Soweit das Gesetz an Stelle des Begriffs „Unwirksamkeit“ den Begriff „Nichtigkeit“ verwendet, sind hiermit rechtliche Unterschiede nicht verbunden.

  1. Endgültige Unwirksamkeit

Es gibt eine Reihe von Vorschriften, die anordnen, dass ➞ Willenserklärungen bzw. ➞ Rechtsgeschäfte nichtig sind; das heißt „nicht existent“:

 

  1. Schwebende Unwirksamkeit

Hauptfälle sind § 108 Abs. 1 BGB und § 177 Abs. 1 BGB. In beiden Fällen liegt ein zunächst unwirksames Rechtsgeschäft deshalb vor, weil es unvollendet ist. Es wird erst bei Nachholung der fehlenden Wirksamkeitsvoraussetzungen, also bei Erteilung der  ➞ Genehmigung (§§ 184, 182 BGB) durch den Mitwirkungsberechtigten (Eltern oder Vertretener) wirksam. Die Wirksamkeit tritt rückwirkend, somit ex-tunc ein. Bis zur Klärung der Frage, ob die Genehmigung erteilt wird oder nicht, besteht ein Schwebezustand. Steht fest, dass die Genehmigung nicht erteilt werden wird, so ist das Rechtsgeschäft endgültig unwirksam.

Zur Abgrenzung: Ein aufschiebend bedingtes Rechtsgeschäft (➞ Bedingung) ist natürlich nicht schwebend unwirksam. Das Rechtsgeschäft ist nämlich vollendet, nur der Eintritt der Wirkungen ist hinausgeschoben worden.

 

  1. Hinausgeschobene Unwirksamkeit

Von einer hinausgeschobenen Unwirksamkeit spricht man z.B. im Falle des § 161 BGB. Unter anderem soll diese Vorschrift den vereinbarten Rechtserwerb bei Bedingungseintritt sichern. Hinausgeschoben ist die Unwirksamkeit nach § 161 BGB deshalb, weil Zwischenverfügungen des noch Berechtigten erst mit Bedingungseintritt unwirksam werden, und zwar auch nur insoweit, als sie das Recht des Erwerbers vereiteln oder beeinträchtigen. Diese Unwirksamkeit besteht gegenüber jedermann. Es liegt somit ein Fall der hinausgeschobenen absoluten Unwirksamkeit vor. (➞ Bedingung)

 

  1. Rückwirkende Unwirksamkeit infolge Anfechtung

Die Rechtsfolge der gültigen ➞ Anfechtung ist, dass die abgegebene Willenserklärung gem. § 142 Abs. 1 BGB rückwirkend nichtig ist. Der Anfechtende muss unter den Voraussetzungen des § 122 BGB Schadenersatz leisten. Soweit aufgrund des anfechtbaren Rechtsgeschäftes bereits Leistungen ausgetauscht worden sind, müssen diese nach § 812 ff. BGB zurückgewährt werden.

 

  1. Heilbare Unwirksamkeit

Bei bestimmten Formmängeln (➞ Formen des Rechtsgeschäfts) sieht das Gesetz die Möglichkeit der Heilung der Nichtigkeit vor. In diesem Zusammenhang seien beispielsweise erwähnt: §§ 311 b Abs. 1 S. 2, 518 Abs. 2, 766 S. 2 BGB.

Nach § 311 b Abs. 1 S. 2 BGB wird ein entsprechender formungültiger Vertrag seinem ganzen Inhalte nach aber gültig, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen (§§ 873 Abs. 1, 925 BGB).

 

  1. Teil- und Gesamtnichtigkeit

Ist ein Teil eines einheitlichen Rechtsgeschäfts nichtig, so ist nach § 139 BGB das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. § 139 BGB findet Anwendung auf alle Formen der Nichtigkeit. Voraussetzung des § 139 BGB ist die teilweise Nichtigkeit eines einheitlichen, aber teilbaren Rechtsgeschäfts.

 

Beispiel: In einem privaten Schriftstück sind eine unwiderrufliche Vollmacht zum Verkauf eines Grundstücks und eine Vollmacht zur Übereignung desselben Grundstücks enthalten. Hier liegt ein einheitliches Rechtsgeschäft vor.

 

Beispiel: Ein für 30 Jahre geschlossener Bierlieferungsvertrag zwischen einer Brauerei und einem Gastwirt, der wegen seiner langen Dauer eine sittenwidrige Einengung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des Gastwirts darstellt und damit gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, ist zerlegbar in Teile von 20 und 10 Jahren. Der Sittenverstoß bezieht sich auf den überlangen und damit abtrennbaren Teil. Wenn im Übrigen gegen Inhalt und Zustandekommen des Vertrages nach § 138 Abs. 1 BGB keine Bedenken bestehen, kann der Bierlieferungsvertrag daher mit 20-jähriger Laufzeit aufrecht erhalten werden.

 

Beispiel mit Lösung zu § 139 BGB: Josef Schmitz möchte mit geringen Ersparnissen ein Reihenhäuschen bauen. Er wird mit dem Grundstückseigentümer Manfred Heimann schnell handelseinig. Der Kaufpreis i.H. von 300.000 € soll nach Leistung einer Anzahlung in Höhe von 60.000 € in monatlichen Raten in Höhe von 1.000 € bezahlt werden. Zwar wird in der Folge der Grundstückskaufvertrag notariell beurkundet. Versehentlich unterbleibt aber die Beurkundung der Ratenzahlungsvereinbarung.

Kann Heimann von Schmitz Zahlung von 240.000 € verlangen?

 

Lösung: Heimann könnte die Zahlung aus § 433 Abs. 2 BGB verlangen, wenn zwischen ihm und Schmitz ein wirksamer Kaufvertrag abgeschlossen worden wäre. Der abgeschlossene Kaufvertrag ist nach § 311 b Abs. 1 S. 1 BGB formbedürftig. Vorliegend ist er zwar notariell beurkundet worden, die Beurkundung der Ratenzahlungsvereinbarung ist aber unterblieben. Die Ratenzahlungsvereinbarung ist somit nach § 125 BGB nichtig. Die Gültigkeit des formgemäßen Kaufvertrages richtet sich nach § 139 BGB. § 139 BGB ist auch bei Teilnichtigkeit wegen Formmangels nach §§ 311 b Abs. 1 S. 1, 125 BGB anwendbar und wird durch die Heilungsmöglichkeit nach § 311 b Abs. 1 S. 2 BGB nicht ausgeschlossen.

Heimann hat also keinen Anspruch gegen Schmitz aus § 433 Abs. 2 BGB.