EntdeckeJura

Versuchslehre

Der Versuch ist die vorsätzlich begonnene, aber nicht vollendete Tat.

 

Beispiel 1: Taschendieb T greift im dichten Gewühl des Rosenmontagszuges dem „Narren“ N in die Tasche, um dessen Portemonnaie zu stehlen. N bemerkt den Vorgang und nimmt T fest.

 

Beispiel 2: Ehemann E ist seiner Frau Emma überdrüssig und schießt mit Tötungsabsicht auf diese. Er trifft jedoch nicht und Emma kann entkommen.

 

Beispiel 3: Dieb D will ein Auto entwenden, um es zu verkaufen, reißt die Zündschnüre aus dem Zündschloss, kann jedoch keinen Kontakt herstellen. Missmutig lässt er von dem Wagen ab.

 

Beispiel 4: Partygast P, der sich nach langer, ermüdender Nacht auf den Nachhauseweg macht, nimmt einen an der Garderobe hängenden, vermeintlich fremden Regenschirm mit. Zu Hause stellt er fest, dass es sein eigener ist.

 

Beispiel 5: Landpomeranze L denkt, sie sei von einem Kuss schwanger und „treibt“ auf Anraten und Betreiben ihres ebenfalls etwas einfältigen Freundes F mit einer vermeintlich wirksamen Zucker-Kochsalz-Lösung „ab“.

 

In allen fünf geschilderten Fällen bleiben die jeweiligen Vorstellungen des T, E, D, P, der L und des F hinter der Wirklichkeit zurück. Genau das aber ist die häufig auftretende typische Versuchssituation: Das Delikt ist zwar „voll“ subjektiv geplant, objektiv aber stecken geblieben. Am objektiven Tatbestand mangelt es, während die volle subjektive Seite des Delikts in Form eines Entschlusses erfüllt ist. Jeder Versuch einer kriminellen Handlung lässt sich gedanklich in drei Sachfragen „zerdenken“:

  1. Hat der Täter objektiv sämtliche Tatbestandsmerkmale erfüllt? – Wenn ja, kein Versuch, sondern Vollendung.
  2. Hat der Täter subjektiv den auf die Vollendung des Delikts gerichteten Tatentschluss (➞ Vorsatz) gefasst? – Wenn nein, entfällt ein Versuch.
  3. Liegt bereits die Erkennbarkeit dieses Tatentschlusses in der Außenwelt vor, so dass das angegriffene Rechtsgut bereits gefährdet ist? – Wenn nein, entfällt ein Versuch.

 

Diese drei Sachfragen sind identisch mit den drei wesentlichen Aufbauelementen des Versuchs:

 

  1. Nichterfüllung des objektiven Tatbestandes – Tat ist unvollendet
  2. Vorsatz, d.h. Tatentschluss – Tat ist gewollt
  3. Unmittelbares Ansetzen zur Rechtsgutverletzung (➞ Anfang der Ausführung) – Tat hat begonnen

 

Warum der Tatbestand letztlich nicht erfüllt wurde, ist gleichgültig. So fehlt im Taschendiebfall (Beispiel 1) und im Emma-Mordfall (Beispiel 2) der Eintritt des Erfolges; im Kurzschlussfall (Beispiel 3) mangelt es an der Tathandlung; im Schwangerschaftsfall (Beispiel 5) und Regenschirmfall (Beispiel 4) fehlt das Tatobjekt (Leibesfrucht nicht vorhanden bzw. es ist keine fremde Sache).

Der Gesetzgeber musste sich entscheiden, ob er einen Versuch bestrafen will, und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen. Der Versuch ist nach unserer Rechtsordnung in vielen Fällen strafbar, nämlich gem. § 23 Abs. 1 StGB immer bei Verbrechen. Bei Vergehen (vgl. § 12 StGB) aber nur kraft ausdrücklicher gesetzlicher Normierung. Der Grund der gesetzgeberischen Entscheidung für die Strafbarkeit des Versuchs ist ein doppelter: Zum einen wird der Strafgrund in einer Auflehnung gegen die Rechtsordnung gesehen, in der Betätigung eines verbrecherischen, kriminellen Willens, in einer rechtsfeindlichen Gesinnung (vgl. § 22 StGB „nach seiner Vorstellung von der Tat“). Da ein böser Wille aber für sich alleine niemals Strafgrund sein kann (kein „Gesinnungsstrafrecht“), muss zum anderen zur Strafwürdigkeit des Versuchstäters hinzukommen, dass dieser Wille durch Handlungen in der Außenwelt manifest wurde (vgl. § 22 StGB „zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt“), die Rechtsordnung also (unmittelbar) gefährdet worden ist. Der böse Wille, der kriminelle Vorsatz als subjektives Element, muss demnach den Rechtsfrieden durch ein Ansetzen zur Tat gefährden (objektives Element).

Aus dieser besonderen Struktur des Versuches folgt logischerweise eine besondere, vom normalen Aufbau abweichende, Prüfungsreihenfolge. Das ist deshalb so, weil ausnahmsweise der ➞ Vorsatz nicht in der dritten Stufe im ➞ Strukturaufbau einer Straftat bei der Schuld, sondern zwingend bereits beim Tatbestand geprüft werden muss. Auch die Kausalisten gehen diesen Weg – müssen ihn gehen, die Finalisten ohnehin.

Beispiel: Toni nimmt in der Disco „Don’t worry, be happy“ das vor seiner Exfreundin Emma stehende Whisky-Glas in die Hand.

 

Von einem objektiven Tatbestand ist hier noch nichts – auch nicht in Teilstücken – erkennbar. Das Geschehen ist äußerlich neutral. Es kann aber der Beginn eines Totschlages sein (etwa aus Eifersucht mit einer Scherbe des blitzschnell zerschlagenen Glases die Gurgel durchschneiden) oder der Anfang einer gefährlichen Körperverletzung (Gesicht zerschneiden), eines Diebstahls (Whisky-Glas austrinken), einer Beleidigung (Whisky ins Gesicht der Exfreundin schütten), einer Sachbeschädigung (Whisky auf das neue Minikleid) oder auch eines zärtlichen Annäherungsversuches („Prost! Trink mit mir!“) bedeuten. Was Toni im Einzelnen gewollt hat, kann erst dann entschieden werden, wenn man seinen Vorsatz kennt; dieser ist oft das einzige Anknüpfungskriterium.

Der Vorsatz regiert den Tatbestand des Versuchs, ob Finalist oder Kausalist – egal. Denn der Versuch ist nur als finaler Vorgang denkbar.

 

Aufbau des Versuchs

 

  1. Vorüberlegungen zum Versuch:
  • Feststellung, dass der Versuch strafbar ist. So muss im ersten, dritten und vierten Ausgangsbeispiel § 242 Abs. 2 StGB genannt werden, im zweiten Beispiel § 23 StGB i.V.m. § 12 StGB zitiert werden, im fünften Fall festgestellt werden, dass der Versuch, jedenfalls durch die „schwangere“ L, gem. § 218 Abs. 4 S. 2 StGB gar nicht strafbar ist.
  • Feststellung, dass die Tat nicht vollendet worden ist, anderenfalls ein Versuch ausscheidet. Diese Prüfung ist manchmal schwieriger, als es auf den ersten Blick scheint.

 

  • T setzt sich mit 2,5 Promille an das Steuer seines Wagens, zündet den Motor und schaltet das Abblendlicht ein.

 

Liegt eine vollendete Trunkenheitsfahrt gem. § 316 StGB vor oder handelt es sich lediglich um einen straflosen Versuch? (Versuch!)

 

  • Oma O steckt im Kaufhof eine Schnapsflasche in ihre Manteltasche.

 

Liegt ein vollendeter ➞ Diebstahl gem. § 242 StGB vor oder handelt es sich auch hier nur um einen Versuch? (Vollendung!)

 

Klausurentipp:  Ist es problematisch, ob die Tat bereits vollendet ist, beginnen Sie mit der Prüfung des vollendeten Delikts. Nach Ablehnung eines Tatbestandsmerkmals beenden Sie die Prüfung und beginnen neu – diesmal als Versuch! Ist es dagegen unproblematisch, beginnen Sie sofort mit dem Versuch!

 

  1. Tatbestand des Versuchs:
  • Feststellung, dass der Täter den vollen Tatentschluss, d.h. grundsätzlich nichts anderes als den Vorsatz zur unbedingten Deliktsverwirklichung gefasst hatte.
  • 22 StGB verwendet leider nicht den Begriff „voller Tatentschluss“ oder „Vorsatz“, setzt aber sein Vorhandensein durch die Wendung „Vorstellung“ stillschweigend voraus; der Vorsatz ist der wesentliche, denknotwendige Bestandteil des Versuchs. Wie im obigen Fall „Die Freundin und das Whisky-Glas“ zu sehen, regiert der Vorsatz den Tatbestand. Bei den sog. Absichtsdelikten wie ➞ Diebstahl (Zueignungsabsicht), ➞ Betrug (Bereicherungsabsicht) und ➞ Urkundenfälschung (Täuschungsabsicht), gehört auch diese Absicht zum vollen Tatentschluss. Tatentschluss bedeutet Vorsatz bzgl. aller Tatbestandsmerkmale bei den reinen Vorsatzdelikten. Tatentschluss bedeutet Vorsatz plus Absicht bei den Absichtsdelikten. Von der subjektiven Seite darf eben beim Versuch nichts fehlen!
  • Feststellung, dass ein ➞ Anfang der Ausführung vorliegt. Das Gesetz nennt diesen juristisch eingebürgerten Begriff „unmittelbares Ansetzen zur Verwirklichung des Tatbestandes“. Nur: Wann liegt ein solches „Ansetzen“ vor? Entscheidend muss die nähere oder entferntere Rechtsgutgefährdung sein. Die Entwicklung, die Genealogie eines Verbrechens verläuft wie folgt: Entschluss – Vorbereitung – Versuch – VollendungBeendigung! Wann überschreitet der Täter die Schwelle vom Straflosen zum Strafbaren? (siehe Diagramm: „Die Entwicklungsstufen …)

Beispiel: T beschließt, seine Schwiegermutter beim Nachmittagskaffee umzubringen, da er sowohl ihrer ständigen Nörgeleien überdrüssig ist als auch ihrer erheblichen finanziellen Hinterlassenschaft habhaft werden will. Er geht in ein einschlägiges Lokal und kauft sich eine Pistole. Am nächsten Morgen besorgt er sich ein Magazin mit 6 Schuss Munition, führt dieses in die Waffe ein und begibt sich am Nachmittag zum Hause der Schwiegermutter. Nachdem er durch die Gartenpforte das Grundstück betreten hat, klingelt er an der Haustür. Die Schwiegermutter öffnet und lädt zum Kaffee ein. Nach der zweiten Tasse zieht T plötzlich die Pistole, entsichert die Waffe, legt auf die Schwiegermutter an und nimmt den Druckpunkt. Danach feuert er und trifft die Schwiegermutter tödlich.

 

Da jede strafbare Handlung in der Zeit geschieht, hat man verschiedene Stadien eines Rechtsbruchs zu unterscheiden.

Zu irgendeinem näher zu bestimmenden Zeitpunkt überschreitet der Täter die Schwelle von der straflosen Vorbereitungshandlung zum strafbaren Anfang der Ausführung beim Versuch. Fraglich ist, wann dieser Zeitpunkt bei dem im Beispielsfall in Betracht kommenden Tötungsentschluss erreicht ist: Wann ist das Leben der Schwiegermutter gefährdet? Ist es bereits der Kauf der Waffe, ist es das Einführen des Magazins, ist es das Betreten des Grundstücks, das Klingeln, Öffnen, Entsichern der Waffe, oder ist es erst das Krümmen des Zeigefingers oder gar der Zeitpunkt des Abdrückens?

Dabei müssen Sie sich zunächst Folgendes vor Augen halten: Je extensiver Sie das Merkmal „Anfang der Ausführung“ auslegen, desto weiter dehnen Sie die Versuchsstrafbarkeit aus; je restriktiver Sie interpretieren, desto mehr treten Sie der Versuchsstrafbarkeit entgegen. Die Schwelle ist nur schwer zu bestimmen. Legt man nur subjektive Kriterien – also ausschließlich die Vorstellung des Täters – zugrunde, setzt die Versuchsstrafbarkeit viel früher an (subjektive Theorie), als wenn man rein objektive Kriterien – also die Sicht eines unbeteiligten Dritten – maßgebend sein lässt (objektive Theorie).

Die herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung kombiniert beide Theorie-Kriterien und definiert: Ein Anfang der Ausführung liegt vor, wenn ein objektiver Dritter, der den Täterplan kennt, eine unmittelbare Rechtsgutgefährdung annehmen würde.

Aus der umfangreichen Rechtsprechungskasuistik einige Beispiele:

Taschendieb schiebt seine Hand im Gedränge zwischen andere Personen – Anlegen des Gewehres auf Opfer, auch bei nicht gespanntem Hahn – Vergiften des Wachhundes – Eindringen in ein Gebäude, um zu stehlen – Beschmieren einer Scheibe, um sie lautlos einzudrücken – Vorlage von Schmuckstücken durch Trickdieb – Rütteln an Vorderrädern, um Verriegelung festzustellen – Ausgießen von Benzin, um es sofort anzustecken – Einreichen unwahrer Schriftsätze bei Gericht – Eingabe von Gift in Schnapsflasche in der Hoffnung, Einbrecher E werde davon trinken; E bleibt aus.

Fahrt zum Diebstahlsobjekt – Vorfahrt vor Gebäude, in das eingebrochen werden soll – Zureden zur Prostitution – Vermischen noch nicht zubereiteter Pilze mit einem Giftpilz – Lauern auf das noch entfernte Opfer am Tatort – gemeinsamer Kinobesuch mit einem Kind, der einen sexuellen Missbrauch vorbereiten soll – Aufgabe eines Heiratsinserats durch Heiratsschwindler – Vorgespräche über eine Falschaussage.

 

Im Beispielsfall ist die entscheidende Frage, ob bereits beim Klingeln an der Tür die Schwelle von der Vorbereitungshandlung zum Anfang der Ausführung überschritten wird. Würde der Täter in diesem Stadium verhaftet, so hinge seine Strafbarkeit wegen versuchten Mordes ausschließlich von der Beantwortung dieser Frage ab (Strafe kann lebenslang sein: vgl. §§ 211, 23 Abs. 2 StGB!). Ein objektiver Dritter, der den Täterplan kennt, würde in diesem Fall beim Klingeln noch keinen Anfang der Ausführung annehmen, da T nach seiner Vorstellung von der Tat mit dem Klingeln noch nicht zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzen wollte, sondern erst beim Kaffee. Anders wäre zu entscheiden, wenn T vorgehabt hätte, die Schwiegermutter in dem Moment ihres Erscheinens an der Haustür zu erschießen. In unserem Ausgangsfall liegt wohl der Anfang der Ausführung im Ziehen der Waffe.

 

  1. Rechtswidrigkeit und Restschuld beim Versuch:

Hinsichtlich ➞ Rechtswidrigkeit und ➞ Schuld – mit Ausnahme des bereits ausnahmsweise im Tatbestand geprüften Vorsatzes – ergeben sich beim Versuch keine Besonderheiten gegenüber dem vollendeten Delikt. Es gelten die allgemeinen verbrechenssystematischen Grundsätze. – Also: Tatbestand, Rechtswidrigkeit, Schuld. (➞ Strukturaufbau einer Straftat)

 

Beispiel zum Versuch: Student Otto sieht auf seinem Nachhauseweg, wie der Mann M auf die Frau F eindrischt. Um ihr zu Hilfe zu kommen, pirscht er sich hinter den Rücken des Mannes, nimmt einen schweren Ziegelstein, um diesen auf die Schulter des Mannes zu schlagen, damit dieser von der Frau ablässt. Beim Ausholen rutscht ihm der Stein aus der Hand, streift den Arm des Angreifers, woraufhin dieser ihn festnimmt.

 

Lösung: Otto könnte sich dadurch, dass er M mit dem Ziegelstein treffen wollte, wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung gem. §§ 223, 224 Abs. 1 Ziff. 2, Abs. 2, 22, 23 StGB strafbar gemacht haben.

  1. Vorüberlegungen zum Versuch
  • Das setzt voraus, dass die Tat nicht vollendet worden ist. Zu einer vollendeten Körperverletzung ist es letztendlich nicht gekommen, da das „Streifen“ am Arm des M noch kein unangemessenes Behandeln ist, welches das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht unerheblich beeinträchtigt. Eine Schmerzzufügung war damit nicht verbunden.
  • Der Versuch einer gefährlichen Körperverletzung ist gem. § 224 Abs. 2 StGB strafbar.
  1. Tatbestand des Versuchs
  • Otto müsste den vollen Tatentschluss, d.h. den Vorsatz gehabt haben, eine gefährliche Körperverletzung zu begehen. Dann müsste er wissentlich und wollentlich den M mittels eines gefährlichen Werkzeuges körperlich misshandelt haben wollen. Körperliche Misshandlung ist jedes unangemessene Behandeln eines anderen, welches das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht ganz unerheblich beeinträchtigt. Der Schlag mit einem Ziegelstein auf die Schulter stellt wegen der damit ausgelösten Schmerzbereitung ein solches Behandeln dar. Ein gefährliches Werkzeug ist ein Gegenstand, der objektiv geeignet und subjektiv bestimmt ist, nicht ganz unerhebliche Körperverletzungen hervorzurufen. Der Ziegelstein ist von seiner Beschaffenheit und der Art seines bestimmten Einsatzes her ein solcher Gegenstand. Folglich hatte Otto den Entschluss, eine gefährliche Körperverletzung zu begehen.
  • Weiterhin müsste das Ausholen mit dem Stein eine Handlung sein, die einen Anfang der Ausführung darstellt. Ein Anfang der Ausführung liegt vor, wenn ein objektiver Dritter, der den Täterplan kennt, eine unmittelbare Rechtsgutgefährdung annehmen würde. Nach der Vorstellung des Otto, also seinem Täterplan, liegt mit dem Ausholen eine unmittelbare Rechtsgutgefährdung vor, die auch von einem mit dem Täterplan vertrauten objektiven Dritten als eine solche angesehen würde.

Mithin hat Otto den Tatbestand der versuchten gefährlichen Körperverletzung gem. §§ 223, 224 Abs. 1 Ziff. 2, Abs. 2, 22, 23 StGB erfüllt.

  1. Rechtswidrigkeit des Versuchs

Die Tatbestandserfüllung indiziert die Rechtswidrigkeit, es sei denn, es greift ein Rechtfertigungsgrund ein. Als solcher kommt § 32 Abs. 1, Abs. 2 StGB, nämlich Notwehr in Form der Nothilfe, in Betracht.

Ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff auf die körperliche Integrität der F hat vorgelegen. Der Schlag mit dem Stein stellt auch ein angemessenes Mittel zur endgültigen Brechung dieses Angriffs dar. Otto brauchte sich in kein Handgemenge mit M einzulassen. Er kannte die Nothilfesituation und handelte somit mit Verteidigungswillen. Ein Rechtsmissbrauch liegt nicht vor.

Also ist die Tat des Otto gerechtfertigt.

Folglich ist Otto nicht wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung gem. §§ 223, 224 Abs. 1 Ziff. 2, Abs. 2, 22, 23 StGB strafbar.

 

Auch die im Versuchsstadium stecken gebliebene Tat ist eine rechtswidrige vorsätzliche Haupttat für den Anstifter.

 

Beispiel: Jupp veranlasst seinen Freund Otto, dessen Ehefrau mit Pilzen zu vergiften. Das sei die beste Lösung, um aus „allem raus“ zu sein. Otto folgt dem Rat, Ehefrau Emma überlebt aber mit schweren Vergiftungserscheinungen den Anschlag.

Bleibt die Haupttat im Versuchsstadium stecken, ist der Teilnehmer wegen ➞ Anstiftung oder ➞ Beihilfe zum Versuch strafbar.

Otto: Versuchter Mord: §§ 211, 22, 23 StGB

Jupp:  Anstiftung zu dem im Versuchsstadium stecken gebliebenen Mord:

 

Mit dieser Teilnahme am Versuch darf nicht die versuchte Teilnahme verwechselt werden.

 

Beispiel: Leiht Jupp dem Otto seine Pistole, weil dieser Emma töten will, der dann aber vor der Ausführung von der Tat Abstand nimmt, bleibt die versuchte Beihilfe des Jupp straflos. Es gibt grundsätzlich keine versuchte Teilnahme – Ausnahme  § 30 StGB: versuchte Anstiftung bei Verbrechen.

Verified by MonsterInsights