Das Jurastudium wird heute von der Mehrzahl der Abiturienten gewählt, weil die juristische Ausbildung den Zugang zu dem unter Jurist als Beruf umrissenen weiten Betätigungsfeld eröffnet. Die breit angelegte Juraausbildung bietet in der Tat vielfältige

Berufsmöglichkeiten. Wer „klassischer“ Jurist werden möchte, muss die „Befähigung zum Richteramt“ erwerben, auch dann, wenn er für sich ausschließt, jemals Richter werden zu wollen, sondern vielleicht viel lieber Anwalt werden will. Erworben wird die Befähigung zum Richteramt heute noch in einer komplizierten Studienarchitektur als zweistufige Juristenausbildung, die über Jahrhunderte tradiert ist und auffällig stabil und robust geblieben ist.

Während die angehenden Studenten fast aller anderen Fakultäten schon in der Schule durch bestimmte Fächer einen Einblick in ihr künftiges Studium erhalten, wird dem angehenden Juristen nichts geboten, was ihn sein späteres Juragebiet kennen lehren könnte. Es ist fast wie bei einem „Blinddate“!

 

Wie läuft mein Jurastudium ab? Leider komplizierter als man sich es wünschen würde. Doch fangen wir ganz langsam an. 

 

Ihr Ziel ist es, „Jura“ zu studieren. Studiert wird Jura an einer Universität. Wozu sind Universitäten eigentlich da? Moderne Gesellschaften brauchen generell Institutionen, die als Teil eines komplexen Ausbildungssystems amtliche Bescheinigungen, also Zertifikate, über die Qualifikation klassischer Professionen ausstellen, die den Berufszugang an akademische Fähigkeiten und Fertigkeiten anknüpfen. Die Universitäten gibt es seit dem 13. Jahrhundert, aber erst seit ungefähr 200 Jahren sind sie für die Berufskompetenz wichtiger Träger der gesellschaftlich notwendigen Funktionssysteme zuständig: Sie bilden traditionell zum Eigenbedarf für Lehre und Forschung Wissenschaftler aus, unterrichten Lehrpersonal für das Bildungssystem, Ärzte für das Gesundheitssystem, Theologen für die Kirchen und eben an den juristischen Fakultäten Jura-studenten.

An diesen juristischen Fakultäten wird zum einen neues theoretisches und empirisches juristisches Wissen erschlossen, dieses mit altem und benachbartem juristischem Wissen verglichen und sich kritisch mit der Rechtsprechung und Literatur auseinandergesetzt. Dabei muss Wissen, das auch von anderen erzeugt worden ist, bewertet werden, so dass nicht nur neues Wissen generiert wird, es vielmehr auch Verschleiß, ja Ausschuss und Kritik an juristischem Wissen gibt. Das alles nennt man in alter Tradition: juristische Forschung

 

Daneben bilden die juristischen Fakultäten auch für den Prozess ihrer eigenen Reproduktion und zum Erhalt ihrer Funktionssysteme, wie z.B. des Rechts-, Verwaltungs- und Gerichtssystems, Menschen aus, um den personalen Ausbildungsbedarf zu decken. Hier wird juristisches Wissen gesammelt, verglichen, ausgewertet und verworfen, um es in didaktisch verantwortlicher Weise an die kommenden Funktionsträger, sprich an Jurastudenten, weiterzugeben. Es gilt, den Studenten die zentralen juristischen Kompetenzen zu vermitteln! Das nennt man in alter Tradition: juristische Lehre.

Was sind das, die zentralen juristischen Kompetenzen? Etwas bescheidener gefragt: Was soll ein Jurastudent am Ende seines Jurastudiums wissen und können? – Was ist das real praktizierte Anforderungsprofil der Ersten juristischen Staatsprüfung und nicht die verpixelten Umrisse in den Juristenausbildungsordnungen? Vielen Jurastudenten fehlt es an diesen zentralen juristischen Kompetenzen, weil sie Ihnen niemand erklärt hat, sie sie nie so richtig gelernt haben und die Ziele ihres Studiums nicht kennen. “Ich studiere Jura“ heißt für sie, folgende Studienziele immer im Auge zu haben:

Und drittensganz wichtig:Ich richte mein Studium von Beginn an streng an den folgenden zehn Geboten aller erfahrener Prüfer zum juristischen Können der Examenskandidaten aus:

 

Also von wegen:Das Jurastudium ist ein Paukstudium!“ – „Ich studiere Jura ist immer spannende Rechtsanwendung. Rechtsanwendungsfragen entstehen immer dann, wenn einzelne Menschen oder Zusammenschlüsse von Menschen sich eigensüchtig nicht an die Gesetze halten, wenn jemand die Gültigkeit eines Gesetzes bestreitet oder Streit darüber entsteht, wie ein abstraktes Gesetz in  einem konkreten Fall zu interpretieren ist. Der Jurist nennt das „auslegen“.

 

Hört sich alles gar nicht so schwer an? – Ist es aber! Denn dazu muss man möglichst schon nach dem ersten Semester

 

Und man muss von Anfang an richtig planen! Um Studienerfolg zu haben, benötigen Sie Planungskompetenz! „Planen brauchen nur die Gestressten und die ständig an Zeitnot Leidenden.“ Umgekehrt wird ein Schuh draus: „Um nicht gestresst zu sein oder ständig in Zeitnot zu geraten, muss ich planen“. Studentische Freiheit heißt keineswegs Planlosigkeit. Ein gutes Examen hängt immer mit einer optimalen Studienplanung, mit Strategie und Zeitmanagement zusammen.  Außerdem haben Sie ohne Planung ständig Gewissensbisse. Sie müssen vom ersten Tag an planen! Allgemeingehaltene Hinweise helfen allerdings kaum weiter.

 

Gute Planung setzt konkret voraus, dass Sie genau wissen, was von Ihnen wann verlangt wird. Sich von Semester zu Semester zu hangeln, ist jedenfalls keine Erfolg versprechende Strategie. Sie müssen sich zeitliche Ziele setzen für die Abarbeitung der Studieninhalte, für die Zwischenprüfung, die Examensvorbereitung, den Freischuss, den Repetitor und das Examen.

 

Sie sollten also fragen:

  1. Wie ist mein Jurastudium aufgebaut?
  2. Welche Leistungsnachweise müssen von mir wann erbracht werden?
  3. Welchem Semester ordne ich welche Rechtsgebiete zu, um zum „Freischuss“ zu kommen?

 

Antworten auf diese Fragen finden Sie in bundesrechtlichen, landesrechtlichen und hochschuleigenen Normen. Generell regelt das Bundesrecht mit seinem sehr allgemein gehaltenen Deutschen Richter Gesetz (DRiG) die Juraausbildung. Spezieller sind die Landesgesetzgeber mit ihren Ausführungsgesetzen zum DRiG in Form von Juristenausbildungsgesetzen oder Juristenausbildungsordnungen. Ganz speziell regeln die Satzungen Ihrer Universität das Studium und die Prüfungen im Detail. Diese Satzungen nennt man: Studienordnungen, Zwischenprüfungsordnungen, Prüfungsordnungen.

 

Ein realitätsnahes Studienbild vom Jurastudium zeigt ein stark reglementiertes und durchstrukturiertes Studium. Wie gesagt, den Rahmen steckt das Deutsche Richtergesetz ab, welches für diese „Befähigung zum Richteramt“ ein (mindestens) vierjähriges Universitätsstudium sowie eine daran anschließende zweijährige Referendarzeit vorschreibt (§§ 5, 5a DRiG). Also: 

 

Beide Bildungsgänge werden jeweils durch Prüfungen abgeschlossen. Das Abschlussexamen der gesamten Universitätsausbildung („Erste Juristische Prüfung“) besteht zu 70 % aus einem staatlichen Prüfungsteil (Staatsprüfung) und zu 30 % aus einer Universitätsprüfung (universitäre Schwerpunktbereichsprüfung). Die Abschlussprüfung nach dem Referendariat bildet die rein staatliche „Zweite Juristische Staatsprüfung“. Die staatlichen Teile (Staatsprüfung) der Examina (Erstes Examen zu 70%; Zweites Examen zu 100 %) liegen in der Kompetenz der 16 Bundesländer. Hier werden sie von sog. „Landesjustizprüfungsämtern“, das sind Teile der jeweiligen Justizministerien, organisiert, die die Durchführung ihrerseits zum Teil auf die „Justizprüfungsämter“ der Oberlandesgerichte delegiert haben. Die Universitätsprüfungen – Schwerpunktbereichsprüfungen – werden von eigenen Prüfungsämtern der jeweiligen Universitäten betreut.

An den Fachhochschulen für Rechtspflege ist das anders. Hier werden Theorie und Praxis nicht hintereinander geschaltet, vielmehr in einem dreijährigen Studium miteinander verzahnt.

 

Das Universitätsstudium

 

Gegenstände Ihres Universitätsstudiums sind:

 

 

Daneben sollen Ihnen die Kenntnisse der rechtsberatenden Berufe, sprich Anwaltschaft, vermittelt werden, § 5a Abs. 1 S. 1 DRiG. Weiterhin sollen Sie mit den Schlüsselqualifikationen vertraut gemacht werden, welche allen juristischen Professionen gemeinsam sind und die sämtlich etwas mit Kommunikationskompetenz zu tun haben, § 5a Abs. 3 DRiG. Schließlich sollen die fachspezifischen Fremdsprachen gefördert werden, § 5a Abs. 2 S. 2 DRiG.

Werden wir genauer. Das Universitätsstudium gliedert sich „offiziell“ in das Grundstudium und das Hauptstudium. 

Beide sind jeweils auf vier Semester angelegt.

Ihre Veranstaltungsformen für das alles sind:

 

An den juristischen Fakultäten werden die Voraussetzungen der Zulassung zur Prüfung und die Art der Leistungsnachweise beschrieben. Fast jede Fakultät macht es anders, nur der „Pool“ ist identisch: Er besteht aus „Scheinen“ und „Nachweisen“. Scheine sind die Bestätigung der Teilnahme durch einen benoteten Leistungsnachweis in Form von Klausuren, Hausarbeiten oder Referaten. Nachweise sind lediglich Belege über die Teilnahme.

 

Zu Beginn des Studiums ist es für Sie äußerst schwer, einen entsprechenden Überblick darüber zu gewinnen, was man wann lernen muss an Prüfungsstoff. Ein Blick ins Gesetz, der ja manchmal klärend wirken soll, genügt leider auch nicht, da die Prüfungsfächer nur stichwortartig, manchmal zu detailverliebt benannt werden und folglich keine Rückschlüsse auf Stoffumfang und Schwerpunkte für Sie zulassen.

 

Versuchen wir es zunächst mit zwei Diagrammen.

Das Grundstudium  

 

Es führt in die bis ins Examen tragenden Pflichtfächer Zivilrecht, Verfassungs- und Verwaltungsrecht sowie Strafrecht ein, wobei auch die internationalen, wirtschaftlichen und politischen Bezüge des Rechts berücksichtigt werden sollten (sic!). Das Grundstudium umfasst normalerweise eine Dauer von 4 Semestern (Regelstudienzeit). In dieser Zeit sollten Sie die für den Nachweis der Zwischenprüfung erforderlichen Studienleistungen erbringen. Dazu müssen Sie:

und alles mit mindestens 4 (ausreichend untere Grenze) Punkten bewältigen. Dann haben Sie die Zwischenprüfung geschafft! Ihr Nachweis ist ausdrücklich Zulassungsvoraussetzung zu Ihrem Examen.

 

Die folgende Tabelle gibt Ihnen eine Übersicht über die Fächer und die Anzahl der zu erbringenden Scheine für die Zwischenprüfung nach dem Grundstudium:

Bitte beachten Sie die Anmeldungsformalitäten zu Klausuren: Sie müssen sich online anmelden. Ansonsten können Sie die Klausur nicht mitschreiben. Erscheinen Sie zu einer angemeldeten Klausur nicht, wird diese mit 0 Punkten bewertet! Daher überlegen Sie sich gut, zu welchen Klausuren Sie sich anmelden (eine An- bzw. Abmeldung ist bis 7 Tage vor dem Klausurtermin online möglich). Bei Problemen können Sie sich an das Prüfungsamt wenden. Die Klausuren sind nicht uneingeschränkt wiederholbar! Die Anzahl der Versuche berechnet sich wie folgt: „Anzahl der erforderlichen Klausuren in dem jeweiligen Bereich x 2 + 1“. 

Dazu ein kleines Rechenbeispiel: Im „Bürgerlichen Recht“ müssen Sie insgesamt 4 Klausuren bestehen. 4 x 2 + 1 = 9, d.h. Sie haben in diesem Bereich 9 Versuche, um die erforderliche Anzahl an Abschlusstests zu bestehen. Sollten Sie die erforderliche Anzahl an bestandenen Klausuren nicht erreicht haben, werden Sie exmatrikuliert, d.h. Sie können deutschlandweit keinen Abschluss mehr in Jura erwerben. 

 

Das Hauptstudium

Das Hauptstudium beginnt, nachdem Sie die Zwischenprüfung bestanden haben. Es gliedert sich erstens in den Pflichtfachteil und zweitens das Schwerpunktstudium.

Erstens: Der Pflichtfachteil

Die Wiederholbarkeit im Schwerpunktstudium: Die Schwerpunktseminararbeit muss mit mindestens 4 Punkten („ausreichend untere Grenze“) bewertet worden sein; bei Nichtbestehen gibt es eine Wiederholungsmöglichkeit. Für die Schwerpunktklausuren hat man 6 Versuche, zwei müssen mit mindestens „ausreichend“ bestanden sein, mindestens eine davon im Kernbereich.

 

Nach der Änderung des Deutschen Richtergesetzes aus dem Jahre 2002 hat dieser Ausbildungsabschnitt mit mindestens 16 SWS im Jurastudium 

 

Es ist sicher von Vorteil, wenn der Student sich frühzeitig über seine juristischen Neigungen im Klaren ist und sich gezielt für bestimmte Fachgebiete qualifiziert. Hierzu bildet das Schwerpunktstudium die erste, aber keinesfalls die letzte Gelegenheit. Es erfolgt ab dem fünften Semester und wird mit dem universitären Teil (Universitätsprüfung) der Ersten Juristischen Prüfung (1. Examen) abgeschlossen. Mit 30 % fließt es in die Gesamtnote ein und ist von Universität zu Universität unterschiedlich mit Klausuren, Hausarbeiten, Seminaren und/oder Referaten ausgeformt. Der inhaltliche Gestaltungsraum unterliegt der Autonomie der Fakultäten, die über unterschiedliche Profile verfügen. Diese Profile bilden sich meist aus den Forschungsinteressen der Professoren und geben Ihnen eine Vielzahl möglicher Fächerkombinationen an die Hand. Die dafür vorgesehenen Wahlfächer bieten Ihnen die Möglichkeit, einen fachlich-thematischen Schwerpunkt nach Ihren eigenen Interessen zu setzen, etwa im „Unternehmensrecht“, „Urheberrecht und Wettbewerbsrecht“, „Bankrecht“, „Arbeitsrecht“, in der „Rechtsgeschichte, im „Völker- und Europarecht“, „Steuerrecht“, „Medienrecht“, „Kriminologie“ oder „Jugendkriminalrecht“

 

Im Gegensatz zum Staatsprüfungsteil setzt die Zulassung zur Universitätsprüfung fast keine Leistungsnachweise voraus. Im Regelfall kann das Schwerpunktstudium nach Bestehen der Zwischenprüfung aufgenommen werden. Die Aufnahme erfolgt durch die Wahl des von Ihnen bestimmten Schwerpunktbereichs. Manche Unis haben als zusätzliche Voraussetzungen für die Universitätsprüfung festgelegt, dass man vorher erfolgreich an einem Seminar mit schriftlichem Referat teilnehmen muss.

 

Zusätzliche Voraussetzungen zum erfolgreichen Abschluss des Studiums 

 

Erforderlich für die Meldung zur staatlichen Pflichtfachprüfung ist noch der Nachweis einer praktischen Studienzeit in zwei sechswöchigen Praktika in der vorlesungsfreien Zeit, zum einen in der Rechtspflege und zum anderen bei einer Verwaltungsbehörde (2 Bescheinigungen).

 

Wie baut sich der Studienverlauf auf?

 

Die Verteilung dieses eben dargestellten gewaltigen Examensstoffes (siehe auch unten 7.2, 7.3) auf das gesamte Studium ist von den juristischen Fakultäten jeweils in Studienplänen festgelegt. Sie sind aber selbst von einem genialen Studenten kaum, von einem normal begabten gar nicht durchzuhalten. Mein dringender Rat: Halten Sie sich nicht an den „offiziellen“, sondern machen Sie sich schnell, wie alle Studenten, Ihren eigenen „inoffiziellen“ Studienplan. 

 

Den rechten Studienverlauf teilt man sich am besten in vier Etappen auf. Sie sind sämtlich hart, kurvenreich und steil. Und lassen Sie sich nichts Studienglorifizierendes von Altvorderen erzählen: Das süße Studentenleben von vor 30, 40 oder 50 Jahren hat mit der rauen, modernen Studentenwirklichkeit der Massenfakultäten „Jura“ nichts zu tun. Alle vier Etappen unterliegen der Wirksamkeitslogik der auf das komplette Jurastudium ausgedehnten Examensvorbereitungsphase. Denn das ist die Wirklichkeit: Vom ersten Tag an sollte Ihr Studium in Gänze Examensvorbereitung sein. Diese Erkenntnis wird von den Fakultäten sträflich vernachlässigt mangels einer Einheit von „Lehren und Prüfen“: Ihre Professoren prüfen nicht, was sie lehren! Wie sollen sie dann lehren, was geprüft wird? Ihre Professoren erstellen kaum Ihre Klausuren, korrigieren sie nicht und prüfen nur spärlich im Mündlichen, alles ausgelagert an die Prüfungsämter. Wie sollen Sie dann wissen, was Sie in den Klausuren wissen müssen? (Anm.: Vielleicht gibt es ja irgendwo einen heimlichen Lehrplan des juristischen Studiums, dem nachzuspüren es lohnt? Fachdidaktische Konzepte, systematische aufeinander-aufbauende Curricula und studierbare Inhalte? – Wo sind sie versteckt? – Ich habe sie jedenfalls noch nicht entdeckt.)

 

Sie umfasst das wichtige erste Semester, die entscheidenden ersten 90 Tage. Ein guter Jurist wird man vor allem im 1. Semester, hier wird unterkellert. 

 

Vergeuden Sie nicht das 1. Semester. Es ist kein Schnupperkurs. Es besteht die große Gefahr, die Grundlagen während des Einstiegssemesters zu versäumen und dadurch lange Zeit – wenn nicht für immer – keinen Überblick und kein ausreichendes Grundwissen zu besitzen. Die Universitäten verweisen „cool“ auf die Eigenverantwortung der Studenten in einem „bewusst“ nicht verschulten Universitätssystem und entlassen sich so aus ihrer Mitverantwortung.

Auf dieser 1. Etappe werden die Grundlagen für das gesamte Studium gelegt. Hier stehen der allgemeine Teil von BGB und StGB im Zentrum des Interesses sowie die Grundrechte des Verfassungsrechts. Daneben sollten die drei kleinen Scheine in diesen Fächern angegangen werden. Denken Sie in dieser Phase noch an keine Schwerpunktbildung, die Chance zur Profilierung kommt noch.  Das juristisch Kleingedruckte braucht man erst nach dem 1. Semester. Besuchen Sie auch keine „Bindestrichfächer“ – im Studienplan „Grundlagenfächer“ genannt -, wie Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie, Rechtssoziologie, Kriminologie. Sie verstehen einfach nichts ohne Grundkenntnisse in der Dogmatik. Auch Europarecht ohne Kenntnisse vom deutschen Recht ist ebenso vertane Zeit wie Wirtschaftsrecht ohne BGB. Auf der 1. Etappe sind Sie gefordert, sich die Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen, die Sie in die Lage versetzen, juristisch zu denken und zu arbeiten. Dieses Denken und Arbeiten besteht in der kreativen Übertragung erworbener Rechtskenntnisse und zu lernender Methoden auf einen feststehenden Sachverhalt. Sollten Sie damit gar nicht zurechtkommen, ist ein früher souveräner Abbruch auf dieser Etappe nach „geteichten“ Scheinen besser als sich bis zum Examen zu schleppen. 

 

Es werden nicht viele Planungsmodelle angeboten für einen Lehrstoffverteilungsplan für das erste Semester. Begrifflich klar scheint mir die Zweiteilung in Makro- und Mikroplanung zu sein. 

  Die Strategie für die Etappe des ersten Semesters zielt auf die Festlegung von fachlichen Lernzielen und deren Verknüpfung mit den dafür erforderlichen Methoden und Instrumenten für das 1. Semester. 

Fachliche Lernziele des 1. Semesters

Verknüpfungen mit Methoden

Mit den fachlichen Lernzielen muss man immer den Anspruch an sich stellen, einen begründeten Zusammenhang von den Lernzielen der juristischen Wissensinhalte BGB AT, StGB AT, GG mit den anzuwendenden handwerklichen Methoden des Gutachtenstils, der Subsumtion, der Auslegung, des Falltrainings und der Klausurentechnik herzustellen. 

Instrumente der Realisierung

Neben diesem Begründungszusammenhang sollten Sie sich auch die Instrumente für die Realisierung der Lernziele und der Verknüpfungsvorgaben zusammenstellen in Gestalt von Vorlesungen, Übungen, Lehrbüchern und Falltraining.

Zusammenhang von Lernzielen, Methoden und Instrumenten am Beispiel BGB und StGB
für das 1. Semester:

Ihre Strategie legt dann die aktuelle Wochen- und Tagesplanung fest. „Wie verteile ich die Makroplanung auf meine individuelle Lernzeit?“ – „Welche Vorlesungen werden konkret angeboten?“ 

 

Die besonderen Teile von StGB und BGB rücken im 2., 3. und 4. Semester in den Mittelpunkt des Studienverlaufs sowie das allgemeine und besondere Verwaltungsrecht. 

 

Jetzt tauchen auch die Umsetzungsrechte von BGB und StGB, nämlich Zivilprozessrecht und Strafprozessrecht auf. Es müssen zwölf (!) Klausuren bewältigt werden. Eine recht schwere Etappe, da man neben der neuen Stoffbewältigung die Zusammenhänge mit dem alten Stoff aus der 1. Etappe wahren und dessen ununterbrochener Fortdauer zeigen muss, um nicht immer wieder bei null anzufangen. Die allgemeinen Teile und die Methodiken der Gesetzesanwendung, des Gutachtens und der Falltechnik müssen also ständig beibehalten und für die Klausuren gepflegt werden. Die 2. Etappe schließt ab mit der Zwischenprüfung.

 

Das Hauptstudium nimmt im 5. und 6. Semester seine Fahrt auf

Hier machen Sie die großen BGB-, StGB- und ÖR-Scheine. Aber Vorsicht! Die Scheine verführen zu Schwerpunktdenken und –arbeiten. Danach die große Pause, und dann ist plötzlich alles weg. Auch schreiben Sie auf dieser Etappe Ihre Große Hausarbeit, müssen einen Schein in „Grundlagen des Rechts II“ machen und bestreiten Ihr selbst gewähltes Schwerpunktstudium.  Dieser Schwerpunktbereich frisst sehr viel Ihres ohnehin knappen Zeitbudgets. Auf dieser Etappe steht oft auch ein Seminar an mit einem Seminarschein im Schwerpunktbereich. Hier schreiben nicht mehr alle ein- und dieselbe wissenschaftliche Arbeit, sondern nur Sie selbst! Und Sie referieren auch selbst darüber! 

 

Das 7. und 8. Semester stehen ganz im Zeichen des Examens. 

 

Das Ziel dieser Königs-Etappe erreichen Sie nur mit eiserner Disziplin, Schwung aus den ersten drei Etappen und exzellenter Strategie, sonst verhungern Sie auf der Etappe. Nichts mehr nebenbei machen, alles abschalten, nur noch den Stoff „kneten“. Ein Großteil dieser Etappe gehört bei über 90 % der Studenten dem Repetitor. Für die meisten ist er der erste und beste, nicht der erstbeste, Instrukteur und Motivator. Es ist die Zeit der „1000-Aha-und-Ach-so-Erlebnisse“ durch echte jura-didaktische Profis. Irgendwann auf dieser Strecke kommt der Punkt, wo Sie das Gefühl haben, die Materie durchdrungen zu haben. Es ist Zeit, ins Examen zu gehen! Aber Vorsicht beim Freischuss: Länger und gut ist für manchen besser als kurz und mittelmäßig.

 

Ein Auslandsstudium ist dringend zu empfehlen! Wo, ist fast egal, Hauptsache machen! Ein nicht zu überschätzender Kompetenzzuwachs an Selbständigkeit, Sprache, Kommunikation. Man muss sich in einer fremden Kultur und Lebenswelt bewegen. Und: Die Auslandssemester werden nicht auf die für den Freischuss begrenzte Zeit von acht Semestern angerechnet. 

 

Dagegen ist von einem inländischen Studienortwechsel eher abzuraten!  Gehen Sie vorher in sich! Trotz denkbar neuer Eindrücke, Impulse und Abwechslung ist er letztlich wegen zu vieler Reibungsverluste gut zu überdenken. Ganz anders verhält es sich eben bei einem Auslandsstudium.

 

Und endlich das Examen

Das Studium der Rechtswissenschaft wird mit der „Ersten Juristischen Prüfung“ abgeschlossen. Sie besteht aus einer universitären, studienbegleitenden Schwerpunktbereichsprüfung durch die Fakultätsprüfungsämter (30 %) und einer staatlichen Pflichtfachprüfung (70 %), die vor den Justizprüfungsämtern der Oberlandesgerichte abgelegt wird. Die heiße Phase des 1. Examens ist diese staatliche Pflichtfachprüfung. Sie besteht aus einer je nach Bundesland unterschiedlichen Anzahl von Klausuren im BGB, StGB und Verwaltungsrecht, als dessen Kulminationspunkt die mündliche Prüfung der staatlichen Pflichtfachprüfung empfunden wird. Sie ist der zweite Teil der Staatsprüfung. Sie macht, an nur einem Tag von 9 Uhr bis 16 Uhr durchgeführt, 40 % der Gesamtnote aus. Ein eingeführtes Novum in der mündlichen Prüfung ist in vielen Bundesländern der sog. „Kurzvortrag“. Hierin sollten Sie sich früh üben durch die Lektüre über und das Halten von Referaten. Der Vortrag eröffnet das mündliche Examen. Hier müssen Sie einen kurzen Fall, dessen Lösung Sie in einem abgeschlossenen Raum ganz alleine erarbeitet haben, rhetorisch ansprechend, frei und natürlich rechtlich zutreffend in nur zwölf Minuten darstellen. Es ist Ihre Visitenkarte für den Rest des Prüfungstages.

 

Was folgt, ist die schwierige Frage nach dem „Freischuss“. 

 

Alle Bundesländer haben in ihren Prüfungsordnungen die Freischussregelung eingeführt, um die Studiendauer zu verkürzen und die Angst vor dem Examen zu mildern. Der Freischuss ermöglicht es dem Studenten, nach dem 8. Semester einmal versuchsweise am Examen teilzunehmen. Nehmen wir an, der Student wählt den „Freischuss“.

 

Jetzt bestehen zwei Möglichkeiten:

 

Schockiert? – Ja, ja, ein Studium der Rechtswissenschaft lässt nicht so viel Freiräume, wie auf den Schulbänken erträumt.

 

Noch in weiter Ferne: das Referendariat

 

Und es geht nach dem Studium ja noch weiter. Was folgt ist das Referendariat, der Vorbereitungsdienst. In den Vorbereitungsdienst wird man aufgenommen, wenn man diese „Erste Juristische Prüfung“ bestanden hat. Sie ist nämlich Abschlussprüfung für das Jurastudium und gleichzeitig Eingangsprüfung in das Referendariat. Die frühere 1. Staatsprüfung gibt es seit der Änderung des „Juristenausbildungsgesetzes“ im Jahre 2003 nicht mehr. Das Gesetz spricht nur noch von der „Ersten Prüfung“, weil ein nicht unbedeutender Teil der Prüfungsleistungen eben als Schwerpunktbereichsprüfung an der Universität zu erbringen ist. Beendet man die juristische Ausbildung ohne den Vorbereitungsdienst als Referendar, ist man „Diplom-Jurist“. 

Im Referendariat gewinnt man eine andere Perspektive auf die Juristerei. In der Uni hat man es immer nur mit unstreitigen Fällen zu tun. Es ist ein gutes Gefühl, als Referendar endlich echte Akten in den Händen zu haben und seine juristischen Kräfte an der Lebenswirklichkeit zu messen. Jetzt gilt es, zunächst den meist streitigen straf- oder zivilrechtlichen Sachverhalt, oft durch eine Beweisaufnahme, festzustellen, auf den dann das theoretisch erworbene Wissen über das Recht methodisch und praktisch sicher anzuwenden ist. Diese Arbeit am Sachverhalt, die Bedeutung der Feststellung des Sachverhalts für eine entweder wertneutrale (Richter und Rechtspfleger) oder zielorientierte (Rechtsanwalt, Wirtschafts- und Verwaltungsjurist) Rechtsanwendung soll Ihnen in dem Praxisteil der Referendarausbildung vermittelt werden. 

 

Der Vorbereitungsdienst endet nach zwei Jahren Praxis mit der „Großen Juristischen Staatsprüfung“, dem sog. Assessorexamen. Wer dieses Assessorexamen bestanden hat, dem bescheinigt der Staat per Gesetz die Befähigung zum Richteramt. Man darf sich jetzt „Assessor“ nennen. Die so erworbene Befähigung zum Richteramt ist zugleich Zugangsvoraussetzung zum höheren Verwaltungsdienst, zur Rechtsanwaltschaft, zur Staatsanwaltschaft und zum Notariat und ist das Markenzeichen des „Volljuristen“ schlechthin. Deshalb wird von der „Ausbildung zum Einheitsjuristen“ gesprochen. Zielvorstellung war es, bei allen so examinierten Juristen ein Leitbild herzustellen: 

Alle Juristen sind aufgrund einer einheitlichen Ausbildung im Umgang mit Gesetzen mit einem einheitlichen Rechtsbewusstsein und mit einheitlichem Methodenwissen aufgrund des Gebrauchs der gleichen, einheitlichen Fachsprache in allen volljuristischen Professionen auf jeder Stelle und auf jedem Rechtsgebiet einsetzbar. 

Ob diese homogene Juristenkultur angesichts der Entwicklung der hochspezialisierten Gesellschaft noch ihre Existenzberechtigung hat, kann mit Fug und Recht bezweifelt werden. Die meisten der Studiengänge an den deutschen Universitäten und Fachhochschulen sind bereits auf „Bachelor“ und „Master“ umgestellt. Die Juristen „zieren“ sich noch! Sie werden sich von dieser Entwicklung auf Dauer jedoch kaum abkoppeln können und vom „Einheitsjuristen“ auf den „Spartenjuristen“ einschwenken müssen: Nach dem einheitlichen Bachelorabschluss würden dann spezifische, jeweils getrennte beruflich vorbereitende Kastenabschlüsse für Richter, Rechtsanwälte, Verwaltungsjuristen, Verbandsjuristen, etc. folgen.