BGB, § 138 BGB, § 134 BGB. Das sind Tatsachen/Normen, die den Anspruch von Anfang an im Keim ersticken. Im Bild: Die Rakete kommt gar nicht zum Start.

 

Wenn nun a. nicht vorliegt oder wenn a. vorliegt und b. auch vorliegt, dann ist der Anspruch nicht entstanden; Ihre Prüfung ist beendet. Ergebnis: Kein Anspruch!

Wenn a. vorliegt und b. nicht, ist der Anspruch entstanden. Dann können Sie fortfahren mit dem 2. Schritt.

 

Schritt 2: Ist der entstandene Anspruch möglicherweise untergegangen?

Es beginnt die Suche nach den anspruchsvernichtenden Tatsachen/Normen, z.B. § 142 BGB, § 346 BGB, § 362 BGB, § 389 BGB. Das sind Tatsachen/Normen, die den entstandenen Anspruch im Nachhinein untergehen lassen. Im Bild: Die gestartete Rakete wird abgeschossen. Wenn solche Tatsachen/ Normen vorliegen, ist die Prüfung beendet. Ergebnis: Kein Anspruch!

Wenn keine anspruchsvernichtenden Tatsachen/Normen vorliegen, besteht der Anspruch. Dann können Sie fortfahren mit dem 3. Schritt.

 

Schritt 3: Ist der entstandene Anspruch auch durchsetzbar?

Es folgt die Suche nach den anspruchshemmenden Tatsachen/Normen (dauernde oder aufschiebende Einreden), z.B. § 214 BGB, § 273 BGB, §§ 320, 321, 271 Abs. 2 BGB.            Das sind Tatsachen/Normen, die den entstandenen und noch bestehenden  Anspruch nicht oder noch nicht durchsetzbar sein lassen. Im Bild: Die Rakete fliegt noch, darf aber (noch) nicht ins Ziel.

Wenn solche Tatsachen/Normen vorliegen, ist die Prüfung beendet. Ergebnis: Anspruch nicht durchsetzbar! Liegen keine anspruchshemmenden Tatsachen/Normen vor, dann ist der bestehende Anspruch durchsetzbar. Die Anspruchsprüfung ist endgültig beendet. Der entstandene, bestehende und durchsetzbare Anspruch ist schlüssig.

 

Das BGB lässt sich somit als ein System von

Normen begreifen.

  1. Abstraktes Schema jeder BGB-Falllösung (§§ entstammen dem BGB)

Hier Ihr Katalog der Anspruchsgrundlagen (nicht gekennzeichnete Paragraphen entstammen dem BGB):

1. Vertragliche Ansprüche

 

1.1  Primäre Vertragsansprüche

Das sind Ansprüche, die auf die mit dem Vertragsabschluss primär bezweckte Leistungspflicht des Schuldners abzielen (§§ 433 Abs. 1, 433 Abs. 2, 611, 631, 535, 488, 607 etc.).

Voraussetzungen:

– Der Individualvertrag, der persönlich durch ➞ Angebot und ➞ Annahme gem. § 145 ff. abgeschlossen wird

Mangelt es an diesen Voraussetzungen, ist die Prüfung beendet. Wenn nicht, geht es weiter!

 

 

Greifen anspruchshindernde Tatsachen ein, ist die Anspruchsprüfung hier beendet. Wenn nicht:

Zwischenergebnis feststellen: Der Anspruch ist entstanden

 

Greifen anspruchsvernichtende Tatsachen ein, ist die Anspruchsprüfung hier beendet. Wenn nicht:

Zwischenergebnis feststellen: Der Anspruch besteht 

 

Greifen anspruchshemmende Tatsachen ein, ist die Anspruchsprüfung hier beendet. Wenn nicht:

Zwischenergebnis feststellen: Der Anspruch ist durchsetzbar

 

Endergebnis feststellen: Der geltend gemachte Anspruch ist entstanden, er besteht noch, und er ist durchsetzbar.

 

1.2   Sekundäre Vertragsansprüche

Das sind die Ansprüche, die wegen Nicht-, Zuspät- oder Schlechterfüllung erhoben werden. Diese Leistungsstörungen bleiben hier noch unerörtert.

2. Vertragsnahe Ansprüche

 

2.1                                   Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen wegen des Vertrauens in die Wirksamkeit einer Willenserklärung

 

2.2 Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen wegen Schäden, die mit einem späteren Vertragsschluss nichts zu tun haben (c.i.c.) wie etwa Körperverletzung in den Räumen des Verkäufers nach Betreten.

1.        Ansprüche aus gesetzlichen Schuldverhältnissen

 

3.1  Ansprüche aus unerlaubter Handlung

Schmerzensgeld gem. §253

 

3.2  Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung

Anspruchsgegner hat „etwas“ erlangt

Durch die „Leistung“ des Anspruchsstellers

„Ohne Rechtsgrund

Anspruchsinhalt: Herausgabe des erlangten „Etwas“ (evtl. § 818 Abs. 2)

Diese sind hier wegen ihrer Kompliziertheit noch nicht auszubreiten

 

3.3  Ansprüche aus Geschäftsführung ohne  Auftrag

 

3.4   Ansprüche bei nichtberechtigter GoA

 

  1. Ansprüche, die dingliche Rechte oder den Besitz verwirklichen (dingliche Ansprüche)

 

4.1  Herausgabeanspruch gem. § 985

 

4.2  Abwehranspruch gem. § 1004

anderer absoluter Rechte außer durch Besitzentziehung (dann § 985)

 

4.3 Der Grundbuchberichtigungsanspruch gem. § 894

4.4 Die Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO

4.5 Die Ansprüche aus Besitz gem. §§ 861, 862, 1007