(lat.: ad „zu“ und sozius „Gefährte“, verbindendes, verknüpfendes)  Die Lerntechnik der assoziativen Verbindung ist die große Chance, sich schon ganz am Anfang seines Studiums ein grundsätzliches, für das gesamte juristische Studium geltendes Erleben zu erwerben. Ihr juristisches Lernen ist ein kontinuierlicher Prozess. Sie erweitern Ihren Wissensbestand ständig, aber nicht nur durch additives Hinzufügen (das auch!), sondern vornehmlich durch einsichtsvolle, verständige, kognitive Verknüpfungen Ihres systematisch geordneten juristischen Altbestandes mit dem juristischen Neubestand. Gelerntes begegnet Ungelerntem, durchdringt und verändert sich. Sie gehen vor wie die Evolution: Was sie einmal als gut erkannt und was sich im harten Selektionsprozess bewährt hat, behält sie bei und nimmt es mit. Sie baut darauf auf und hebt das Erreichte durch mutierende Veränderung auf eine neue, bessere Systemstufe. Deshalb sind die Grundlagen ja so unendlich wichtig! Sie lernen nicht ziellos ein Gesangbuch auswendig oder beten Schillers „Glocke“ herunter, sondern erlernen den Gutachtenstil und die Subsumtionstechnik, das Zustandekommen eines Vertrages und die Merkmale der Anfechtung, den Deliktsaufbau im StGB sowie die Tatbestandsmerkmale der Notwehr, ziel- und zweckgerichtet, also final, um diese Institute zu begreifen, sie als Einzelteile „greifen“ zu können, um sie Ihrer bisherigen Lern-Struktur assoziativ (als „Gefährten“) einzugliedern. Zu einem künftigen Zeitpunkt in der Klausur stehen sie Ihnen „griffbereit“ für die Reproduktion oder auch für ganz neue juristische Problemlösungen zur Verfügung. 

Das wichtigste Mittel für das dauerhafte Behalten im Langzeitgedächtnis, die Antwort auf die zentrale Frage „Wie bleibt Jura im Gedächtnis?“, ist die Herstellung von Assoziationen. Assoziation bedeutet die Verknüpfung neuer juristischer Inhalte mit bereits vorhandenem Jurawissen. Zu einem neuen juristischen Bewusstseinsinhalt wird spontan ein schon vorhandener Bewusstseinsinhalt  aus dem assoziativen Gedächtnis reproduziert. Dazu müssen Sie für den neu zu lernenden Stoff Querverbindungen und Ankopplungsmöglichkeiten in diesem Gedächtnis schaffen, was wiederum nur gelingt, wenn man vorher klare und einfache Anknüpfungspunkte entwickelt hat. Ihr Gehirn produziert aus den juristischen Informationen, die Sie von außen bekommen, Ihr persönliches juristisches Wissen, indem es die neuen Informationen mit den bereits früher gespeicherten alten Inhalten verknüpft. 

 

Das blitzschnelle Anklicken der Inhalte von Schubladen und Kommoden fällt Ihnen umso leichter, je besser Sie darin trainiert sind. Die detektivische Suche nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden, Querverbindungen und Ankopplungen lohnt sich – Sie behalten besser! Bald wird jedes Tatbestandsmerkmal bei Ihnen Assoziationen freisetzen, die wiederum neue Gedankenketten gebären. So bleibt Jura im Gedächtnis! 

Die Lern-Technik der assoziativen Verbindungen beruht auf der Alltagserfahrung, dass man sich leichter an Informationen erinnern kann, wenn sie mit bekannten Infos verknüpft sind. Dem Jura lernenden Menschen ist, wie jedem anderen Menschen auch, am Wiedererkennen gelegen. Auch er ist ein kognitiver Faulenzer. Er möchte das juristisch Alte im juristisch Neuen wiederfinden und das Generelle im Individuellen. Darauf beruht die „Vertraulichkeit“, das „Heimischwerden“ im juristischen Lernen. Durch das Alte legitimiert sich das Neue, weist sich als echt, als richtig aus – als richtig im Sinne des „Wie ich es schon gelernt habe“. Beim „Assoziationslernen“ gilt: Das Neue dockt immer am Alten an.

Je besser 

 

desto leichter 

wird Ihnen der Katalogisierungsprozess gelingen. Dann fügt sich

 

Den so entstehenden Wissensspeicher können Sie sich wie eine Sammlung von großen Kommoden mit vielen Schubladen vorstellen. Deren einprägsame Aufschriften (auf den Kommoden wie auf den Schubladen) geben jeweils darüber Auskunft, was in sie eingeordnet werden darf. Je mehr Sie schon wissen, desto mehr Schubladen haben Ihre Speicherkommoden und desto besser können Sie weitere Informationen sinnvoll einordnen. Für das Behalten und damit das Nichtvergessen ist es nun äußerst wichtig, dass die Informationen aufeinander bezogen sind, d.h. eine Netz-Struktur bekommen.

Diese Technik ermöglicht es über die Herstellung solcher Assoziationsketten mit Hilfe von Gedächtniskommoden mit ihren Schubladen, die Elemente exakt in der vorgegebenen Reihenfolge zu reproduzieren. Wird die neue juristische Wahrnehmung als wichtig erkannt und mit einer bereits vorhandenen, im Langzeitgedächtnis kreisenden juristischen Information gekoppelt (assoziiert), ist sie verankert und erinnerbar.

 

In vier Schritten wird juristisches Wissen in diesen Gedächtniskommoden verpackt, d.h. assoziativ gelernt:

Dritter Schritt: Die neue Information dockt an die alte Info an. Die neue „Anfechtungserklärung“ begegnet den „Einseitigen Willenserklärungen“, die in der Kommodenschublade mit der Aufschrift „Empfangsbedürftige einseitige Willenserklärungen“ abgelegt sind (§§ 183, 184, 109 BGB). Neue Verknüpfung: Die Anfechtungserklärung gem. § 143 Abs. 1 BGB muss ausgelegt werden, sie muss wirksam werden gem. § 130 Abs. 1 BGB, und zwar dem richtigen Adressaten gegenüber gem. § 143 Abs. 2 BGB und muss vom Berechtigten herrühren, was der Fall ist, wenn ein Anfechtungsgrund vorliegt gem. §§ 119, 123 BGB. Alles wie gehabt bei den „alten“, schon gespeicherten einseitigen Willenserklärungen auch.

Vierter Schritt: Nach dem Lernen entsteht eine Assoziationskette, in der die Erinnerung (Reproduktion) eines Elements automatisch die Erinnerung an die anderen Elemente hervorruft. In der Assoziationskette stellt das vorausgehende Element im Kurzzeitgedächtnis (z.B. Anfechtungserklärung) den „Suchhinweis“ für das folgende im Langzeitgedächtnis dar (Schublade: „Einseitige Willenserklärungen, Kommode: „Rechtsgeschäft“). Eine Ausnahme ist notgedrungen das allererste Element, das deshalb naturgemäß nicht vergessen werden darf. Wenn der erste Begriff nicht reproduziert werden kann, steht er auch als interner Abrufadressat im assoziativen Gedächtnis für den zweiten, den externen Abrufreiz, nicht zur Verfügung. Logisch! Also muss die erste „Einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung“, der Sie begegnen, fest „fixiert“ werden, wahrscheinlich ist es die „Genehmigung“ gem. §§ 184, 183, 182 BGB.

 

Die in Ihrem Kurzzeitgedächtnis gerade anlandende externe Information „Vertrag“ würde nach wenigen Sekunden verlöschen, wenn sie nicht sehr schnell auf eine in Ihrem assoziativen Langzeitgedächtnis kreisende interne Information stoßen würde. Der „Vertrag“ muss als Suchhinweis im KZG für etwas Folgendes im LZG den Reflex darstellen. Diese folgenden – alten – Informationen, die nunmehr auf den Abrufreiz „Vertrag“ reagieren, müssten die Informationen „Rechtsgeschäft“ und „Einseitige Willenserklärung“ sein. Diese Begriffe müssen als erste Elemente „fest gemauert“ im LZG verankert sein, um als Urglieder für Ihre Assoziationskette dienen zu können. Das Urglied muss immer sofort reproduzierbar sein. Im BGB beginnt die Assoziationskette „Vertrag“ mit dem ersten Glied: „Rechtsgeschäft“. Mit irgend einem Abrufadressaten muss man beginnen, da hilft Ihnen niemand! Zentraler Ausgangspunkt sind also die Kommode „Rechtsgeschäft“ und die Schublade „Einseitige Willenserklärung“. 

Also:  Der Suchhinweis „Vertrag“ im KZG reizt die im LZG bereits vorhandenen Assoziationsglieder und koppelt an:

 

Die neue Info „Vertrag“ ist auf Gegenliebe gestoßen und hat an die Infos „Rechtsgeschäft“ und „Willenserklärung“ angedockt. Sie ist verankert!

Ein demonstratives Beispiel:

 

Im BGB spielt die Übertragung von Rechten immer wieder eine wichtige Rolle – etwa beim Eigentum an beweglichen (§ 929 BGB) und unbeweglichen Sachen (§§ 873 Abs. 1, 925 Abs. 1 BGB) sowie bei der Inhaberschaft von Forderungen und anderen Rechten (§§ 398, 413 BGB). Die Aufschrift über Ihrer zu bauenden Kommode lautet also: „Übertragung von Rechten“. Nunmehr wird die erste Schublade beschriftet und beschickt: „Übereignung beweglicher Sachen (Waren)“ – mit irgendeiner Schublade muss man den Lernvorgang eben beginnen. Sie füllen diese Schublade mit den dem Text des § 929 S. 1 BGB entnommenen Strukturelementen:

 

Gelangen Sie im Stoff nunmehr zu den neuen externen Abrufreiz-Informationen der §§ 873, 925 BGB, also zu der Übereignung einer unbeweglichen Sache, so fahnden Sie in Ihrem Langzeitgedächtnis nach internen Abrufadressaten, nämlich nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden zu den alten Informationen. Sie stoßen auf die Kommode „Übertragung von Rechten“, öffnen die erste Schublade „Übereignung beweglicher Sachen gem. § 929 S. 1 BGB“ und nehmen die Einzelteile in die Hand, legen sie also auf Ihren Arbeitsspeicher. Nach kürzester Zeit haben Sie dem Gesetzestext des § 873 Abs. 1 BGB die Ankoppelungsmöglichkeiten in Form der Gemeinsamkeiten des Willensmomentes (Einigung), des Einigseins und der Berechtigung entnommen und haben in Form der Unterschiede, nämlich beim Vollzugsmoment statt „Übergabe“ „Eintragung“ im Grundbuch, das zusätzliche Erfordernis der Einigung vor einem Notar, § 925 BGB (sogenannte „Auflassung“) entdeckt. Jetzt können Sie die zweite Schublade beschriften: „Übereignung einer unbeweglichen Sache“. Sie füllen diese Schublade mit den dem Text der §§ 873 Abs. 1, 925 BGB entnommenen Bausteinen:

 

Haben Sie es bemerkt? Sie haben sich Querverbindungen und Ankopplungen geschaffen, die viel besser im Langzeitgedächtnis (LZG) haften als Einzelvermittlungen. Schnell haben Sie dann auch den entsprechenden Baukasten Ihrer Kommode „Übertragung von Rechten“ auf ein Papier skizziert, der die Parallelen und Unterschiede verdeutlicht:

Kommen Sie nunmehr im Laufe Ihres weiteren Lernens zu §  398 S. 1 BGB, also der externen Information „Übereignung einer Forderung“, die man traditionell nun einmal „Übertragung einer Forderung“ nennt, so koppeln Sie wiederum an intern Bekanntes an. 

Sie beschriften die dritte Schublade: „Übertragung von Forderungen“ Ihrer Kommode „Übertragung von Rechten“. Das ist Ihr Suchhinweis. Dann kramen Sie zunächst in Ihren vertrauten abgespeicherten Schubladen zu § 929 BGB und §§ 873 I, 925 BGB im LZG und zerlegen jetzt § 398 S. 1 BGB in seine Tatbestandselemente. Deuten Sie das Wort „Vertrag“ in „Einigung“ um und schon schaffen Sie sich die Querverbindungen und Ankoppelungsmöglichkeiten. Sie machen sich klar, dass es bei Forderungen als vergeistigten abstrakten Gebilden kein Vollzugsmoment in Form einer Übergabe geben kann, und der Gesetzgeber, Gott sei Dank auf ein „Forderungsbuch“ (analog Grundbuch) verzichtet hat. Weiter stellen Sie fest, dass das Merkmal „Berechtigung“ im Wort „Gläubiger“ versteckt ist. Ihre detektivische Suche hatte Erfolg. Die neue Information „Übertragung von Forderungen“ trifft auf die alten Schubladen-Informationen der §§ 929, 873 Abs. 1, 925 BGB im LZG. Es bildet sich eine Assoziationskette, die die Erinnerung an Schublade 1: § 929 BGB, die Erinnerung an Schublade 2: §§ 873 Abs. 1, 925 BGB und dann die Erinnerung an Schublade 3: § 398 BGB hervorruft.

Sie füllen die dritte Schublade auf mit den Tatbestandselementen des § 398 S. 1 BGB:

 Einigung (Vertrag)

  Berechtigung (Gläubiger)

 

Die Assoziationskette mit den Gliedern 1, 2 und 3 oder die Kommode „Übertragung von Rechten“ mit den Schubladen 1, 2 und 3 werden Sie nie mehr vergessen – sie stehen unverrückbar in Ihrem LZG.

Jetzt stellen die einzelnen gesetzlichen Bauelemente der „Übertragung von Rechten“ in den §§ 929, 873 Abs. 1, 925, 398 S. 1 BGB keine ungeordnete Menge von Einzelmerkmalen mehr dar. Sie sind vielmehr ein aufeinander bezogenes Assoziationssystem mit Aufschriften, wie die einzelnen Glieder oder Schubladen miteinander verbunden sind. Sie haben bald eine Art Kommodenplan im Kopf, wo etwas aufbewahrt ist und aufgefunden werden kann. 

 

Kommt nun neues externes Wissen hinzu (z.B. gibt es bei der Übertragung von Rechten und Forderungen ein letztes Merkmal, nämlich das „Nichtvorliegen von Abtretungsverboten“, vgl. § 399 BGB), so legen Sie dieses Merkmal nicht irgendwo unsystematisch ab, sondern betten die neue Information in Ihren vorhandenen Speicherschrank. 

 

Je stabiler Ihre Kommode gebaut, Ihre Assoziationskette geknüpft ist, je präziser Ihre Aufschriften und Glieder lauten, je systematischer die Schubladen gefüllt und die Kettenglieder gefädelt sind, desto sicherer ist die Aussicht, die abgelegten Informationen im assoziativen Langzeitgedächtnis wiederzufinden. Umgekehrt geraten sie in Vergessenheit. ( Vergessen)

Genauso verfahren Sie mit ihren Anfechtungsmöglichkeiten und ihren Erfüllungstatbeständen, mit den Schubladen Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Schuld, mit Diebstahl, Betrug, Mord und Totschlag. Mit Ihrer Fantasie und neuen Ideen werden Sie hunderte von eingespeicherten Informationen miteinander vernetzen, Kommoden bauen, Netzpläne anlegen, Schubladen beschriften und beschicken, diese auftürmen zu Kommodenstapeln und deren Inhalte somit vieldimensional für sich abrufbar machen. 

Die Kenntnis der „Verknüpfenden Ordnung“ der gesetzlichen Gesamt- und Einzelbaupläne mit ihren Tatbestands-Bauelementen, die nie einzeln stehen, sondern immer in funktionelle Wechselabhängigkeiten treten, sich vernetzen, ankoppeln oder andocken, muss dem Studenten zwangsläufig die entscheidenden Vorteile in seinem Lernen bringen. Und wird, wie zu erwarten, die Verflechtung dieser Bauplan-Wechselwirkungen sehr umfangreich, dann steigt auch die Aussicht auf Entflechtung mit Kenntnis des flechtenden Netzwerkes, des Kommodengesamtplans rapide an, und die Gefahr des Misslingens wird verschwindend gering. Für das Lernen ist das Anlegen solcher vernetzter Ordnungen und Assoziations-Systeme unumgänglich.